Julia Extra Band 0299
und schien fast schon wieder der Alte zu sein, wenn auch noch etwas erschöpft.
„Ich muss Sie etwas fragen, Abby“, sagte er ohne Umschweife und sah sie mit seinen magischen blauen Augen an. „Sie haben gesagt, Sie haben hundertprozentiges Vertrauen zu Gregor. Wieso? Und warum sollte ich ihm trauen?“
„Weil er der älteste Freund ist, den ich habe“, sagte sie wahrheitsgemäß.„Sein Vater hat viele Jahre lang für Ihre Familie gearbeitet. Soweit mir bekannt ist, hat er sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Warum sollten Sie Gregor misstrauen?“
„Warum sollte ich ihm trauen?“ Er wiederholte die Frage. „Ich kann es mir nicht leisten, irgendjemandem zu trauen, Abby.“
„Und was ist mit mir?“
„Mit dir, Abby?“ Sein Blick drückte Zärtlichkeit aus. „Du bist anders.“
„Ach ja?“
„Keine Frage. Du hast mir das Leben gerettet.“
„Nein.“
„Doch. Gregor hat gesagt, dass ich irreparable Schäden davongetragen hätte, wenn du ihn nicht rechtzeitig geholt hättest.“
„So weit ist es ja zum Glück nicht gekommen. Und das ist wohl allein Gregor zu verdanken.“ Sie lächelte.
Mychales Blick wurde wieder hart. „Gregor ist das Problem.“ Er überlegte, ob er sie wirklich ins Vertrauen ziehen sollte. „Ich kann niemandem trauen, der so stark auf unsere Familie fixiert ist. Er hat diese Arbeit über unsere Krankheiten geschrieben. Wer weiß, was er noch alles über uns herausgefunden hat. Das ist doch merkwürdig. Was bezweckt er damit?“
Abby lief es kalt den Rücken hinunter. Sie konnte Mychale verstehen. Schließlich hatte sie auch schon darüber nachgedacht, wie viel sie Gregor anvertrauen konnte. „Er hilft dir, Mychale. Und er verrät niemandem, dass wir hier sind. Das spricht doch für ihn, oder?“ Automatisch war auch sie zum Du übergegangen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
„Warten wir’s ab.“ Es war ihm anzusehen, dass er nicht überzeugt war. „Aber wir müssen auf alles vorbereitet sein.“
Wie meinte er das? Es klang, als wären sie ein Team, das gemeinsam einer potenziellen Gefahr ausgesetzt war. Das entsprach wohl kaum der Realität.
„In meiner Position muss ich immer darauf gefasst sein, von einer mir nahestehenden Person verraten zu werden“, erklärte er leise und suchte ihren Blick. „Würdest du mich belügen, Abby?“
Sie schluckte. „Woher willst du wissen, dass ich dich nicht schon längst belogen habe?“
Verflixt, das hätte sie nicht sagen sollen. Eilig fügte sie hinzu: „Eins musst du mir glauben: Ich würde nie etwas tun, was dir schaden könnte.“
Mychale sah ihr tief in die Augen. „Und das soll mich beruhigen?“, fragte er dann und lächelte ironisch. „Ich verrate dich, aber es geschieht nur zu deinem Besten?“ Angewidert schüttelte er den Kopf. „Das kommt mir irgendwie bekannt vor.“
„So habe ich das nicht gemeint!“
„Aber ich habe es so verstanden, Abby.“
„Dann sollte Gregor dir mal die Ohren ausspülen. So, ich hole jetzt Brianna. Bin gleich zurück.“
„Moment!“ Er schien drauf und dran, aus dem Bett zu springen und sie aufzuhalten. „Wieso willst du das Baby holen?“
Sie blickte ihn herausfordernd an. Er musste doch einsehen, dass Brianna zu ihr gehörte! „Weil sie auch hier schlafen wird. Ich kann sie wohl kaum in einem abgelegenen Trakt des Hauses allein lassen.“
Mychale musterte sie konsterniert. „Du willst mich auf den Arm nehmen, oder?“
„Nein, das ist mein voller Ernst. Entweder wir beide übernachten bei dir, oder gar keiner.“
Sie musste ihn überzeugen, schließlich konnte sie weder ihn allein lassen, noch das Baby. Notfalls würde sie mit Brianna auf dem Flur übernachten und regelmäßig nach dem Prinzen sehen.
„Das ist völlig verrückt! Babys schreien, sind nicht stubenrein und machen einem das Leben schwer. Das wirst du ja wohl nicht abstreiten.“
„Babys gehören zum Leben. Damit solltest du dich abfinden.“
Er kniff die Augen zusammen. Abbys Argument kam ihm recht albern vor. „Man kann nicht mit einem Baby im selben Raum schlafen. Das ist völlig unzivilisiert.“
Entschlossen schob Abby sich das lange Haar zurück. „Okay, dann bin ich eben nicht zivilisiert.“
Unnachgiebig funkelte er sie an. „Ich will hier kein Baby haben.“
Abby dachte gar nicht daran, nachzugeben. „Dann musst du wohl auf mich verzichten.“ Sie begann zu zittern. Irgendwie wurde ihr das alles zu viel. „Überleg es dir.“
Sie sahen einander in die Augen. Keiner
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