Julia Extra Band 0299
wurde sie die ganze Zeit von Ängsten geplagt, dass sie sich verraten könnte. Noch nie hatte sie sich zu einem Mann so sehr hingezogen gefühlt wie zu Mychale. Wahrscheinlich lag das auch daran, dass ihr bisher nur wenige Männer begegnet waren, die so attraktiv und sexy waren wie er. Doch andere Männer interessierten sie sowieso nicht mehr.
Im Erdgeschoss gab es ein großes Schlafzimmer mit einem riesigen Bett und Ausblick auf einen vernachlässigten Garten und die schneebedeckten Berggipfel am Horizont. Das Zimmer war mit erlesenen antiken Möbeln ausgestattet. In dieser Umgebung erholte Mychale sich bestimmt schneller.
Jetzt legte er ihr einen Arm um die Schultern. Sein muskulöser Körper drängte sich an ihren – es war noch erregender als vorhin. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie sicher war, die Männer müssten es hören. Es nahm ihr schlicht den Atem, Mychale so nahe zu sein. Fast verging sie vor Sehnsucht nach ihm.
Glücklicherweise redete Gregor die ganze Zeit auf sie ein. Er zählte alle Symptome auf, auf die der Prinz auf dem Weg der Besserung achten sollte. Natürlich wusste Abby, dass sie selbst ebenfalls zuhören sollte, damit sie Bescheid wusste und entsprechend handeln konnte, falls es Mychale wieder schlechter ging. Doch sie war außerstande, auch nur ein Wort aufzunehmen. In der Nähe des Prinzen konnte sie einfach keinen klaren Gedanken fassen. Sie mied seinen Blick, spürte aber seinen warmen Atemhauch am Hals.
Und dann barg Mychale das Gesicht in ihrem Haar und atmete genüsslich den Duft ein.
In diesem Moment schien die Zeit stillzustehen. Abby stockte der Atem, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Entsetzt wurde ihr bewusst, was Gregor gemeint hatte, als er sie vor der Gefahr gewarnt hatte, sich mit dem Prinzen einzulassen. So fing es also an.
Schließlich hatten sie das Schlafzimmer erreicht. Abby war erleichtert, als der Prinz sie endlich losließ und sich in das mit blütenweißer Wäsche bezogene Bett legte. Sie sorgte dafür, dass er gut zugedeckt war, und betrachtete ihn lange. Langsam beruhigte sie sich wieder.
Gregor redete noch immer, während er kurz ins Wohnzimmer zurückging, um seine Arzttasche zu holen. Abby hatte das Gefühl, dass auch Mychale gar nicht zuhörte. Stattdessen beobachtete er sie. Wie gebannt blickte sie in seine blauen Augen.
„Ich hätte es auch allein geschafft“, sagte er leise.
Vergeblich versuchte sie, den Blick abzuwenden. „Und warum haben Sie es dann nicht versucht?“, wisperte sie.
Er lächelte nur vielsagend. Nun wusste sie endgültig Bescheid. Sie errötete und wandte sich widerstrebend ab, als Gregor ins Zimmer zurückkehrte. Hoffentlich bemerkt er nichts, betete sie im Stillen.
Natürlich machte ihr Mychales starke Anziehungskraft Angst, gleichzeitig war es aber auch ungeheuer aufregend. Es knisterte zwischen ihnen. Sobald er in ihrer Nähe war, wurde ihr heiß, und sie fühlte sich, als hätte sie Champagner getrunken – leicht und beschwingt, wie im siebten Himmel. Und sie wollte mehr davon. Das war das Gefährliche an der Sache. Ein Flirt mit dem Prinzen konnte verheerende Folgen haben, wenn sie nicht aufpasste.
Wie Julienne wohl in dieser Situation reagiert hätte? Sie sah ihre Schwester vor sich. Ihr hätte das alles sehr viel Spaß gemacht.
Siehst du, Julienne, dachte sie triumphierend. Jetzt habe ich auch einen Mann gefunden, der sich für mich interessiert. Leise lächelte Abby vor sich hin.
Wie sehr sie ihre Schwester vermisste! Hätte sie nur eher gewusst, was mit ihr los war, dann hätte sie vielleicht das Schlimmste verhindern können.
Leider hatte sie viel zu spät gemerkt, worauf Julienne sich eingelassen hatte. Zunächst hatte sie nur gelacht, als ihre Schwester darauf bestanden hatte, sich selbst einen Mann zu suchen. Abby hatte ihr sogar noch vorgeschlagen, gemeinsam fortzulaufen, sich an der Küste ein kleines Haus zu mieten und sich dort nach dem Richtigen umzusehen.
Julienne hatte allerdings so ihre Zweifel an dem Plan. „Wir haben kaum Geld, Abby. Wie sollen wir uns ein Haus in einer vornehmen Gegend leisten? Wenn wir in eine Strandhütte ziehen, lernen wir nur Männer kennen, die auch nichts haben – Fischer oder so merkwürdige Gestalten. Nein danke! Ich will Spaß haben. Ich will leben. Und zwar jetzt, und nicht wenn ich alt und grau bin.“
Julienne war schon immer sehr ungeduldig gewesen. Also hatte sie ihr Leben selbst in die Hand genommen. Und es dabei verloren.
Abby erschauerte. Warum war
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