Julia Extra Band 0299
Wochen nach Carltons Auftauchen eine Unterredung mit ihm hatte, war es schon zu spät gewesen. Kenzie hatte ihre Wahl getroffen, und die war nicht auf ihn gefallen.
Ein vernehmlicher Seufzer vom anderen Ende des Raums riss ihn unvermittelt aus seinen Grübeleien. Kenzie stand vom Bett auf und deutete auf eine tapetenbezogene Tür. „Das Badezimmer ist dort“, teilte sie ihm mit. „Lass dir ruhig Zeit, und falls du heute gar nicht mehr herunterkommen willst, wäre das auch in Ordnung. Alle würden es verstehen, wenn du dich nach der Fahrt lieber ausruhen möchtest.“
„Ich bin siebenunddreißig und nicht achtundachtzig“, informierte Dominick sie gereizt. „Vielleicht erinnerst du dich noch, dass ich es trotz unserer nächtlichen Sexmarathons immer geschafft habe, um sechs Uhr morgens aufzustehen.“
Kenzie, die das Zimmer schon fast verlassen hatte, blieb noch einmal stehen. „Siehst du, genau das ist der Unterschied zwischen uns, Dominick“, sagte sie traurig. „Ich würde sagen, dass wir und geliebt haben, während du es als Sex marathon bezeichnest.“
Dominick lächelte, doch er wirkte keineswegs amüsiert. „Du hast immer schon gern alles durch eine rosarote Brille betrachtet.“
„Während du immer Scheuklappen getragen hast“, konterte Kenzie. „Und dadurch ist deine Sicht auf das Leben leider sehr eng geworden.“
Als sie leise die Tür hinter sich schloss, verzog Dominick verächtlich die Lippen.
Liebe, Romantik … Das war vielleicht etwas für Menschen wie Kenzie, denen man nicht schon in der Kindheit jeden Geschmack daran ausgetrieben hatte. In seinen Augen war die berühmte Liebe, die ein ganzes Leben hielt, nichts weiter als ein Ammenmärchen.
Und was ist mit Nancy und Donald?, fragte eine kleine Stimme in seinem Kopf.
Ausnahmen bestätigen die Regel, hielt Dominick entschlossen dagegen. Schließlich endete heute fast jede zweite Ehe vor dem Scheidungsrichter. Das war eine nüchterne Tatsache, die durch ein einziges Gegenbeispiel kaum widerlegt werden konnte.
Nein, die Liebe machte nur Narren aus den Menschen, das hatte Dominick schon in jungen Jahren gelernt. Und er hatte nicht vor, sich jemals in diese Riege einzureihen.
5. KAPITEL
„Worüber hast du dich denn so lange mit Dad unterhalten?“, fragte Kenzie betont beiläufig, als sie in ihrem pfirsichfarbenen Seidenpyjama aus dem Bad kam.
Die beiden Männer waren vor dem Abendessen zusammen weggegangen und erst nach über einer Stunde zurückgekehrt. Während Kenzie sich nervös gefragt hatte, was die beiden wohl so lange miteinander zu bereden hatten, dachten ihre Schwestern ironischerweise, dass sie vor lauter Sehnsucht nach Dominick so unruhig war. Mit einem etwas verkrampften Lächeln hatte Kenzie ihre Witzeleien über sich ergehen lassen, bis das Erscheinen ihrer Schwager Colin und Neil sie aus ihrer Bedrängnis befreite.
Als kurz darauf auch Donald und Dominick wieder auftauchten, hatten sie sich gemeinsam zum Abendessen an den langen Holztisch gesetzt. Kathys Verlobter Derek war nicht dabei, da er traditionsgemäß die Braut bis zur Hochzeit nicht mehr sehen durfte. Alle waren wegen des bevorstehenden Ereignisses in Hochstimmung, und es wurde so viel gelacht, geredet und herumgealbert, dass Kenzie kaum Gelegenheit hatte, über die vor ihr liegende Nacht nachzudenken.
Doch jetzt überfiel sie plötzlich heftige Nervosität.
Dominick war noch voll angekleidet. Die Arme hinterm Kopf verschränkt, lag er auf einem der beiden Betten und musterte sie träge von Kopf bis Fuß.
„Seit wann trägst du denn diese Liebestöter?“, erkundigte er sich spöttisch.
In Kenzies grünen Augen blitzte es verärgert auf. „Seitdem ich weiß, dass ich mit meinem Exmann eine Nacht im selben Raum verbringen muss.“
Während ihrer Ehe hatte sie immer nackt geschlafen. Das heißt, am Anfang hatte sie noch verführerische Nachthemden getragen. Nachdem Dominick sie ihr jedoch jedes Mal nach spätestens fünf Minuten wieder ausgezogen hatte, hatte sie es schließlich aufgegeben.
„ Fast – Exmann“, betonte er nun nachdrücklich, ohne sie aus den Augen zu lassen. Als er sah, dass Kenzies Brüste sich deutlich unter der dünnen Seide abzeichneten, korrigierte er insgeheim sein abfälliges Urteil über ihren Pyjama.
Kenzie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr seine intensive Musterung sie verunsicherte. „Du hast mir noch nicht gesagt, worüber du mit Dad gesprochen hast“, erinnerte sie ihn.
Dominick richtete sich
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