Julia Extra Band 0299
Sinn nach einem Kneipenbesuch steht.“
Nancy hatte vollkommen recht. Dominick verspürte weder das Bedürfnis, in einen Pub zu gehen, noch mit Kenzies Vater allein zu sein. Allerdings hatte er auch wenig Lust, mit anzusehen, wie Kenzie im Kreis ihrer liebenden Familie förmlich aufblühte.
Er war einzig und allein hier, um ihr eine Gefälligkeit zu erweisen, wofür er zu gegebener Zeit eine angemessene Bezahlung verlangen würde. Sich auf die Intimität ihrer Familie einzulassen, war nicht Teil des Handels.
Offenbar hatte Kenzie erraten, was in Dominick vorging. „Wir bringen jetzt erst einmal unsere Sachen nach oben und machen uns ein wenig frisch“, schaltete sie sich energisch ein. An ihren Vater gewandt, fügte sie scherzhaft hinzu: „Den Hund könnt ihr ja später immer noch ausführen.“
„Solange ich für eine Weile eurem Geschnatter über Hochzeiten entgehen kann, kommt es mir auf eine halbe Stunde mehr oder weniger nicht an“, brummte Donald, doch das übermütige Funkeln in seinen Augen strafte seinen beleidigten Tonfall Lügen.
Als Kenzie kurz darauf mit Dominick die Treppe hinaufstieg, spürte sie deutlich seine innere Anspannung. Sobald sie im Gästezimmer waren, warf sie ihm einen besorgten Blick zu. „Meinst du, du stehst es durch?“, erkundigte sie sich zaghaft.
„Keine Sorge, ich werde es überleben.“
Während Dominick begann, ruhelos im Zimmer auf und ab zu tigern, setzte Kenzie sich auf eins der beiden Einzelbetten. Keiner von ihnen wusste so recht, was er sagen sollte, und mit jedem Augenblick, der verstrich, schien sich die Luft zwischen ihnen immer mehr mit Spannung aufzuladen.
„Wie sieht die Prognose für deinen Vater aus?“, brach Dominick schließlich das Schweigen.
Kenzie zuckte die Schultern. „Die Ärzte meinen, es sei eine deutliche Warnung gewesen, kürzerzutreten. Er soll in den nächsten Monaten jede Anstrengung vermeiden, aber dann kann er wieder anfangen zu arbeiten. Mum will davon allerdings nichts wissen. Sie möchte, dass er sein Immobilienbüro verkauft und sich vorzeitig zur Ruhe setzt.“ Ihr war klar, dass Dominick es gar nicht so genau wissen wollte, aber sie war dankbar, über irgendetwas reden zu können.
„Und was sagt Donald dazu?“
„Dass er erst achtundfünfzig sei und noch nicht genug verdient habe, um sich jetzt schon aufs Altenteil zu setzen.“ Mit einem resignierten Seufzer fügte Kenzie hinzu: „Natürlich könnte ich ihnen finanziell unter die Arme greifen, aber sie weigern sich strikt, auch nur einen Cent von mir anzunehmen.“
Dominick konnte sich lebhaft vorstellen, wie Nancy und Donald auf den Vorschlag reagiert hatten, sich von ihrer ältesten Tochter aushalten zu lassen. Wenn man allerdings Donalds Gesundheitszustand bedachte, wäre es vielleicht doch vernünftig … Hör auf damit!, rief er sich verärgert zur Ordnung. Es ist nicht deine Familie, also lass dich auch nicht in ihre Angelegenheiten verstricken!
Er erinnerte sich noch genau an das unglaubliche Gefühl von Befreiung, als er mit achtzehn endlich dem Einfluss seiner Eltern entfliehen konnte. Trotz seiner hervorragenden Abiturnoten war er nicht an die Uni gegangen, sondern hatte angefangen, in einem Hotel zu jobben. In weniger als drei Jahren hatte er sich vom einfachen Portier zur rechten Hand des Managers hochgearbeitet. Mit dreiundzwanzig hatte er dann alles auf eine Karte gesetzt und sich hoch verschuldet, um ein heruntergekommenes Hotel zu kaufen, das kurz vor dem Konkurs stand.
Heute besaß er – neben vielem anderen – Hotels und Luxusapartments auf der ganzen Welt. Und das alles hatte er nur erreicht, weil er sich nie gestattet hatte, sich von seinen Emotionen hinreißen zu lassen.
Bis er Kenzie kennengelernt hatte, seine einzige Schwachstelle.
Manchmal fragte sich Dominick, wie ihre Beziehung sich wohl entwickelt hätte, wenn sie nicht plötzlich so versessen darauf gewesen wäre, ein Kind zu bekommen. Natürlich hatte es auch vorher schon Spannungen zwischen ihnen gegeben, weil Kenzie sich nicht genug von ihm geliebt fühlte, aber dieses Problem hätte er sicher in den Griff bekommen.
Nachdem er ihr jedoch das Kind verweigert hatte, war kein vernünftiges Gespräch mehr mit ihr möglich gewesen. Von da an wurden die Auseinandersetzungen zwischen ihnen immer heftiger, bis schließlich Jerome Carlton die Szene betrat. Hätte Dominick früher erfahren, was vorging, wäre es ihm vielleicht noch gelungen, das Ruder herumzureißen. Aber als er einige
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