Julia Extra Band 0299
mit Nachdruck fest. „Und für das Zerwürfnis zwischen den Carltons bin nicht ich verantwortlich, sondern Carolines Geldgier.“
Kenzie lachte bitter auf. „Zweifellos hast du ihr ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnte.“
Das konnte Dominick nicht leugnen. Und es war mehr als offensichtlich, was Kenzie von diesem Manöver hielt. „Carlton hätte jederzeit versuchen können, mir die Anteile wieder abzukaufen“, hielt er dagegen, doch selbst in seinen Ohren klang es nicht sehr überzeugend.
Sekundenlang betrachtete Kenzie ihn forschend, dann schüttelte sie ungläubig den Kopf. „Um dir die Genugtuung zu verschaffen, ihn auflaufen zu lassen? Warum hätte er so dumm sein sollen?“
„Weil ich möglicherweise darauf eingegangen wäre“, erwiderte Dominick ruhig. „Schließlich hatte ich ja erreicht, was ich mir vorgenommen hatte.“
„In der Tat“, pflichtete Kenzie ihm bitter bei. „Jerome ist beruflich am Ende, und mich hast du auf übelste Weise erniedrigt.“ Sie wusste nicht, wie lange sie dieses Gespräch noch durchhalten würde. Ihre Beine fühlten sich plötzlich wie Gummi an, und vor ihren Augen begann es zu flimmern.
Wahrscheinlich lag es daran, dass sie außer einem Joghurt den ganzen Tag über noch nichts gegessen hatte. Am Morgen war ihr so schlecht gewesen, dass sie schon befürchtet hatte, krank zu werden. Später hatte sich die Übelkeit wieder verflüchtigt, aber wegen der bevorstehenden Begegnung mit Dominick war sie so nervös gewesen, dass ihr Magen schon bei dem Gedanken an Essen rebelliert hatte.
Jetzt wünschte sie, sie hätte sich dazu gezwungen, etwas zu sich zu nehmen. Sie spürte, wie ihr der kalte Schweiß ausbrach, und sie hatte nicht das geringste Bedürfnis, vor Dominicks Augen in Ohnmacht zu fallen.
„Bist du okay, Kenzie?“, fragte er besorgt, als er sah, wie sie plötzlich kreidebleich wurde.
„Nein, bin ich nicht!“, entgegnete sie verärgert. „Diese Unterhaltung ist noch unerträglicher, als ich befürchtet hatte.“
„Vielleicht solltest du eine Kleinigkeit essen“, schlug er vor, ohne ihren Kommentar zu beachten.
„Vielleicht solltest du mich einfach nur allein lassen!“
Aber das konnte Dominick nicht. Nicht, nachdem er Kenzie wiedergesehen und wieder mit ihr gesprochen hatte. Genau genommen konnte er sich überhaupt nicht vorstellen, sie je wieder aus seinem Leben gehen zu lassen.
„Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, Dominick.“ Mit größter Mühe gelang es Kenzie, sich ein verkrampftes Lächeln abzuringen. Falls sie tatsächlich ohnmächtig werden sollte, wollte sie ihn auf keinen Fall in ihrer Nähe haben.
Doch bevor sie sich abwenden konnte, griff Dominick nach ihrem Arm.
„Kenzie, was …“
Mit einer gereizten Bewegung schüttelte sie seine Hand ab. „Ich muss mir dringend die Nase pudern“, beendete sie das Gespräch unmissverständlich, bevor sie hoch erhobenen Hauptes davonschritt.
Was hast du anderes erwartet?, fragte Dominick sich verdrossen, als er Kenzie sehnsüchtig nachblickte. Durch sein unsägliches Verhalten in Bedforth Manor hatte er selbst dafür gesorgt, dass sie sich wohl nie wieder freiwillig seiner Gegenwart aussetzen würde.
Während der letzten Wochen hatte er sich einer schonungslosen Selbstprüfung unterzogen. Das Ergebnis war alles andere als erfreulich gewesen, aber wenigstens war ihm jetzt klar, dass er genau das bekam, was er verdiente. Mittlerweile war er sogar bereit einzuräumen, dass er an Kenzies Affäre nicht ganz schuldlos war. Jedes Mal, wenn sie ihm gesagt hatte, wie sehr sie ihn liebte, war er auf Distanz gegangen und hatte erklärt, dass er ihre Gefühle nicht auf die Weise erwidern könnte, wie sie es sich wünschte. War es da ein Wunder, dass sie sich schließlich einem anderen Mann zugewandt hatte?
Allerdings war Dominick davon überzeugt, dass Jerome Carlton in keiner Weise liebesfähiger war als er selbst. Er hatte gründliche Nachforschungen über seinen Rivalen anstellen lassen und dabei herausgefunden, dass Kenzie einem oberflächlichen und rücksichtslosen Egoisten auf den Leim gegangen war, der in erster Linie in sich selbst verliebt war. Carltons Affären waren ebenso legendär wie die Art und Weise, wie er sie beendete. Sobald die betreffende Frau nicht mehr von Nutzen für ihn war, rangierte er sie aus wie einen alten Regenschirm.
Seltsamerweise schien Kenzie die berühmte Ausnahme von der Regel zu sein. Wenigstens bis jetzt …
Mit knapper Not schaffte
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