Julia Extra Band 0299
in den Jeep, und die beiden fuhren nach Hause. Langsam ging Rosanne zurück in das Klinikgebäude und setzte sich auf einen Stuhl vor Zacs Zimmer. Ein Sicherheitsmann hielt diskret in der Nähe Wache.
Und dann, ganz plötzlich, setzte das Zittern ein. Unkontrollierbar. Der Schock forderte seinen Tribut. Schock über die Ereignisse. Schock über die Erkenntnis, wo sie sich schon wieder befand: In einem Krankenhaus. Mit weißen Wänden.
Isandro trat aus Zacs Zimmer, um einen kurzen Anruf zu erledigen. Er entdeckte Rosanne sofort. Leichenblass saß sie auf ihrem Stuhl und starrte ins Leere. Ihre Hände zitterten. Er unterdrückte seinen ersten Impuls, sie anzuherrschen, warum sie nicht zu Hause auf ihn wartete.
„Rosanne …“
Keine Antwort.
„Rosanne?“
Immer noch nichts. Er setzte sich neben sie. Schließlich nahm er ihre Hände in seine.
Rosanne spürte, wie von irgendwoher Wärme kam. Doch der Albtraum gab sie nicht frei. Sie wusste, dass sie nicht schlief. Sie war umgeben von weißen Wänden. Endlich drang ein Laut an ihr Bewusstsein.
„ Rosanne !“
Jemand drehte ihren Kopf. Sie blickte in blaue Augen. Den einzigen, von denen sie je geträumt hatte. Die Wärme seiner Hände war so beruhigend.
„Rosanne?“
Aufmerksam blickte Isandro sie an. Diesmal lag keine Ungeduld auf seinem Gesicht, sondern etwas anderes. Verwirrung. Nachdenklichkeit.
„Ich konnte nicht einfach gehen. Ich bleibe hier draußen sitzen und warte, wenn das okay ist.“
Sie steht unter Schock, schoss es Isandro durch den Kopf. Einen so tiefen und totalen Schock hatte er noch nie erlebt. Er stand auf, kehrte aber gleich darauf zurück und drückte Rosanne einen Becher mit dampfendem Tee in die Hand.
Allmählich kehrte die Farbe in ihre Wangen zurück. Er erinnerte sich daran, wie sie im Innenhof gestanden hatte, das Gesicht dem Nachthimmel zugewandt. Etwas sehr Verletzliches war von ihr ausgegangen. Er hatte sie küssen wollen … Wie konnte er an so etwas auch nur denken, während sein Sohn nebenan in einem Krankenbett lag?
„Woher wusstest du, was mit Zac los ist?“
„Als ich schwanger war, habe ich über Fieberkrämpfe in einem meiner Bücher gelesen.“
„Du hast darüber in einem Buch gelesen?“
Sie nickte. „Diese Anfälle sind bei Kindern in seinem Alter nicht unüblich.“
Isandro stand auf und schob die Hände in die Hosentaschen. „Und doch wussten weder María noch ich, was zu tun ist. Ich bin sein Vater, und sie ist seine Nanny. Verdammt, die Frau besitzt die besten Zeugnisse!“
Automatisch setzte Rosanne zu Marías Verteidigung an. „Es ist eine Sache, etwas theoretisch zu wissen. Aber wenn sich vor deinen Augen ein Kind in Krämpfen windet und blau anläuft … María wusste genau, was er hat, Isandro. Sie ist nur in Panik geraten.“
„Aber du hast sofort gehandelt, Panik hin oder her.“
Schweigen entstand. Wie sollte sie darauf antworten? Beschämt blickte sie zu Boden. Plötzlich fühlte sie sich sehr müde.
„Ich habe mich noch gar nicht bedankt, Rosanne.“
„Das brauchst du nicht“, erwiderte sie aufblickend. „Ich bin froh, dass ich helfen konnte.“
Und ich konnte es nicht. Die unausgesprochenen Worte hallten durch Isandros Kopf. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so ohnmächtig gefühlt. Er streckte eine Hand aus. „Komm mit.“
Langsam erhob sich Rosanne und ließ zu, dass er sie am Ellenbogen fasste. Er zog sie mit sich in Zacs Zimmer und bedeutete ihr, in einem Sessel in der Ecke Platz zu nehmen. Er selbst nahm den Stuhl neben dem Bett.
Im Halbdunkel des Krankenhauszimmers, beim Anblick ihres gleichmäßig atmenden Sohnes, fiel die größte Anstrengung von Rosanne ab. Sie erlaubte sich endlich, ein wenig zu entspannen, und schlief schließlich erschöpft ein.
Nach dem Vorfall blieb Isandro einige Tage zu Hause und fuhr nicht ins Büro. Auch sein Verhalten Rosanne gegenüber wurde etwas freundlicher. Am Abend, nachdem er zum ersten Mal wieder in der Stadt gearbeitet hatte, schritt er frisch geduscht durch das Foyer in Richtung Esszimmer. Rosanne, das wusste er, würde sich dort aufhalten.
Schon den ganzen Tag über war er unerklärlich gereizter Stimmung. Unbestimmte Wut vermischte sich mit Furcht. Immer noch suchte ihn das Gefühl namenloser Angst heim, wann immer er sich an das Bild seines hilflosen Sohnes in seinem Bettchen erinnerte. Und Rosanne erfüllte ihre Rolle als Mutter, als sei sie nie fort gewesen.
Er stieß die Tür zum Esszimmer auf und blickte in ihre
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