Julia Extra Band 0299
betrachtete sie aus eisblauen Augen. „Du meinst, bis du dein Geld aus der Scheidung ausbezahlt bekommst. Dann wirst du ihn wieder fallen lassen. Und dieses Mal wird es viel schlimmer sein, weil er sich an dich erinnern kann.“ Mit einer abrupten Bewegung wandte er sich ab. „Ich kann nicht fassen, dass ich das zulasse …“ Er unterbrach sich und trat ganz nahe an Rosanne heran.
Sie konnte nicht weiter zurückweichen, mit dem Rücken berührte sie bereits die Wand. Er stand so nahe vor ihr, dass sie die hellen Sprenkel in seinen Augen sehen konnte. Seinen Duft einatmete.
„Ich weiß, was du vorhast, Rosanne. Aber lass mich dir eins sagen: Ich beschütze meinen Sohn. Und wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, dann versichere ich dir, dass du dir wünschen wirst, du wärst nie zurückgekommen.“
Ein Kloß schnürte Rosanne die Kehle zu. Sie verstand Isandros Schmerz. Seine Unsicherheit. Sie konnte all seine Gefühle nachempfinden, weil sie sie selbst durchgemacht hatte. Eine Million Mal. Genau aus diesem Grund war sie fortgegangen. Instinktiv streckte sie eine Hand nach ihm aus.
Sofort zuckte er zurück. Er schaute auf ihre Hand, als sei sie pures Gift. Mit einem letzten eiskalten Blick wandte er sich um und verließ das Haus.
Rosanne war wie erstarrt. Gelähmt von dem Hass in seinen Augen, zog sie ihre Hand zurück und presste sie gegen ihre Brust. Noch schlimmer als Isandros Zurückweisung war das grauenhafte Gefühl, das in ihr aufstieg. Eifersucht. Sie war eifersüchtig auf ihren eigenen Sohn.
Isandro liebte ihn so abgöttisch, so selbstlos. Er war durchaus in der Lage zu lieben. Nur liebte er nicht sie.
In den letzten Tagen seiner freien Woche beobachtete Isandro Rosanne noch argwöhnischer als zuvor. Anstatt sie wie bisher mit María und Zac allein zu lassen, hielt er sich jetzt immer in ihrer Nähe auf.
Natürlich spürte Rosanne seine Feindseligkeit. Aber sie ließ nicht zu, dass er ihr Angst machte. Er hatte ja keine Ahnung, wie stark sie hatte werden müssen. Also ertrug sie seinen Groll, seine Blicke, sein offensichtliches Misstrauen.
Trotzdem waren ihre Nerven am Sonntagabend zum Zerreißen gespannt. Sie saßen im Esszimmer. Das Dinner war bereits vorüber, und sie waren beim Kaffee angelangt. Rosanne trank einen Schluck und schloss die Augen, um das herrliche Aroma zu genießen. Und um Isandro nicht sehen zu müssen.
Nachdem die Haushälterin ihnen eine gute Nacht gewünscht hatte, stand auch sie hastig auf. Für heute hatte sie genug von Isandro und seinen falschen Verdächtigungen.
Doch wie aus heiterem Himmel streckte er plötzlich eine Hand aus und hielt sie am Arm fest. Glühende Hitze breitete sich an der Stelle aus, wo seine Finger ihre Haut berührten. Erschrocken stolperte sie einen Schritt zurück. Wäre Isandro nicht aufgesprungen, um sie aufzufangen – sie wäre gefallen.
Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie zu ihm auf. Seine Hände brannten wie Feuer durch den dünnen Stoff ihres T-Shirts. Und auch er schien es zu spüren. Etwas in seinen Augen blitzte gefährlich auf. Rosanne stockte der Atem, als die Luft zwischen ihnen förmlich zu vibrieren begann.
Das konnte nicht sein. Isandro hasste sie! Und doch … genau dieses Gefühl verzehrender Sehnsucht hatte sie in jener ersten Nacht empfunden. Und in den vielen Nächten nach der Hochzeit. Nächte voller Leidenschaft, voller Sinnlichkeit und stürmischen Verlangens.
Er zog sie näher an sich, legte eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
„Ich frage mich …“
„Was fragst du dich?“, stieß Rosanne hervor.
„Welche Tricks du in den vergangenen zwei Jahren gelernt hast. Denn zweifellos warst du sehr damit beschäftigt, Erfahrungen zu sammeln.“
5. KAPITEL
Zunächst ergaben Isandros Worte überhaupt keinen Sinn. Erst als sein Mund sich dem ihren näherte, wurde Rosanne klar, was er vorhatte. Wie von einer höheren Macht geleitet, schmiegte sie ihren Körper an seinen. Der Wunsch, geküsst zu werden, war überwältigend intensiv.
Und als dann seine Lippen ihre erst zärtlich, dann fester berührten, entrang sich ihrer Kehle ein leiser Seufzer. Sie öffnete den Mund, wollte den Kuss noch vertiefen. Wollte, dass ihre Zungen einander fanden, wollte, dass er die Arme um ihre Taille schlang, wollte seine Erregung spüren.
So lange hatte sie sich nach diesem Augenblick gesehnt. Und gefürchtet, ihn nie wieder zu erleben. Wie einen Schatz hatte sie die Erinnerungen an solche Momente mit Isandro
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