Julia Extra Band 0300
und legte die Gabel hin.
„Fühlst du dich nicht gut?“, fragte Alexeis besorgt.
Schnell schüttelte Carrie den Kopf. „Es ist nur, weil es der letzte Tag ist.“
„Dann hat dir New York also gefallen? Obwohl du all die Boutiquen kaum ausgenutzt hast“, erwiderte Alexeis gespielt streng. „Vielleicht werden dich die in Chicago ja mehr reizen.“
„Chicago?“, wiederholte Carrie verblüfft.
„Unser nächstes Reiseziel“, erklärte Alexeis. „Oder musst du unbedingt schon nach London zurück?“
Starr blickte sie ihn an. Das Engegefühl in ihrer Brust schien sich aufzulösen. Noch wagte Carrie allerdings nicht zu glauben, was er da gerade gesagt hatte.
Ihr Mienenspiel zu beobachten fand Alexeis sehr amüsant. Und nicht nur jetzt. Es hatte ihm auch Freude gemacht, ihr Gesicht am ersten Abend in New York zu beobachten. Carrie hatte in einem Abendkleid für fünftausend Dollar vor dem Spiegel gestanden und bei ihrem Anblick über das ganze Gesicht vor Glück gestrahlt.
Cocktails auf der Dachterrasse eines Wolkenkratzers, eine Party auf einer Millionen-Dollar-Jacht auf dem Hudson, das neueste Broadway-Musical – wohin auch immer er sie mitgenommen hatte, Carries Gesicht war immer unglaublich ausdrucksvoll gewesen.
Aber am meisten genoss Alexeis es, sie zu betrachten, während sie sich liebten. Ihre Lust bereitete ihm fast ebenso viel Vergnügen wie seine eigene.
Und es machte ihm Freude, einfach mit Carrie zusammen zu sein. Das war seltsam. Andere Frauen hatten für ihn hauptsächlich als geschickte und erfahrene Bettpartnerinnen einen Wert. Mit ihrem anspruchsvollen Geschmack und Sachverstand waren sie auch auf dem Gesellschaftsparkett gut vorzuzeigen. Er konnte sich darauf verlassen, dass sie sich mühelos in seinen Kreisen bewegten.
Carrie war … tja, sie war anders. Sie schien einfach … da zu sein, zu seinem täglichen Leben zu gehören.
Kameradinnen hatte er in Frauen nie gesehen. Alexeis runzelte die Stirn. Was machten sie eigentlich, worüber redeten sie, wenn Carrie und er allein waren? Viel von ihrer gemeinsamen Zeit verbrachten sie im Bett, trotzdem blieb noch eine Menge Zeit übrig, in der sie sich nicht liebten.
Wenn er mit Carrie ganz entspannt frühstückte, wenn sie spätabends oder frühmorgens halb schlafend, halb wach nebeneinander im Bett lagen … Worüber redeten sie dann? Nichts Bestimmtes, nichts Einprägsames.
Dass er sich nicht daran erinnerte, war allein schon bemerkenswert.
Er hatte bemerkt, dass Carrie bei den für ihn selbstverständlichen Gesprächsthemen bei gesellschaftlichen Veranstaltungen nicht mithalten konnte. Sie äußerte sich nicht über Politik, Wirtschaft, Kultur oder Mode. Sie äußerte sich überhaupt nicht. Zurückhaltend, fast schüchtern stand oder saß sie schweigend neben ihm.
Mit ihm allein war sie nicht so still. Also worüber sprachen sie? Über einfache, anspruchslose Dinge.
Oberflächliche Dinge? Nein, oberflächlich war das falsche Wort. Es war herabsetzend und passte nicht zu Carrie.
Angenehm entspannt. Das war es, was ihm einfiel, wenn er an sie dachte. Erneut runzelte Alexeis die Stirn. Weil ihm klar wurde, dass er mit seinen Gedanken sehr oft bei Carrie war. Aus den Augen, aus dem Sinn, so lief das mit anderen Frauen – wenn er nicht gerade in der Stimmung für Sex war.
Aber mit Carrie … nun, Alexeis dachte sogar mitten in einer schwierigen geschäftlichen Besprechung an sie. Und nicht nur, weil er zurück in die Hotelsuite und sofort mit Carrie ins Bett wollte. Nein, er sah im Geiste vor sich, wie sie lächelte, wie sie ihn anblickte, wie sie die Augenbrauen hochzog, wenn sie ihn etwas fragte. Zum Beispiel nach einer Sehenswürdigkeit, die sie an diesem Tag besichtigt hatte. Oder nach jemandem, den sie am Vorabend kennengelernt hatte.
Das war noch etwas Besonderes an ihr. Wenn sie gerade von einer Party zurück zum Hotel fuhren und sich über den Abend unterhielten, machte Carrie häufig eine Bemerkung über den Gastgeber oder einen Gast, die umso scharfsichtiger war, weil sie die Leute ja nicht gut kannte.
Vielleicht nahm sie so viel wahr, weil sie sich meistens nicht beteiligte, sondern lieber beobachtete? Fast, als würde sie die Menschen durch ein Mikroskop betrachten und ablesen, wie sie aufeinander reagierten. Ohne selbst mit ihnen in Kontakt zu treten. Sie hielt ein wenig Abstand. Doch nicht von ihm.
Wie immer, wenn Alexeis an Carrie dachte, an seine Entscheidung, sie auf seine Geschäftsreise mitzunehmen,
Weitere Kostenlose Bücher