Julia Extra Band 0302
anzukämpfen, Aimi. Du willst es doch gar nicht.“
„Oh doch, ich will! Lass mich in Ruhe!“
„Ich kann nicht. Ich begehre dich so sehr“, gab er zurück und liebkoste erneut ihre Lippen. Dann setzte er sich auf, schnallte sich an und ließ den Wagen an.
Aimi blickte unbewegt aus dem Fenster. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Warum war sie nicht standhaft? Warum schmolz sie dahin, sobald er sie berührte? Warum nur besaß sie nicht genügend Rückgrat, um Wort zu halten? Es tut mir so leid, Lori.
Wehmütig seufzte sie und schloss die Augen. So sah sie nicht, dass Jonas sie stirnrunzelnd betrachtete. Vielleicht lag es nur am Licht, doch er entdeckte eine Verletzlichkeit in ihrem Gesicht, die ihn nachdenklich machte. Da war etwas hinter ihrer schönen Fassade, und er wollte ihr Geheimnis lüften. Er wusste nicht, was es war, doch er war sicher, dass es der Schlüssel zu ihrem Herzen war.
Aimi musste kurz eingeschlafen sein, und als sie erwachte, ruhte ihr Kopf an Jonas’ Schulter. Sie wusste, dass sie sich eigentlich wieder aufsetzen sollte, doch sie konnte sich nicht überwinden. Mit jedem Atemzug nahm sie den Duft seiner Haut wahr, und obwohl sie wusste, dass es ein Fehler war, gab sie ihrem Verlangen nach. Die Straße war kurvig, und Aimi war fasziniert davon, mit welcher Leichtigkeit Jonas das Steuer führte. Seine Hände waren feingliedrig und zupackend, und sie konnte sich mühelos in Erinnerung rufen, wie sie über ihren Körper geglitten waren und in ihr ein Feuerwerk des Begehrens ausgelöst hatten. Allein der Gedanke daran ließ ihr Blut schneller pulsieren, sie atmete flach.
In ihrem Kopf schlugen die Alarmglocken. Sie sollte jene Nacht vergessen und die Erinnerung nicht noch anheizen! Entschlossen setzte sie sich in ihrem Sitz auf und entfernte sich so weit von ihm wie möglich.
Jonas sah sie kurz an, ehe er seine Konzentration wieder auf die Straße lenkte. „Hast du schlecht geträumt?“, fragte er fürsorglich.
„Ich wollte dir nicht so nahe kommen“, stellte sie klar.
„Deshalb habe ich dich schlafen lassen“, erklärte er leichthin. „Ich habe es genossen, dass du mir so nah warst.“
„Nun, es wird das letzte Mal gewesen sein“, erwiderte sie förmlich und ärgerte sich über die Heiterkeit in seiner Stimme, als er ihr antwortete.
„Wen willst du eigentlich überzeugen? Mich oder dich selbst?“
Aimi antwortete nicht, denn die Wahrheit war, dass sie ihn genauso wie sich selbst überzeugen wollte. Doch alles ging schief. Ein Teil von ihr wollte diese Affäre auskosten, wollte alles erleben, es genießen, solange es dauerte. Diese übermütige Seite in ihr wollte wissen, warum es nicht sein durfte. Ihre Vernunft sagte ihr, dass sie gehen musste, doch je mehr Zeit sie mit Jonas verbrachte, umso stärker zweifelte sie daran, ob sie ihn überhaupt noch verlassen konnte. Gestern Nacht noch schien alles so einfach zu sein.
Sie sah ihn an und fragte sich, was ihn so sehr von anderen Männern unterschied. Warum konnte sie nicht einfach zu ihrem Nein stehen?
„Und? Hast du es herausgefunden?“, hakte Jonas nach, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
Aimi schrak zusammen. „Was meinst du?“
„Ob du deinen Gefühlen nachgeben solltest oder nicht.“
„Das hängt davon ab, welche Gefühle du meinst“, antwortete sie verunsichert. Sie wusste selbst nicht, welche Seite ihrer Gefühle gewinnen würde, und das war eine völlig neue Erfahrung. Ihr Lebensweg hatte so klar vor ihr gelegen, doch jetzt schien alles fremd.
„Du bist viel zu klug, um eine falsche Entscheidung zu treffen“, stellte er fest.
Sie verzog das Gesicht. „Ich denke, Intelligenz hat damit wenig zu tun“, gab sie trocken zurück.
„Was ist falsch daran, sich zu verlieben, Aimi? Lass dich darauf ein. Was kann denn im schlimmsten Fall passieren?“
Ein Kälteschauer lief über ihren Rücken, seine Worte hatten die Erinnerung an jenen verhängnisvollen Tag wieder geweckt. Die letzten Stunden, die sie mit Lori verbracht hatte, ehe das Entsetzliche geschehen war. Lori hatte genau die gleichen Worte zu ihr gesagt. Sie hatte sich darauf eingelassen und erlebt, dass das Schlimmste, was geschehen konnte, der Tod war.
Der Skiurlaub hatte so wunderbar begonnen. Sie hatten ihn Monate im Voraus geplant. Lori Ashurst war ihre beste Freundin seit Grundschultagen. Jedes Jahr waren sie gemeinsam in den Urlaub gefahren. Ihre Eltern waren wohlhabend und die beiden Mädchen verwöhnt. Sie nahmen
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