Julia Extra Band 0302
brechen?, fragte sie sich. Will er in unseren intimsten Situationen die Lücke vergrößern, die er später in meinem Leben hinterlässt, wenn er eine andere heiratet?
Das unbeschwerte Wochenende in Paris schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Jessica sehnte sich nach den Tagen, als sie Salvatores Büro geputzt hatte und ihm nur sporadisch begegnet war. Manchmal hatten sie sich miteinander unterhalten, er hatte sich ihr anvertraut und sie ab und zu sogar nach ihrem Rat gefragt.
Das war echte Intimität gewesen, unbefleckt und aufrichtig. Nicht das spätere Verkleidungsszenario, in dem er ihr teure Kleider kaufte, die er ihr kurz darauf wieder vom Körper streifte.
Erschrocken fuhr sie zusammen, als das Telefon klingelte, obwohl sie bereits seit einer geschlagenen Stunde auf seinen Anruf wartete. In letzter Zeit kam Jessica ihr Leben wie eine einzige Wartestunde vor. Einige Abende mit Salvatore wurden länger vorausgeplant, vor allem, wenn eine Gala oder ein Opernabend auf dem Programm standen. Aber an Tagen wie diesen hing ein spontanes Treffen von seiner Laune ab – und davon, wie sein Büroalltag lief.
„Hallo?“, sagte sie mit belegter Stimme.
„Jessica?“
„Hallo, Salvatore.“ Entschlossen riss sie sich zusammen und gab ihrer Stimme einen aufmerksamen Klang, obwohl die Gedanken in ihrem Kopf buchstäblich Achterbahn fuhren. „Wie war dein Meeting?“
„Langweilig. Ich möchte nicht gern darüber sprechen.“ Er unterdrückte ein Gähnen. „Könntest du in einer Stunde fertig sein, um mit mir essen zu gehen?“
Zweifelnd betrachtete sie ihr Spiegelbild. Es würde ein kleines Wunder brauchen, damit sie in so kurzer Zeit präsentabel aussah. „Aber ich dachte, wir machen uns heute einen gemütlichen Abend zu zweit.“
„Hatten wir das so abgemacht? Entschuldige, Planänderung! Ein Freund von mir ist zusammen mit seiner Freundin unerwartet in der Stadt und will mich treffen. Und ich dachte mir, sie könnte ein wenig weibliche Gesellschaft gebrauchen.“
Wie konnte sie ihm diese Bitte abschlagen? Im Grunde ihres Herzens hatte sie keine Lust, seine Bekannten kennenzulernen. Eigentlich war es auch gar keine Bitte von Salvatore, sondern eher so etwas wie eine Anordnung. Aber Jessica würde ihr dennoch folgen, schließlich gehörte das zu ihrer Rolle. Sie musste zur Verfügung stehen, wann immer er mit den Fingern schnippte. Alles drehte sich um seine Wünsche und Erwartungen.
„Natürlich komme ich mit“, versicherte sie ihm und hasste sich gleichzeitig für ihre Schwäche.
Salvatore schickte einen Wagen, um sie abzuholen, und als sie das Restaurant betrat, stand er galant auf, um sie zu begrüßen. Wie immer machte ihr Herz einen Sprung, als seine dunkel gekleidete imposante Gestalt in voller Größe vor ihr stand.
„Ciao“ , wisperte er sanft und küsste sie auf beide Wangen. Dabei strich er leicht über ihre Hüfte und erinnerte sie daran, was sie später in seinem Apartment erwartete. „Das sind Giovanni und Maria“, fügte er hinzu. „Und dies ist Jessica.“
„Hallo“, sagte Jessica in die kleine Runde und fragte sich, was Salvatore ihnen über sie erzählt hatte.
Giovanni Amato war ein etwas furchteinflößender, einflussreicher Sizilianer, aber seine Freundin wirkte ausgesprochen nett. Allerdings verfielen die drei während des Gesprächs immer wieder ins Italienische. Obwohl sie jedes Mal zurück in die englische Sprache wechselten, sobald sie sich dieses Umstands bewusst wurden, fühlte Jessica sich in ihrer Gesellschaft zunehmend unsicherer.
Die meiste Zeit über starrte sie in ihr Weinglas oder auf ihren Teller und überlegte ernsthaft, was sie überhaupt hier machte. Giovanni und Maria schienen zumindest ein echtes Pärchen zu sein, während Jessica sich eher wie eine bezahlte Statistin fühlte.
Und dabei empfand sie so unendlich viel für Salvatore, dass es ihr fast körperlich wehtat.
Auf dem Weg zurück nach Chelsea sprach sie kaum ein Wort, und Salvatore warf ihr hin und wieder einen neugierigen Blick zu. Ihm fiel auf, wie ungewöhnlich still und blass sie war. „Du hast heute Abend kaum einen Ton von dir gegeben, cara “, bemerkte er.
Sie drehte den Kopf. „Ach, nein?“
Er wunderte sich über ihr Verhalten. Hatte es einen bestimmten Grund, oder war sie schlicht und einfach nur erschöpft? Vielleicht war es an der Zeit, ihre Stimmung mit einem weiteren Geschenk aufzuhellen. Ein Schmuckstück, aber möglicherweise bevorzugte sie in Wahrheit Bargeld. Dann musste
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