Julia Extra Band 0302
sie sich nicht die Mühe machen, einen Abnehmer für die Juwelen zu finden.
„Bestimmt bist du nur müde“, schloss er und küsste zärtlich ihre Fingerspitzen.
„Kein bisschen“, widersprach sie und hätte gern hinzugefügt, wie leer und ausgebrannt sie sich fühlte. Aber dieser Zustand hatte nicht das Geringste mit körperlicher Erschöpfung zu tun. Es war schlicht und ergreifend Liebeskummer.
Als sie vor Salvatores Apartmenthaus parkten, erkannte Jessica endlich, dass sie so nicht weitermachen konnte. Ihre Würde und ihr Selbstwertgefühl litten unter der Abhängigkeit von Salvatore, und solange sie als Geliebte an seiner Seite blieb, würde sich ihr Zustand nicht bessern.
Von Anfang an war dieses Arrangement keine gute Idee gewesen. Der Vorfall mit dem Diamantarmband hatte den Bruch mit Salvatore eingeläutet. Und wenn sie ihm jetzt keinen reinen Wein einschenkte, würde sie ihr Herz endgültig an ihn verlieren und am Boden zerstört zurückbleiben. Sie musste gehen, solange noch die Chance bestand, dass sie sich von dieser Trennung erholte. Jessica musste mit Salvatore reden.
Aber nicht vor morgen. Noch eine sinnliche Nacht in seinen Armen – das war doch sicherlich nicht zu viel verlangt.
In seiner Wohnung spürte Jessica überdeutlich, wie sehr sie ihn in Zukunft vermissen würde. „Salvatore“, flüsterte sie und küsste sein raues, kantiges Kinn. Dann löste sie seine Seidenkrawatte.
All das würde sie nie wieder tun, und Jessica erlebte jede Sekunde mit Salvatore intensiver als jemals zuvor. Es war der schönste und der schwerste Abschied ihres gesamten Lebens. So wollte sie Salvatore für immer in Erinnerung behalten: zärtlich, leidenschaftlich und von unendlicher Ausdauer …
In dieser Nacht schlief sie extrem unruhig und wachte früh wieder auf. Nach einer kurzen Dusche zog sie sich an und suchte dann ihre Sachen im Badezimmer zusammen. Bis auf einen Reserveslip in Salvatores Wäscheschublade zeugte nichts mehr von ihrer Anwesenheit in seinem Apartment.
In der Küche traf sie Salvatore, der Kaffee trank und seine Post durchsah. Wie gewohnt schenkte er ihr ebenfalls eine Tasse ein und schob sie ihr über den Tisch zu. Der Duft war verlockend, und sie bedankte sich lächelnd. Was für ein falsches Bild diese Vertrautheit doch vermittelte! Es sah tatsächlich wie ein ganz normaler Morgen unter Liebenden aus, doch Jessica wusste es besser.
Ihre Hände zitterten so stark, dass sie sich nicht traute, die Kaffeetasse hochzuheben. Stattdessen sah sie ihm in sein schönes, gebräuntes Gesicht und versuchte, sich nicht von den leuchtenden Augen und zerwühlten Haaren ablenken zu lassen. „Salvatore, ich muss mit dir reden.“
„Kann das nicht warten?“ Er hielt ein paar Dokumente hoch. „Ich habe den ganzen Tag über Meetings und muss das hier vorher noch durchgehen.“
„Nein, leider kann das nicht warten.“
Zuerst schien er ungeduldig zu werden, doch dieser Eindruck verflog gleich wieder. „Was gibt es denn, Jessica?“
„Ich wollte dir nur mitteilen, dass ich nicht …“ Mit der Zunge fuhr sie sich über die Lippen. „Ich will sagen, dass ich mich nicht mehr mit dir treffen kann.“
Einen Moment lang glaubte er, sich verhört zu haben, aber ihr Gesichtsausdruck belehrte ihn eines Besseren. Trotzdem blieb eine Reaktion aus. „Sprich weiter!“, forderte er sie auf.
„Und ich möchte dir versichern, dass ich die Zeit mit dir sehr genossen habe. Nicht jeden Augenblick, in dem ich deine Geliebte gespielt habe, aber die meisten davon. Definitiv.“
Krachend landeten die Papiere auf der Anrichte. „Und das war’s?“
„Ja, das war’s.“
„Verrätst du mir auch den Grund dafür?“
Immerhin interessiert es ihn, schoss es Jessica durch den Kopf.
Dabei hatte sie angenommen, ein Mann wie er wollte gar nichts von den Beweggründen wissen, die zu ihrer Entscheidung geführt hatten. Schließlich war er von Natur aus misstrauisch und vermied tunlichst jede engere Bindung.
Würde er sie verstehen, wenn sie ihm erklärte, dass sie sich wie ein ungeliebtes Objekt vorkam? Dass sie ihn von ganzem Herzen liebte und Gefahr lief, ihren Verstand zu verlieren, wenn sie nicht Abstand von ihm bekam?
Es dauerte lange, bis sie ihre Sprache wiederfand. „Ich finde einfach, unsere Beziehung ist am Ende angekommen.“
Wieder herrschte ohrenbetäubendes Schweigen. „Das wird nicht funktionieren, weißt du“, seufzte er schließlich, und hinter seinen Worten lag eine unterschwellige Drohung.
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