Julia Extra Band 0303
konntest!“
„Ich muss dir überhaupt nichts erklären!“
„Falsch. Noch vor wenigen Stunden wäre ich sogar deiner Meinung gewesen, doch langsam glaube ich, dass ich sogar ein Recht auf die Wahrheit habe. Hat Jeffreys Vater überhaupt je erfahren, dass er einen Sohn hat?“
Kirsten nickte. „Aber es hat ihn nicht interessiert!“
Rowe sah sie entsetzt an. „Wenn es mein Sohn wäre, würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ein Teil seines Lebens zu sein“, sagte er heiser. „Deshalb lass uns jetzt über die geradezu frappierende Ähnlichkeit zwischen Jeffrey und mir reden.“
Kirsten war so geschockt, dass sie unwillkürlich aufkeuchte, was Rowe ein bitteres Lachen entlockte.
„Zufall“, behauptete sie verzweifelt.
„Oder Gene. Von der ersten Sekunde an, als ich den Jungen sah, habe ich ein Band zwischen uns gespürt, das einer Erklärung bedarf. So verrückt und absurd es auch erscheint … besteht die Möglichkeit, dass ich sein Vater bin?“
Kirsten wusste, das Spiel war aus. „Ja, herrje!“, stieß sie hervor. „Ja, ja!“
Trotz seiner Ahnung stand Rowe da, wie vom Donner gerührt. „Es ist also wahr … ich bin Vater …“ Seine Miene verdüsterte sich. „Aber wie kannst du seine Mutter sein, wenn … was, in Gottes Namen, verschweigst du mir noch?“
Kirsten fiel das Atmen immer schwerer. Jetzt war der Moment gekommen, in dem sich ihr ganzes Leben auf einen Schlag ändern konnte. Was, wenn Rowe ihr seinen Sohn wegnehmen würde? Den einzigen Menschen, der wirklich zu ihr gehörte …
Blind vor Tränen riss sie sich los und stürzte davon.
„Kirsten, bleib stehen!“
Doch sie hörte nicht. Sie wollte ihn nicht hören. Und als hinter ihr Schritte erklangen, beschleunigte sie ihr Tempo noch. Bis sie mit dem Fuß gegen eine Baumwurzel stieß, strauchelte und fiel. Dann spürte sie nur noch einen scharfen Schmerz, bevor alles um sie herum in Dunkelheit versank.
Rowe sah sie stolpern, fallen und mit dem Kopf auf einen Stein prallen. Vor Entsetzen stockte ihm der Atem. Sobald er neben ihr kniete, stieß er voll hilfloser Wut eine Flut von Verwünschungen aus, die er als Junge von den Palastwachen aufgeschnappt hatte, wenn diese sich unbeobachtet fühlten.
Behutsam schob er einen Arm unter die Bewusstlose und drehte sie sanft herum. Auf ihrer Stirn klaffte eine hässliche Wunde. Kirsten stöhnte leise, doch ihre Augen blieben geschlossen. Vorsichtig tastete Rowe ihren Körper ab, fand aber keine weiteren Verletzungen. Also konnte er es wohl wagen, sie zu bewegen. So hob er sie auf die Arme und schaute in ihr blasses, stilles Gesicht.
Auf Château Merrisand würde die Hölle losbrechen, wenn er mitten in der Nacht zusammen mit einer verletzten Frau auftauchte, beide leicht bekleidet. Doch sie brauchten dringend Hilfe, und Kirsten anzuziehen wagte er nicht, aus Angst, Zeit zu verlieren und ihr noch mehr Schaden zuzufügen.
Also musste er das befürchtete Chaos in Kauf nehmen. Immerhin hatte er schon Schlimmeres erlebt.
Kirsten sicher nicht, dachte Rowe, als er sie behutsam ins Cockpit seines Hubschraubers hievte. Er griff nach hinten in ein Fach, zog Decke und Kissen hervor, die für Notfälle dort lagerten, und machte es der Patientin so bequem wie möglich, bevor er sie auf ihrem Sitz festschnallte. Ihre Wunde blutete immer noch, und das schmale Gesicht wirkte seltsam durchscheinend.
Aus einem anderen Fach holte Rowe den Erste-Hilfe-Kasten und versorgte notdürftig den hässlichen Riss auf Kirstens Stirn. Dann schwang er sich auf den Pilotensitz und startete den Helikopter. Je eher sie Merrisand erreichten, desto besser! Er versuchte, eine Funkverbindung zu Alain Pascale, dem Hofarzt, herzustellen, der normalerweise in Solano lebte. Momentan machte er glücklicherweise eine Art Stippvisite im Château, was Rowe als außerordentlicher Glücksfall erschien. Ohne große Worte versprach der Arzt Rowe, ihn auf der Turmplattform zu erwarten.
Der grantige, alte Mediziner würde ihm wahrscheinlich gehörig den Kopf waschen, wenn er ihm die verletzte Kirsten präsentierte, aber davon abgesehen war Alain Pascale der beste Arzt von Carramer – und der diskreteste.
Während Rowe den Helikopter sicher durch die Nacht steuerte, drehten sich seine Gedanken immer wieder im Kreis.
Da er nie Spender in einer Samenbank gewesen war, und Kirsten wohl kaum seine Spermaprobe aus dem Labor, in dem er damals seinen jährlichen Check-up machen ließ, gestohlen haben konnte, um eine
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