Julia Extra Band 0305
dass er die Bedeutung dieses Wortes überhaupt kannte.
Plötzlich blinkte die Gegensprechanlage auf. „Tut mir leid, dass ich Sie stören muss, Mr. Valenti, aber Mr. Castillo vom Madrider Büro ist am Apparat, und er sagt, es sei wichtig.“
„Danke, Julietta. Fragen Sie ihn bitte, ob er so freundlich wäre, noch ein paar Minuten zu warten. Ich bin hier bald fertig.“
„Natürlich.“ Die Stimme der Frau klang seidenweich und ehrerbietig. So wie meine eigene damals geklungen haben muss, dachte Faye unangenehm berührt und ärgerte sich darüber, wie verführerisch er den Namen der Frau ausgesprochen hatte. Ein Gefühl von Eifersucht erfüllte sie, und sie hasste sich dafür.
„Wo wohnst du hier?“
„Wie bitte?“ Seine Frage überraschte sie.
„In Rom – wo wohnst du da?“
„In einer Pension, in der Nähe des Flughafens. Ich wüsste allerdings nicht, was dich das angeht.“
„Ich schicke jemanden, der dein Gepäck holen soll. Mein Fahrer wird dich dann ins Il Maia bringen.“
Il Maia? Sie hatte Rom nie wiedersehen wollen, ganz zu schweigen von seinem Hotel. Und da er ihr deutlich klargemacht hatte, dass er nicht die Absicht hatte, ihr zu helfen, wollte sie den nächsten Flug nach London nehmen.
„Selbst wenn ich es mir erlauben könnte, im Il Maia zu übernachten, würde ich es nicht tun. Ich fliege heute Abend nach Hause.“
Seine Stimme klang gefährlich ruhig. „Nein, das wirst du nicht tun, Faye. Außer du willst in aller Ruhe zusehen, wie die Überreste deines Familienunternehmens vor deinen Augen zusammenfallen. Ich bin bereit, deinen Vorschlag zu überdenken – zu meinen Konditionen. Ich werde um acht in der Hotelbar sein, und wir werden die Sache bei einem Abendessen besprechen.“ Sein Ton duldete keinen Widerspruch. Er deutete zur Tür. „Ich habe noch dringende Geschäfte zu erledigen. Julietta wird dir zeigen, wie du hinausfindest.“
„Ich will das alles nicht. Mein Vorschlag hat dich doch nicht im Mindesten interessiert“, rief sie aufgebracht, da sie nicht einen ganzen Abend mit ihm verbringen wollte. Zum einen fand sie die Vorstellung schrecklich, dass sie sich ihm vielleicht verpflichtet fühlen würde, zum anderen versetzten die Gefühle, die er während des kurzen Treffens in ihr hervorgerufen hatte, sie in Panik. Doch er war bereits wieder am Telefon und bat Julietta, einem Fahrer Bescheid zu geben und den Anruf aus Madrid durchzustellen.
„Nenn mir einen Grund, warum ich deinem lächerlichen Vorschlag zustimmen sollte“, schoss sie hilflos zurück, während sie ihn trotzig anschaute.
Dante atmete tief durch, wandte sich zu ihr um und schüttelte gönnerhaft den Kopf. „Deine Zustimmung ist nicht erforderlich. Du wirst tun, was ich dir sage, weil ich dir ein Angebot machen werde, das du nicht ablehnen kannst. Solltest du es doch tun, werde ich dich ruinieren.“
Damit ging er ans Telefon und antwortete seinem Gesprächspartner in Madrid in perfektem Spanisch.
Dante legte den Hörer auf die Gabel zurück, nachdem er Castillos Problem mit einer Warenlieferung rasch gelöst hatte. Faye war, wie er vermutet hatte, genau in dem Augenblick aus dem Zimmer gestürmt, als er seine Aufmerksamkeit von ihr abgewandt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass eine Frau schmollend sein Büro verließ, als die Dinge nicht nach deren Vorstellung liefen, und er bezweifelte, dass sie die letzte sein würde. Trotzdem musste er zugeben, dass er bei Faye in einem Punkt falschgelegen hatte. Sie hatte es fast während des ganzen Treffens unterlassen, ihn anzusehen. Nur als es um die entsetzliche finanzielle Lage des Restaurants ging, hatte sie ihn kurz herausfordernd angeschaut, um den Blick dann schnell wieder zu senken. Und das frustrierte ihn über die Maßen. Glaubte sie allen Ernstes, sie könnte ihn mit dieser vorgetäuschten Sittsamkeit hinters Licht führen?
Aber damals war sie doch unschuldig, nicht wahr?, warf eine leise Stimme in seinem Hinterkopf ein. Sie wurde auch noch von dem verstörenden Gefühl eines schlechten Gewissens begleitet, das er aber energisch verdrängte. Denn ihre offensichtlich ungekünstelte Unschuld – die damals wohl der Auslöser für die unkontrollierbare Anziehungskraft gewesen sein musste, die sie auf ihn ausgeübt hatte – hatte gerade mal fünf Minuten angehalten. Sie hatte schnell bewiesen, wie begierig sie darauf war, die Last ihrer Unschuld loszuwerden, ehe sie sich zwei Wochen später auf ihr nächstes Opfer stürzte.
Aber sie war immer
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