Julia Extra Band 0309
Er wusste, wenn ihre Ehe eine Chance haben sollte, mussten sie immer absolut offen und ehrlich zueinander sein. Und die Sorgen, die jeder nun einmal hatte, würden sie einfach vor der Schlafzimmertür lassen.
Er dachte an ihre Ankunft auf der Insel zurück. Kerry in sich zurückgezogen und melancholisch. Noch vor ein paar Tagen hatte er ernsthaft bezweifelt, ob sie jemals ein glückliches Paar werden würden. Aber jetzt war offensichtlich eine Wandlung um hundertachtzig Grad in Kerry vor sich gegangen. Und plötzlich fasste Theo wieder Mut.
Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken.
„Diakos“, meldete er sich barsch. Musste man ihn ausgerechnet jetzt stören!
Zwei Minuten später stürmte er durch das Haus. Mit seiner guten Laune war es vorbei. Er rannte in Richtung Terrasse und stieß fast mit Kerry zusammen, die gerade mit Lucas hereinkam.
„Um Himmels willen!“, rief sie, als er sie beinahe umrannte. „Ist etwas passiert?“ Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Theo an und versuchte, ihre Balance wiederzufinden.
Theo ergriff ihren Arm und hielt sie fest. „Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich besorgt.
„Mit mir ist alles in Ordnung“, bestätigte Kerry. Sorgenvoll sah sie in Theos düstere Miene. „Aber was ist mit dir?“
„ Mir geht’s gut … aber ich habe schlechte Nachrichten. Komm, setz dich hin“, fügte er hinzu, als er sah, wie Kerry erbleichte.
Sie gingen ins Wohnzimmer. Angespannt ließ Kerry sich auf der Kante des Sofas nieder.
„Es geht um Drakon. Er scheint kränker zu sein, als wir dachten. Er ist in Athen im Krankenhaus.“
„Oh, nein!“, rief Kerry aus. „Der Arme! Weiß man Genaueres?“
„Nein, noch nicht. Mein Assistent versucht gerade, mehr zu erfahren. Ich sage dir dann natürlich sofort Bescheid.“
„Wir müssen ihm unbedingt etwas schicken – Blumen vielleicht oder etwas Obst. Was meinst du?“ Beim Gedanken an Drakon, der jetzt in einem Krankenhaus in der ihm so verhassten Großstadt lag, stiegen Kerry Tränen in die Augen. Wie würde er seine Insel vermissen! „Können wir ihn nicht besuchen?“
„Mach dir keine Sorgen, meine Liebe. Ich kümmere mich darum. Und vielleicht können wir ja wirklich zu ihm.“
Später am Tag erreichte sie die Nachricht, Drakon sei auf dem Wege der Besserung. Er habe sogar nach Theo gefragt und um seinen Besuch gebeten.
„Dann muss es ihm wirklich besser gehen“, scherzte Kerry erleichtert.
„Bestimmt“, pflichtete Theo ihr bei, aber insgeheim war er nicht ganz so zuversichtlich.
Mit undurchdringlicher Miene packte er seine Geschäftsunterlagen in den Aktenkoffer. Es machte ihm Sorgen, dass Kerry so an dem alten Mann hing. Im Gegensatz zu ihr glaubte er nicht an eine grundsätzliche Besserung von Drakons Zustand. Für ihn sah es eher danach aus, als wolle der Alte seine Angelegenheiten ordnen und schnell noch den Verkauf der Insel über die Bühne bringen, um seiner Tochter nicht die leidigen Transaktionen aufzuhalsen. Theo hatte es sehr eilig, nach Athen zu kommen.
„Warum erzählst du Drakon nicht einfach, warum du die Insel unbedingt haben willst?“, platzte Kerry unvermittelt heraus. „Ich bin mir sicher, dann würde er sie dir geben.“
„Das wird er so oder so“, wehrte Theo ab. Leise Ungeduld schwang in seiner Stimme mit. „Ich habe ihm schließlich das beste Angebot von allen unterbreitet.“
„Aber ihm geht es doch gar nicht um das Geld. Du hast selbst gesagt, ihm ginge es ausschließlich darum, was aus der Insel wird.“
„Ich glaube nicht, dass du kompetent genug bist, um mir geschäftliche Ratschläge zu erteilen. Wenn du meinst, plötzlich Fachfrau in Immobilienfragen zu sein, nur weil ich dich mit auf die Insel genommen habe, hast du dich getäuscht.“
Wütend blickte er Kerry an. Was glaubt sie eigentlich, wer sie ist, dachte er erbost. Wo ist nur das sanftmütige Wesen geblieben, das es niemals gewagt hätte, mir Vor schriften zu machen?
„Mir geht es lediglich um Drakon, bilde dir bloß nichts ein“, konterte Kerry schnippisch.
Woher dieser plötzliche Stimmungsumschwung rührte, verstand Kerry nicht. Von einer Sekunde auf die andere war aus dem liebevollen Theo ein eiskalter Geschäftsmann geworden. Zornig funkelte sie ihn an. Es war, als hätte er mit der Kleidung auch die Persönlichkeit gewechselt.
Überhaupt war es das erste Mal, dass sie Interesse für seine Geschäfte zeigte. Bei Geschäftsessen hatte sie ihn zwar öfter begleitet, den Gesprächen aber
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