Julia Extra Band 0309
auch so bleiben soll – und das hoffe ich um Lucas’ willen doch sehr –, dann halte dich in Zukunft aus Angelegenheiten heraus, die dich nichts angehen. Haben wir uns verstanden?“
„Du wagst es, mir zu drohen? Du kannst mir Lucas gar nicht wegnehmen!“, stieß Kerry mit zitternder Stimme hervor.
„Oh doch. Das kann ich. Und wenn du dich nicht an meine Wünsche hältst, verspreche ich dir … du wirst es bereuen.“
Damit machte er auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
10. KAPITEL
Die schwere Süße von Jasminblüten hing in der Luft. Kerry schob Lucas in seinem Buggy durch die belebten Straßen Athens. Sie waren in der Nähe des Kolonaki-Platzes mit seinen Szenecafés und Designerboutiquen, wo die wohlhabende Schicht der Stadt ein und aus ging.
Der für Athen so typische Duft beschwor in Kerry wieder die Tage herauf, als sie neu in der Stadt gewesen war. Damals, als Theo sie sozusagen im Sturm erobert und sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt hatte.
Damals gab es für sie nicht die leiseste Chance, ihm zu widerstehen. Theos Charme, sein gutes Aussehen und die Macht seiner Ausstrahlung – dagegen war sie nicht angekommen. Und sie hatte sich auch noch dazu beglückwünscht. Es war wie ein Märchen und sie unendlich glücklich. Aber jedes Märchen endet einmal – oft mit einem bösen Erwachen. Rückblickend betrachtet verdankte sie es nur ihrer Nachgiebigkeit, dass es zwischen ihnen so lange harmonisch verlaufen war. Schließlich hatte sie immer allem zugestimmt, was Theo wollte und nie eigene Wünsche geäußert.
Wenn Kerry jetzt darüber nachdachte, fiel ihr auf, wie unerfahren sie damals gewesen war. Die Beziehung hatte eigentlich nur auf oberflächlichen Vergnügungen beruht. Aber in ihrer Verliebtheit war sie froh und zufrieden, einfach in Theos Nähe zu sein.
Kerry wusste, dass manche Menschen ausschließlich in der Gegenwart, im Hier und Jetzt lebten. Sie machten sich keinerlei Sorgen um die Zukunft, aber ihr war das nicht vergönnt. Seit ihrer Kindheit sehnte sie sich nach der Sicherheit und Geborgenheit einer Familie, und sie würde dafür sorgen, dass ihr Kind das auch bekam. Allerdings kamen ihr allmählich Zweifel, ob sich das wirklich bewerkstelligen ließ. Theo hatte sich urplötz lich wieder völlig in sich zurückgezogen und verhielt sich kalt und abweisend.
Inzwischen waren sie nach Athen zurückgekehrt, und die Hochzeitsvorbereitungen liefen auf Hochtouren, auch wenn sie sich für eine Feier im engsten Familienkreis entschieden hatten. Theo beschränkte seine Kommunikation auf das Nötigste – meistens Dinge, die Lucas betrafen. Und dabei sehnte sie sich so nach einem richtigen Gespräch, nach einer Aussprache, die die angespannte Atmosphäre zwischen ihnen auflockern würde. Der letzte Streit war einfach zu schrecklich gewesen. Jedoch scheute Kerry sich auch, die Initiative zu ergreifen und ein klärendes Gespräch herbeizuführen.
Zumindest wusste sie jetzt, warum Theo nach Hallies Unfall so wütend auf sie gewesen war. Er war wirklich überzeugt gewesen, das Richtige für die Familie – die Familie, die ihm über alles ging – zu tun. Und ihre Intervention hatte alles vereitelt. Aber das ist noch lange kein Grund, mich zu behandeln, als hätte ich mich des Hochverrats schuldig gemacht, dachte sie trotzig.
Nie wäre sie darauf gekommen, dass Hallie Alkoholikerin war. Rückblickend musste sie zugeben, dass es Anzeichen dafür gegeben hatte. Allerdings hatte sie Hallie ausschließlich bei gesellschaftlichen Ereignissen getroffen, und da tranken viele einen über den Durst. Kerry wusste auch, dass Alkoholiker ihren Konsum oft sehr geschickt verheimlichten. Außerdem hatten Theo und Corban sie indirekt darin unterstützt, indem sie das Problem vertuschten. Hätten sie das nicht getan, wäre mir das doch nie passiert, grübelte Kerry.
Schweren Herzens kehrte sie zum Hotel zurück. Es tat ihr wirklich leid, was damals geschehen war, und auch über ihre eigene Rolle dabei war sie nicht glücklich. Aber mein Gott, sie hät ten mich einweihen können. Man muss doch Vertrauen zu den Menschen haben, die einem nahestehen. Wenn sie nicht bald mit Theo redete, wer weiß, was dann geschehen würde! Wie sollten sie zueinander finden? Wie sollten sie jemals eine Familie werden?
Der Lift brachte sie in die Luxussuite, und sie legte Lucas zum Mittagsschlaf in sein Bettchen.
„Schlaf gut, mein kleiner Engel“, flüsterte sie.
Als Lucas eingeschlafen war, ging sie hinaus auf die
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