Julia Extra Band 0309

nur mit halbem Ohr zugehört. Instinktiv wusste sie, dass sich Theo jeglichen Kommentar ihrerseits verbitten würde.
    Aber ich bin nicht mehr dieses unbedarfte, ängstliche Ding, dachte sie trotzig. Mutter zu sein, ändert alles. Und auch auf sich allein gestellt zu sein, allein für sich und ihr Kind sorgen zu müssen, hatte ihre Durchsetzungsfähigkeit gestärkt.
    Oder liegt es daran, wie Theo mich damals behandelt hat? Mich von einer Sekunde auf die andere auf die Straße zu setzen, als wäre ich ein altes Möbelstück, das keinerlei Beachtung und Respekt verdient.
    Wie auch immer, sie hatte jedenfalls keine Lust mehr, sich den Mund verbieten zu lassen.
    „Ein alter Mann liegt krank und hilflos in einem kalten, unpersönlichen Krankenhausbett, und du bist derjenige, in dessen Macht es liegt, ihm seine Sorgen zu nehmen“, fuhr sie Theo an.
    „Es spielt doch überhaupt keine Rolle, warum ich die Insel will.“
    „Mein Gott, versetz dich doch einmal in seine Lage. Er hat die letzten fünfundzwanzig Jahre seines Lebens damit zugebracht, die Insel zu dem zu machen, was sie heute ist. Wenn er wüsste, dass du sie für deine Tante haben willst, damit sie ihre alten Tage in ihrem geliebten Zuhause verbringen kann, dann … dann … es würde Drakon so viel bedeuten.“ Kerrys Stimme brach.
    „Auf die Art und Weise macht man keine Geschäfte. Da ist kein Raum für Rührseligkeiten. Da geht es um Zahlen, Zahlen und nochmals Zahlen. Geht das nicht in dein hübsches kleines Köpfchen?“
    „Du eitler, arroganter Fatzke! Als wenn das hier ein ganz normaler Deal für dich wäre! Dir geht es doch dabei gar nicht um Umsatz und Profit. Du hast mir doch selbst gesagt, es sei der letzte Wunsch deiner Mutter, dessen Erfüllung du ihr auf dem Sterbebett versprochen hast.“
    „Es ist nicht meine Art, die schmutzige Wäsche meiner Familie in aller Öffentlichkeit zu waschen. Ein Diakos tut so etwas nicht.“
    „Herrgott, du musst ihm ja nicht jedes Detail erzählen. Sag ihm einfach, du suchst einen ruhigen Zufluchtsort für deine Tante. Ein Paradies wie diese Insel, wo sie ungestört ihre letzten Jahre verbringen kann.“
    „Ich bereue bereits, dir jedes Detail erzählt zu haben.“ Wütend schloss Theo seine Aktentasche und eilte zur Tür. „Du, gerade du, solltest doch wissen, wie ich dazu stehe, nicht wahr, meine Liebe? Du hast doch selbst schmerzhaft erfahren, wie es ist, wenn man den Mund nicht halten kann.“
    Fassungslos sah Kerry ihm nach. In der Ferne war bereits das Knattern der Hubschrauberrotoren zu hören.
    „Ach, wie bei Hallie damals, nicht wahr?“, schrie sie ihm nach. „Hallie war das Problem, und das musste unauffällig beseitigt werden?“
    Abrupt blieb Theo stehen und wirbelte herum. „Das wäre wohl für alle Beteiligten am besten gewesen, oder? Wenn ich mich recht erinnere, hat deine Einmischung ja nur für zusätzliches Unglück gesorgt.“ Einen Moment sah er Kerry schweigend an, dann kam er zurück ins Zimmer und schloss die Tür.
    Was hat er vor? Der Hubschrauber wartet doch! Ängstlich wich sie zurück.
    „Hallie ist Alkoholikerin. Corban wollte sie in eine Klinik bringen … aber dank deiner Voreiligkeit ist sie betrunken Auto gefahren und hat einen Unfall verursacht. Mein Gott, was hätte ihr und Nicco alles passieren können! Ich mag gar nicht daran denken. Und als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, stand die halbe Stadt sozusagen drumherum und hat geglotzt. Den Rest konnte man dann in der Regenbogenpresse nachlesen. Aber natürlich nicht die Fakten. Nein, alles wurde aufgebauscht und verdreht! Es verkauft sich ja auch besser, wenn da steht, dass der eigene Vater sein Kind entführen will.“
    „Hast du deshalb Abstand davon genommen, deinen Plan auszuführen? Hallie Nicco wegzunehmen?“
    „Nein. Aber es war auch nicht mehr möglich, Hallie ohne großes Aufsehen diskret in einer Entzugsklinik unterzubringen, wohin sie eigentlich gehört hätte. Zu ihrem und zu Niccos Wohl. Der ganze Presserummel hat lediglich bewirkt, dass ihr Entzug viel länger gedauert hat. Außerdem wäre Corbans Ehe beinahe daran gescheitert – und das alles deinetwegen!“
    Sprachlos starrte Kerry Theo an. Stimmte das? War Hallie Al koholikerin? Wollten er und Corban ihr eigentlich nur helfen? Hatte sie völlig falsche Schlussfolgerungen gezogen … war sie wirklich allein schuld an dem ganzen Auf ruhr damals?
    „Weil du die Mutter meines Sohns bist, wirst du bald zu meiner Familie gehören. Aber wenn das