Julia Extra Band 0313
kleine Tochter auf den Armen zu halten. Die Liebe, die das Versprechen auf die Ewigkeit enthalten hatte, war viel zu früh geendet.
Eine Schulter berührte ihre, und irritiert drehte sie den Kopf. Miguel kniete neben ihr. „Du solltest nicht hier sein“, sagte er, die Stimme belegt vor Emotionen.
Allegras Herz zog sich zusammen. Nie hätte sie Tränen bei diesem starken Mann zu sehen erwartet, doch nun wurde sie eines Besseren belehrt. In seinen Augen stand eine Trauer, die ebenso stark war wie ihre. Seine Verletzlichkeit schmerzte sie selbst, und am liebsten wollte sie ihn in ihre Arme ziehen, ihn trösten und den unermesslichen Verlust gemeinsam mit ihm tragen.
„Ich kann mich nicht von ihr verabschieden“, sagte sie leise.
Lange schwieg er. „Die Maya glauben, dass sie nach dem Tod eine nächste, höhere Ebene erreichen“, meinte er dann. „Cristobel ist jetzt dort, aber sie hört uns und kann uns sehen.“
„Glaubst du auch daran?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, dass sie Frieden gefunden hat.“
Was niemand von ihnen beiden für sich selbst in Anspruch nehmen konnte.
„Komm jetzt. Der Sturm hat uns fast erreicht. Du kannst ein anderes Mal mit ihr reden.“
Energisch verdrängte er das lähmende Gefühl von Trauer. Zusammen mit Allegra am Grab ihrer Tochter zu stehen hatte Emotionen bloßgelegt, die er ihr nicht hatte zeigen wollen.
Der Sturm rüttelte an den Bäumen, riss Blätter ab und warf abgebrochene Äste zu Boden. Doch erst als eine Schindel vom Dach eines Schuppens durch die Luft flog, wurde Miguel klar, dass der Hurrikan schon viel näher war als vermutet.
Er griff Allegras Hand. „Wir müssen sofort Unterschlupf finden.“
Hastig rannten sie über den Rasen. Sie waren noch weit vom Haus entfernt, als der Regen jäh stärker wurde. Innerhalb von Sekunden waren sie bis auf die Haut durchnässt und mussten sich mit aller Kraft in den Wind lehnen, um vorwärts zu kommen. Miguel zog Allegra mit sich in das Badehaus und verriegelte die Tür hinter ihnen, damit der Wind sie nicht aus den Angeln reißen konnte.
Maldita sea ! Er musste verrückt sein! Gut möglich, dass sie hier für die nächsten Stunden festsaßen. Allein. Er saß also hier mit der Frau fest, die in ihm eine unbändige Leidenschaft entfesselte. Der Frau, die ihn noch sechs Monate nachdem sie ihn verlassen hatte, jede Nacht im Traum heimsuchte. Die Frau, die er mit jedem Atemzug, den er nahm, begehrte.
Er wollte sich in ihr verlieren und die Hitze und Leidenschaft aus der Anfangszeit ihrer Ehe wiederbeleben. Er wollte seine Frau zurück, zum Teufel mit der Rache! Doch das war der Wunsch eines Narren, und er war kein Narr.
Sie hatte ihn benutzt. Jetzt würde er sie benutzen.
„Wenn du, wie du sagst, sechs Monate enthaltsam gelebt hast, müssten deine Bedürfnisse inzwischen doch sehr angewachsen sein.“
Herausfordernd schaute Allegra ihn an. „Sind wir also wieder bei diesem Thema?“
„Es ist das Thema, das mich am meisten interessiert: Wann warst du das letzte Mal mit einem Mann zusammen?“
„Du weißt, wann.“
„Woher sollte ich wissen, wann du mit Riveras geschlafen hast?“
„Er hat mich niemals angerührt“, fauchte sie. „Du warst der letzte Mann, mit dem ich geschlafen habe, als ich im siebten Monat schwanger war.“
Und kaum eine Stunde später hatte er sie in Panik aufgelöst zum Arzt gefahren, weil sie dachten, die Wehen hätten zu früh eingesetzt. Miguel schwieg und zuckte nur mit einer Schulter. Es wäre unsinnig, jetzt zu einem Schlagabtausch mit Vorwürfen von Untreue anzusetzen. Dazu war es längst zu spät.
„Aber wenn wir schon unsere sexuellen Erfahrungen besprechen … Wann hast du denn das letzte Mal mit einer Frau geschlafen?“
Auf dem Weg zum Poolrand kämmte sie sich mit den Fingern das nasse Haar. Die Geste betonte ungewollt ihre festen Brüste unter der nassen Bluse.
„Ich bin nicht der Mann, der seine Eroberungen mit seiner Frau bespricht.“
„Nein, du bist der Mann, der gar nichts mit seiner Frau bespricht.“ Verbitterung klang in ihrer Stimme mit. „Du hast mich immer aus deinen Unternehmungen ausgeschlossen. Hältst du das mit allen deinen Frauen so?“
Die Anspielung, er würde sich einen Harem halten, gefiel ihm ganz und gar nicht. „Ich habe mehr als einmal betont, dass ich Geschäft und Privates nicht vermische.“
„Aber das Geschäft ist doch dein ganzes Leben.“
Darauf konnte er nichts erwidern, in gewisser Hinsicht stimmte es. Oder
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