Julia Extra Band 0313
Umgebung, um Kinder großzuziehen.
„Hier wohnt augenblicklich keine andere Frau … und hat auch noch nie eine andere gewohnt“, fügte er hinzu, als er ihren zweifelnden Blick bemerkte.
„Ist es hier immer so aufgeräumt und ordentlich?“ Nur sehr zögerlich betrat Luccy die makellose Küche, in der von den Bodenfliesen bis hin zu den Schrankoberflächen und den Anrichten aus grünem Marmor alles blitzblank spiegelte und nichts herumstand.
Sin, der die Teebeutel endlich gefunden hatte, blickte sich nachdenklich um. Tatsächlich betrat er die Küche nur selten, aber er verstand, was Luccy meinte. „Wieso? Magst du es nicht aufgeräumt und ordentlich?“
„Natürlich mag ich es aufgeräumt und ordentlich. Nur leider … bin ich das genaue Gegenteil.“
Suchte sie nach Gründen, warum sie beide zusammen nicht klarkommen würden? „Kein Problem.“ Seelenruhig nahm er eine Packung Müsli aus einem der Schränke und verteilte den Inhalt auf eine der Anrichten, bevor er eine Packung Milch aus dem Kühlschrank holte, um sie, ohne mit der Wimper zu zucken, darüberzugießen. „Ich kann auch noch ein oder zwei Eier auf den Boden fallen lassen, wenn du dich dann wohler fühlst?“, schlug er ironisch vor.
„Ich habe gesagt, dass ich unordentlich bin, aber nicht schlampig!“ Kopfschüttelnd nahm Luccy ein Putztuch von der Spüle und wischte die Schweinerei wieder weg.
„Soll ich dir mein Arbeitszimmer zeigen?“, schlug Sin vor.
Misstrauisch drehte sie sich zu ihm um. „Ist das vielleicht ein unsittlicher Antrag? So in der Art: Soll ich dir meine Briefmarkensammlung zeigen?“
In diesem Moment begann Sin, der sich längst damit abgefunden hatte, wie sehr er sich körperlich zu Luccy hingezogen fühlte, zu ahnen, dass es auch sehr vergnüglich sein würde, mit ihr unter einem Dach zu leben. Bislang jedenfalls hatte er sich in ihrer Gesellschaft keine Sekunde gelangweilt. „Und wenn es ein unsittlicher Antrag wäre?“
„Dann würde ich antworten, ich hätte längst alles gesehen!“
Ihr pikierter Tom amüsierte ihn. „Und du wirst es ganz sicher wieder sehen.“
„Meinst du?“, erwiderte sie trotzig.
„Ich hoffe es jedenfalls sehr“, bekräftigte er. „Aber meine Einladung, dir mein Arbeitszimmer zu zeigen, geschah ganz ohne Hintergedanken.“ Bevor sie erneut etwas einwenden konnte, fügte er hinzu: „Komm einfach, und sieh es dir an, ja?“ Ohne viel Federlesen nahm er sie beim Arm und führte sie aus der Küche in den hinteren Teil des Hauses, wo er eine Zimmertür öffnete.
Wenn die Küche völlig unberührt, ja, unbenutzt wirkte, dann bot dieser Raum ein Bild des Chaos! Auf dem riesigen massiven Eichenschreibtisch türmten sich Papiere und Akten, zwischen denen Luccy mehrere halb leergetrunkene Kaffeebecher entdeckte. Der Papierkorb neben den Schreibtisch quoll über, und an den Aktenschränken entlang der einen Wand standen verschiedene Schubladen offen.
„Was für eine Unordnung!“, rief sie überrascht aus.
Er lächelte. „Freut mich, dass es dir gefällt. Wallace hat die strikte Anweisung, in diesem Raum nichts anzurühren.“
„Und wer ist Wallace?“, erkundigte sie sich neugierig.
„Wallace ist mein … ah, da ist er ja persönlich!“ Sin wandte sich einem älteren Herrn zu, der, bekleidet mit einer schwarzen Hose, einer schwarzen Weste über einem weißen Hemd und einer sorgfältig gebundenen grauen Fliege, den Flur entlang auf sie zukam.
„Sie waren schon wieder in der Küche, Master Sin“, bemerkte er tadelnd – und so unverkennbar britisch, dass Luccy es nicht glauben wollte.
„Wallace, kommen Sie und begrüßen Sie Luccy HarperO’Neill“, erwiderte Sin gänzlich unbeeindruckt, aber unüberhörbar herzlich. „Luccy, darf ich dir Wallace vorstellen?“
„Mr. Wallace.“ Sie schüttelte dem älteren Mann die Hand, dessen offenen Blick und freundliches Gesicht sie auf Anhieb sympathisch fand.
„Er besteht darauf, nur mit Wallace angesprochen zu werden“, warf Sin ein. „Angeblich kommt einem Butler in einem englischen Haushalt die Anrede ‚Mr.‘ nicht zu“, fügte er augenzwinkernd hinzu.
Luccy machte große Augen. „Sie sind Butler?“
„Ich betrachte mich eher als Kindermädchen, Miss HarperO’Neill“, erwiderte Wallace trocken. „Master Sin mag ja fähig sein, ein Firmenimperium souverän zu führen, aber ohne meine Gegenwart hier würde er vermutlich morgens nicht einmal ein sauberes Hemd finden, geschweige denn, sich ernähren
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