Julia Extra Band 0313
verleiten zu lassen, bevor sie überhaupt angefangen hatten. Deshalb hielt er es für klüger einzulenken. „Wenn du darauf bestehst, werde ich dich eben begleiten und dir deine Ausrüstung tragen.“
Sie seufzte frustriert. „Sin, ich glaube, du nimmst das, was ich sage, nicht ernst.“
„Aber natürlich.“ Er lächelte. „Ist dein Gepäck unten in deiner Suite?“
„Woher weißt du … Wie lange weißt du schon, dass ich in diesem Hotel wohne?“
„Ich habe mich darum gekümmert, sobald mir klar war, dass ich mich nicht darauf verlassen konnte, dass du unsere Verabredung zum Mittagessen auch einhältst“, erwiderte er. „Die Rezeption hatte strikte Anweisung, mich sofort zu informieren, solltest du auschecken.“
Sie hätte es wissen müssen. Er was eben ein Sinclair, und das verdammte Hotel gehörte ihm!
„Also, dein Gepäck, Luccy?“
„Natürlich ist es noch in meinem Zimmer, fertig für meine Abreise. Aber … wohin gehen wir?“, erkundigte sie sich argwöhnisch, als er ihr die Tür zum Flur aufhielt.
„Zuerst holen wir dein Gepäck, und dann fahren wir nach Hause.“
„Nach Hause?“, wiederholte sie erstaunt. „Zu dir nach Hause?“
„Ja, natürlich, zu mir.“
„Aber ich dachte, du … würdest hier wohnen.“
„In einem Hotel?“ Sin hob die Brauen. „Wohl kaum.“
„Du lebst doch nicht im Haus deines Großvaters, oder?“ Die unerwartete Schwangerschaft hatte Luccy schon ein wenig Angst gemacht. Plötzlich schien die Zukunft voller Fragen. Aber dass Sin nun einfach alles in die Hand nahm, gefiel ihr noch weniger. Und ganz bestimmt hatte sie nicht vor, bei seinem Großvater zu wohnen!
„He, ich bin fünfunddreißig, Luccy, und nicht fünf. Schon seit gut fünfzehn Jahren habe ich ein eigenes Haus.“
So erlaubte sie, dass er ihr Gepäck aus dem Hotelzimmer holte und den einen Koffer mit ihrer Kleidung und den anderen mit ihrer wertvollen Kameraausrüstung zum Lift trug – obwohl sie sich nicht wohl dabei fühlte. Aber sie war auch nicht bereit, ihr kostbares Werkzeug aus den Augen zu lassen.
„Es ist wirklich unglaublich“, beschwerte sie sich, als sie zusammen im Aufzug nach unten fuhren. „Du kannst doch nicht einfach einen Menschen gegen seinen Willen kidnappen!“
„Ich kidnappe nicht dich – sondern lediglich deine Kamera“, erwiderte er neckend.
„Ich könnte immer noch die Polizei rufen“, warnte sie ihn.
„Und was willst du sagen? Dass ich deine Kameras gestohlen habe? Das werden die sicher sofort glauben!“
Selbstverständlich würde die Polizei nicht glauben, dass Jacob Sinclair III. ihre Ausrüstung gestohlen hätte. Sin war reich genug, um sich Tausende solcher Kameras zu kaufen. Genauso wenig würde man ihr abnehmen, dass er sie gekidnappt hätte.
Ihre Lage war wirklich unglaublich. Und, wie Luccy zu spät erkannte, in dem Moment unweigerlich vorherbestimmt gewesen, als Sin erkannt hatte, dass sie ein Kind von ihm erwartete.
„Ich weiß, dass wir noch irgendwo Teebeutel haben“, brummelte Sin mit dem Kopf in einem der Küchenschränke.
Penibel saubere und ordentliche Küchenschränke in einer penibel sauberen und ordentlichen Küche. Überhaupt war das ganze Haus so aufgeräumt und sauber, dass Luccy sich fast versucht fühlte, in der Diele die Schuhe auszuziehen.
Zu ihrer Überraschung hatte Sin sie nicht zu einem luxuriösen Penthouse in Manhattan gefahren, sondern seinen schnittigen ausländischen Sportwagen ganz aus New York herausgelenkt. Schließlich hielt er in einem ländlichen Vorstadtbezirk vor einer großen, einstöckigen Villa im Ranchhouse-Stil, die hinter hohen Sicherheitszäunen inmitten einer ausgedehnten Park-und Waldlandschaft lag. Das Innere des Hauses wartete mit weiteren Überraschungen auf. Allein die Eingangshalle war groß genug, um Luccys ganze Londoner Wohnung aufzunehmen.
Cremefarbene Marmorböden und gemütliche Polstermöbel ließen das Haus hell und freundlich wirken. Die Gemälde an den Wänden waren zweifellos Originale – einschließlich eines echten Monets. Die Küche selbst schien geradewegs einem Hochglanzmagazin entsprungen mit ihrem grün und cremeweiß gefliesten Boden, den cremefarbenen Einbauschränken und supermodernen Geräten, ganz zu schweigen von einem riesigen Panoramafenster mit Blick auf den Park.
Zögernd blieb Luccy auf der Schwelle stehen. „Wohnst du hier allein?“ Es war wirklich ein riesiges Haus für einen allein. Natürlich ideal für eine Familie – genau die richtige
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