Julia Extra Band 0315
Kane, der Paul spielt.“ Pastor Weatherly lächelte verschmitzt. „Dass ich heute Abend aus Versehen Sie beide traue, möchten Sie wohl nicht?“
„Nein“, riefen Susannah und Kane gleichzeitig.
Der Pfarrer lachte. „Trotzdem müssen Sie sich einander zuwenden.“
Im selben Moment wie Kane drehte sich Susannah um. Sofort war sie sich seiner Anziehungskraft heftig bewusst. Wäre es so schlimm, wenn sie beide versehentlich getraut würden?
Natürlich. Sie wollte noch nicht heiraten. Erst wollte sie die Welt sehen.
Aber sie hatte Kane wirklich gern. Und er hatte etwas an sich, das sich flüchtig offenbarte, als er ihr ein bisschen von sich erzählt hatte: Er war verwundbar. Und sie wollte mehr darüber erfahren. Obwohl sie doch genau wusste, dass sie sich auf ihre Ziele konzentrieren sollte und darauf, dass er fortgehen würde. Sie durfte sich nicht noch mehr Fesseln anlegen. Davon gab es in ihrem Leben schon genug …
Nur dass sie diesen Entschluss immer wieder aus den Augen verlor.
„Zuerst stelle ich Ihnen beiden die gleiche Frage, und Sie antworten mit ‚Ich will‘.“ Pastor Weatherly öffnete das Gebetbuch, das er in der Hand hielt. „Susannah, willst du mit diesem Mann die Ehe eingehen, ihn lieben und achten, in guten wie in bösen Zeiten und ihm die Treue halten bis ans Ende eurer Tage?“
Mühsam holte Susannah Luft. Das waren mächtige Worte. Bleibende Worte.
Aber es war alles nur Theater. Nicht ihre Hochzeit. „Ich will.“
„Kane, willst du mit dieser Frau …“
„Er will“, unterbrach Susannah den Pfarrer. „Sie wissen, dass Paul Ja sagen wird.“
„Sicher. Also weiter. Als Nächstes wende ich mich an die Gemeinde. Dann lesen wir einen Psalm, sprechen ein Gebet und lesen zwei Bibelstellen. Danach kommen wir zu dem Teil, der Sie beide wirklich aneinander bindet.“ Pastor Weatherly schmunzelte. „Kane, nehmen Sie Susannahs Hand und sprechen Sie mir nach.“
Kane nickte und ergriff ihre Hand. Bei der Berührung durchfuhr sie ein kleiner Stromschlag, den Susannah nicht ignorieren und nicht dem Theater zuschreiben konnte.
„Im Namen Gottes nehme ich, Kane, dich, Susannah, zu meiner Frau …“
Ihre Blicke begegneten sich. Sie verlor die Nerven und wäre aus der Kirche gelaufen, wenn er nicht ihre Hand gehalten hätte.
„Im Namen Gottes nehme ich, Kane, dich, Susannah, zu meiner Frau“, sagte er sanft, fast zärtlich.
„Um dich zu besitzen, in Freud und Leid, in guten wie in schlechten Tagen …“
Sein Griff wurde fester. Weil auch Kane davonlaufen wollte? Weil er spürte, wie sie bebte?
„Um dich zu besitzen, in Freud und Leid, in guten wie in schlechten Tagen …“
„Um dich zu lieben und zu achten, bis dass der Tod uns scheide. Dies ist mein feierliches Versprechen.“
Kane sah sie unverwandt an. Die Welt um sie herum verblasste. Es gab nur noch sie beide vor dem Altar. „Um dich zu lieben und zu achten, bis dass der Tod uns scheide. Dies ist mein feierliches Versprechen“, wiederholte Kane langsam und ruhig.
In der Kirche war es still geworden, als würde jeder den Atem anhalten. Susannahs Herz öffnete sich Kanes Lächeln, den Worten, die er gerade gesagt hatte.
Wie lange hatte sie darauf gewartet, genau diese Worte zu hören? Sich nach dem Leben gesehnt, auf das sie nach dem Tod ihrer Eltern verzichtet hatte, damit sie Jackie großziehen konnte?
Und hier in der Kirche hatte sich Susannah in dem Märchen verstrickt. Sie hatte gehört, wie ein Traummann ihr ewige Liebe gelobte. Obwohl er nur Theater spielte, hielt Susannah noch einen Moment lang an der Fantasie fest.
Kane, der versprach, sie für immer zu lieben.
„Jetzt sind Sie an der Reihe, Susannah. Im Namen Gottes, nehme ich, Susannah, dich, Kane, zu meinem Mann …“, begann Pastor Weatherly.
Kane. Ihr Mann. Eine Welle von Angst überflutete ihre Sinne, und plötzlich konnte Susannah nicht mehr atmen.
„Ich … ich kann das nicht.“ Sie wand sich aus seinem Griff. „Tut mir leid.“
Sie lief aus der Kirche und hörte nicht auf zu rennen, bis sie eine freie Grasfläche erreichte.
Freiheit. Nur danach hatte sie sich jahrelang gesehnt, und die zu verlieren wollte sie nicht riskieren. Nicht einmal nur zum Schein.
10. KAPITEL
Was, um Himmels willen, war das denn gewesen?
Hatte er gerade geheiratet?
Einen Moment lang hatte sich Kane von der Situation mitreißen lassen und tatsächlich geglaubt, Susannah und er würden heiraten. Und das Verrückte daran war …
Dass er überhaupt nichts
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