Julia Extra Band 0315
verabrede mich weder mit unschuldigen Mädchen noch mit verheirateten Frauen. Meine Begleiterinnen sind sich von vornherein über die Vergänglichkeit unserer Liaison bewusst.“
„Wie auch der Rest der Welt.“
Bei diesem Satz zuckte Amir leicht zusammen. „Und?“
„Dein Lebensstil wirft ein schlechtes Licht auf unsere Familie und unser Volk.“
„An meinem Lebensstil ist nichts verkehrt.“
„Unser Vater ist anderer Ansicht.“
„Was erwartet er denn von mir? Soll ich etwa enthaltsam leben?“
„Nein.“ Ganz kurz blitzte so etwas wie Mitleid in Zahirs Augen auf. „Der König hat entschieden, dass du heiraten wirst.“
Der König? Also war es ein königlicher Erlass. „Und hat er etwa auch schon meine zukünftige Frau ausgewählt?“, fragte Amir fassungslos.
Zumindest besaß Zahir so viel Anstand, bekümmert auszusehen. „Ja.“
„Das ist doch vollkommen mittelalterlich!“, rief Amir.
Da war wieder das Aufflackern von Mitleid, doch dann verhärtete sich die Miene seines Bruders. „Willst du dich etwa gegen eine königliche Order stellen?“
Ein ungutes Prickeln kroch Amir über den Rücken. Sein Vater pochte fast nie auf den königlichen Status. Wenn er es tat, dann nur, damit seine Familie wusste, dass er seine Meinung nicht mehr ändern würde. Dem Vater den Gehorsam zu verweigern, konnte Amir teuer zu stehen kommen. In dem Fall sollte er sich am besten gleich nach einem neuen Job umsehen, nach einem, bei dem er den Titel Prinz vergessen konnte.
Aber er war dazu erzogen worden, seine Pflicht zu erfüllen. Es käme ihm nie in den Sinn, seinem Vater den Gehorsam zu verweigern. Es sei denn, er würde mit der Order nicht leben können. Und mit dieser Order konnte er leben.
„Nun gut, ich werde die Prinzessin heiraten. Ich nehme doch an, er hat eine Prinzessin ausgewählt?“
„Ja.“
„Und wer ist die Auserwählte?“
„Prinzessin Lina bin Fahd al Marwan.“ Zahir legte eine dünne Aktenmappe auf den Schreibtisch. Sie enthielt eine kurze Biografie und ein Foto der Prinzessin. Die Prinzessin war eine schöne Frau. Vielleicht würde es gar nicht so schlimm werden. Amir hatte nie vorgehabt, aus Liebe zu heiraten, und wenn er ehrlich war, langweilten ihn die vielen kurzfristigen Beziehungen inzwischen. Natürlich hatte er noch nicht an eine Heirat gedacht, aber er war auch nicht unbedingt dagegen. Außerdem hatte er eigene Gründe, aus denen er sich eine langfristigere Ablenkung als Tisa und all die anderen wünschte.
„Also, wann findet die Hochzeit statt?“, fragte er.
1. KAPITEL
„Was hast du gesagt?“ Grace fühlte sich, als hätte sie einen Schlag ins Gesicht erhalten, dabei hatte sie nur einen Auftrag von Amir bekommen.
„Ich möchte, dass du eine Ehefrau für mich findest.“
Sie schloss die Augen, öffnete sie wieder. Doch der Mann stand immer noch da: ihr umwerfender, sexy, der einzige-Mann-auf-der-Welt-für-sie Boss. Eine Sekunde lang hatte sie gehofft, sie hätte sich alles nur eingebildet.
Reichte es denn nicht, dass er ihr vor sechs Wochen eröffnet hatte, dass er irgendeine Prinzessin aus einem benachbarten Scheichtum heiraten würde, weil sein Vater es so wollte? Ihr Herz hatte sich bei dieser Nachricht schmerzhaft zusammengezogen.
Als bekannt wurde, dass Prinzessin Lina mit einer alten Flamme durchgebrannt war und somit den Vertrag der beiden mächtigen Scheiche zunichte gemacht hatte, war Grace unendlich erleichtert gewesen.
Doch nun wollte Amir, dass sie eine Ehefrau für ihn suchte? Warum stieß er ihr nicht gleich ein Messer ins Herz? Viel schlimmer konnte es nicht mehr kommen.
Nun, vielleicht doch, aber selbst schlichte Assistentinnen hatten ein Anrecht auf ein wenig Drama.
„Aber wieso?“ Er war doch immer zufrieden gewesen mit seinen kurzlebigen Affären, warum jetzt auf einmal eine Ehe?
Wirklich geliebt hatte er seine Gespielinnen nie. Soweit Grace wusste – und sie kannte ihn besser als jeder andere, seine Familie eingeschlossen –, hatte Amir sich nur einmal in seinem Leben verliebt, mit achtzehn Jahren. Natürlich gab er heute nicht zu, dass es damals Liebe gewesen war. Aber Grace erkannte die Zeichen tiefer, wahrer Liebe. Schließlich lebte sie selbst jeden Tag damit.
Amir hatte seine Yasmine so sehr geliebt, dass er ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte. Drei Monate waren sie verlobt gewesen. Die Hochzeit sollte einen Monat später stattfinden, als Yasmine bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Grace war der festen Überzeugung, dass
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