Julia Extra Band 0315
der Verlust seiner ersten Liebe Amir stärker erschüttert hatte, als er es je zugeben würde, weder sich selbst noch seiner Familie gegenüber.
„Mein Vater wünscht, dass ich solide werde.“ Amir zuckte mit den Schultern.
Wie konnte er nur so gleichgültig sein? Wusste er denn nicht, dass er ihr Herz in tausend Fetzen zerriss, die nie wieder zusammenwachsen würden? Nein, natürlich wusste er es nicht. Aber entschuldigte ihn das? Das blieb noch zu entscheiden, genau wie der Punkt, welchen Schmerz er ihr regelmäßig mit seinen kleinen Affären zufügte.
„Aber er hat doch nichts von einer anderen Frau für dich gesagt, oder?“, hielt sie mit unwiderlegbarer Logik dagegen.
„Nein.“
„Also …“
„Ich warte nicht darauf, bis er etwas sagt. Wenn du Kandidatinnen für mich findest, dann habe ich zumindest eine Auswahl und heirate, weil ich es will, nicht er.“
Natürlich, warum hatte sie das nicht bedacht? Amir war viel zu stolz, um sich eine Ehefrau vorsetzen zu lassen und sich in sein Schicksal zu fügen. Jetzt, da man ihm unerwartet eine Atempause gewährte, wollte er seinem Vater zuvorkommen, um die Kontrolle zu behalten. Auch wenn Grace den Gedankengang verstand – das konnte er nicht von ihr verlangen.
„Nein.“
Wie weit er die dunklen Augen aufriss, fand sie beinahe komisch. „Was meinst du damit – nein?“ Sein Schock über ihre offene Verweigerung stand wie eine physische Präsenz im Raum.
„Ich meine, wenn du unbedingt eine Ehefrau finden willst“, ihre Stimme klang sehr fest und sehr entschieden, „dann wirst du das allein erledigen müssen.“
„Sei nicht albern. Ich kann eine solche Wahl unmöglich ohne deine Mithilfe treffen.“
Seine Worte trafen ihr Herz wie kleine Dolche, dabei sollten sie wohl eine Art Kompliment sein. „Ich bin keineswegs albern. Ich bin deine persönliche Assistentin, keine Kupplerin. Davon, dass ich Ehefrauen für dich besorgen muss, steht nichts in meiner Arbeitsplatzbeschreibung.“
„Richtig. Dein Titel lautet persönliche Assistentin, nicht Verwaltungsassistentin . Weil du mir in mehr Dingen als nur in geschäftlichen Angelegenheiten hilfst.“
„Eine Ehefrau auszusuchen, ist zu persönlich.“
„Nein, ist es nicht. Du suchst doch auch Geschenke für meine weibliche Begleitung aus. Wo ist da der Unterschied?“
„Wie kannst du so etwas nur fragen?“ Sie liebte diesen Mann mehr als ihr eigenes Leben, aber manchmal war er so begriffsstutzig, dass sie sich fragte, ob sein berüchtigter IQ wirklich so hoch war, wie man ihm nachsagte.
Amir verschränkte die Arme vor der Brust und setzte sich auf die Kante ihres Schreibtischs – ein eindeutiges Zeichen, dass er sich auf Belagerung einstellte. „Wir drehen uns hier im Kreis. Ich brauche deine Hilfe, Grace.“
„Kommt nicht infrage. Ich tue es nicht.“ Ihn zu lieben und zu wissen, dass ihre Liebe niemals eine Chance hätte, war schwer genug zu ertragen. Was er jetzt von ihr verlangte, war einfach zu viel.
„Komm schon, Grace, lass mich nicht hängen. Es soll auch nicht zu deinem Schaden sein.“
Als ob sie einen Bonus brauchte für etwas, das sie nicht tun wollte!
„Nein.“
Als das Telefon klingelte, griff Grace danach wie eine Ertrinkende nach dem Rettungsring. Amir stieß sich von ihrem Schreibtisch ab und ging. Doch der Blick, den er ihr über die Schulter zurück zuwarf, war eindeutig: für ihn war das Thema keineswegs beendet.
Unruhig ging Amir in seinem Büro auf und ab. Was war nur mit Grace los? Seit die Heiratsorder seines Vaters in der Luft hing, benahm sie sich seltsam.
Zuerst hatte er gedacht, sie mache sich Sorgen um ihre Stellung. Darum hatte er ihr versichert, dass ihr Job absolut sicher sei. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie er ohne seine umsichtige und effiziente Assistentin funktionieren sollte. In den letzten Wochen hatte sich die Situation ein wenig entspannt – seit die Heiratsvereinbarung mit Prinzessin Lina geplatzt war.
Warum Grace sich so vehement dagegen wehrte, eine Ehefrau für ihn zu finden, verstand er beim besten Willen nicht. Schließlich hielt sie von seinem Lebensstil ebenso wenig wie sein Vater. Man sollte doch annehmen, dass sie sich freuen würde, bei der Auswahl seiner Ehefrau ein Wörtchen mitreden zu dürfen. Schließlich müsste sie in Zukunft mit seiner Ehefrau zurechtkommen, wegen der Terminplanung und all den anderen Arrangements. Und sie musste doch wissen, dass er diese Wahl weder allein treffen wollte noch konnte.
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