Julia Extra Band 0316
besser eignen, weil sie schließlich eine alte Bekannte Camerons sei.
Im selben Raum zu lesen, während der Rest der jeweiligen Familie sich bei albernen Spielen blamierte, machte zwei Menschen noch nicht zu Bekannten, hatte Alice eingewendet. Vergebens. Die Aufgabe war an ihr hängen geblieben.
Inzwischen hatte Jennie ihrem Stiefbruder die Idee offensichtlich schon erläutert, und ausgerechnet sie, Alice Morton, musste ihn nun dazu bringen, den Plan zu akzeptieren!
Dabei wusste sie nicht einmal, was Camerons Firma eigentlich produzierte. Überhaupt war das ganze Partyprojekt noch ziemlich unausgereift. Bisher hatten sie, Jennie und Coreen lediglich bei einigen Drinks darüber geredet, wie man die Eröffnung von Camerons neuen Firmensitz unvergesslich gestalten könnte.
Dass sie sich mit wohlklingendem, aber letztlich leerem Gerede jetzt nicht aus der Affäre ziehen konnte, war Alice völlig klar. Zum einen beherrschte sie diesen Ton nicht, und zum anderen war Cameron, so wie sie sich an ihn erinnerte, viel zu scharfsinnig, um auf hohle Worte hereinzufallen.
„Jennie sagte mir nur, dass deine Firma mit Computern zu tun hat“, begann Alice schließlich, um wenigstens die Grundvoraussetzungen zu klären. „Was genau machst du denn?“
„Wie typisch für meine liebe Stiefschwester, so unbestimmt zu bleiben! Normalerweise ist sie ja sehr effizient, aber in letzter Zeit war sie häufig irgendwie geistesabwesend. Um deine Frage zu beantworten, Alice: meine Firma produziert Software.“
„Ach so!“ Dass sie beide im gleichen Bereich beschäftigt waren, empfand sie als gute Gesprächsbasis. „Und läuft es halbwegs? Ich weiß aus Erfahrung, wie schwierig es sein kann, in dieser Branche Fuß zu fassen.“
„Ja, ich würde sagen, ich komme über die Runden“, antwortete Cameron.
Diesmal hatte sie ganz klar den Eindruck, er würde lächeln.
„Wie schön für dich“, meinte Alice und hoffte sofort, es klang nicht herablassend. „Was hat Jennie dir bisher genau berichtet?“, fragte sie dann und ging in die Küche, um sich hinzusetzen, da das Gespräch sicher eine ganze Weile dauern würde.
„Nicht viel. Ich weiß überhaupt nicht, was in letzter Zeit in sie gefahren ist. Sie verschwindet manchmal stundenlang und gibt sich überhaupt so geheimnisvoll. Und wenn ich frage, weicht sie aus.“ Cameron seufzte leise. „Ich weiß momentan einfach nicht, woran ich mit ihr bin.“
Alice lächelte mitfühlend, weil sie aus Erfahrung wusste, wie entnervend Geschwister sein konnten.
„Sie hat mich angerufen und mir wegen eines Balls und Jazzbands in den Ohren gelegen“, berichtete Cameron weiter. „Außerdem hat sie mir für den Eröffnungsabend einen atemberaubenden Höhepunkt versprochen“, fügte er trocken hinzu. „Und der hat, soviel ich verstanden habe, mit dir zu tun. Jennie behauptet, du wärst mittlerweile eine absolute Modeexpertin.“
Beinah hätte Alice laut gelacht, und beinah wollte sie widersprechen, wenn ihr nicht rechtzeitig eingefallen wäre, dass Coreen ihr das verübelt hätte. Hier ging es schließlich darum, dass sie möglichst bald ins Geschäft kommen wollten. Und zwar richtig.
Der Plan, den Jennie ausgeheckt hatte, würde unbezahlbare Werbung für das zukünftige „Couture Cabinett“ bedeuten. Das durfte Alice nicht verderben, indem sie sich als Neuling auf dem Modesektor zu erkennen gab.
„Jetzt weiß ich, was du damit meintest, dass Jennie ein wenig unbestimmt betreffend der Einzelheiten bleibt“, begann Alice und informierte ihn dann kurz und bündig über Vergangenheit und erhoffte Zukunft von „Coreens Couture Cabinett“.
„Ich hätte nie gedacht, dass du dir einen Beruf aus der Modewelt auswählen würdest“, kommentierte Cameron, als sie fertig war. Er klang ziemlich erstaunt.
Beinah hätte sie ihm erzählt, was sie wirklich machte, überlegte es sich aber anders. Ihn überrascht zu haben, gefiel ihr. Den Eindruck wollte sie nicht so schnell wieder verderben.
„Also, wenn man etwas wirklich liebt, sollte man es tun, egal, wie viel es einen kostet“, meinte sie etwas hochtrabend und fand, das wäre ein gutes Motto für ihr künftiges Leben.
„Genau das meine ich auch“, bekräftigte Cameron.
Einen Sekundenbruchteil lang spürte Alice eine innere Verbindung mit ihm. Als würden sie auf genau derselben Wellenlänge liegen. Das Gefühl war so intensiv, dass sie sich fragte, ob er ähnlich empfand.
Damals am Weihnachtsabend war es ähnlich gewesen. Obwohl sie
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