Julia Extra Band 0319
langsam und zärtlich und leidenschaftlich, so wie es schon gestern Abend hätte passieren sollen.
Natürlich würde das nicht geschehen, er war ja nicht mehr da. Nicht einmal eine Notiz hatte er hinterlassen.
Eine Illusion, so wie der gesamte gestrige Abend nur eine Illusion gewesen war. Märchen hatten nichts mit der Wirklichkeit zu tun, sie waren nichts anderes als Lügen, die sich den Anschein von Gutenachtgeschichten gaben. Sie war eine Närrin, dass sie sich erlaubt hatte, auch nur einen Moment lang daran zu glauben. An ihn zu glauben.
Noch immer eingewickelt in das Laken, ließ Abby sich mutlos auf die Bettkante sinken. Verzweiflung kroch ihren Rücken hinauf und wollte mit eiskalten Fingern nach ihrem Herzen greifen. Nein, sie würde nicht zusammenbrechen. Nicht hier, nicht jetzt. Er war gegangen, und das musste sie akzeptieren.
Sie musste hier raus.
Auf dem Boden lag noch immer ihr Abendkleid. Etwas anderes hatte sie nicht anzuziehen. Der Gedanke, in dem Kleid durch die Hotellobby laufen zu müssen, vorbei an den neugierigen Blicken, jagte eine neue Welle der Scham durch sie hindurch.
Wie hatte er ihr das antun können? Nach allem, was sie zusammen erlebt hatten! Doch was hatten sie denn zusammen erlebt? Nichts! Ihr Körper hatte vor Verlangen nach ihm geschmerzt, und er war einfach gegangen!
Die Bilder stürzten auf sie ein. Seine Hände auf ihr, sein Mund, überall … Sie unterdrückte ein Schluchzen. Nein, daran würde sie nicht denken! Sie durfte es nicht, wenn sie aus diesem Hotel herauswollte. Ihr Vater wartete auf sie. Er musste sich Sorgen machen und würde wütend Erklärungen von ihr verlangen.
Was hatte sie nur getan?! Gestern Abend war sie nicht in der Lage gewesen, an die Konsequenzen auch nur zu denken, da hatte sie nur gewollt . Luc gewollt. Wünschte sich doch so sehr, dass der Abend mit ihm nie zu Ende gehen sollte.
Doch er war schon vor Stunden zu Ende gegangen, und sie hatte nicht einmal etwas davon bemerkt.
Mit zitternden Händen zog Abby sich an. Das Kleid hing zerknittert an ihr herab, sprach Bände, wie sie ihre Nacht verbracht hatte. Sie schlüpfte in ihren alten Mantel und stieg in die Pumps. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr ein blasses Gesicht, hager und angespannt durch die Erkenntnis am Morgen danach.
Abby hörte die Lifttüren gehen und wusste, das Zimmermädchen war zurückgekehrt. Sie atmete tief durch und rauschte mit hoch erhobenem Kopf durch die Schlafzimmertür.
„ Excusez-moi, mademoiselle “, murmelte das Mädchen. „Der Gentleman ist bereits in der Nacht abgereist. Ich wusste nicht, dass er einen Gast mitgebracht hatte.“
„Nun, ich gehe jetzt auch“, sagte Abby kalt, denn ihr Stolz war alles, was sie noch hatte. Sie schenkte dem Mädchen keinen einzigen Blick, wollte deren Häme oder Mitleid nicht sehen. Erst im Aufzug verließ die Haltung sie. Kraftlos sackte sie gegen die Aufzugswand, das Elend wollte sie aufschreien und in Tränen ausbrechen lassen.
Irgendwie schaffte sie es dennoch, sich aufrecht zu halten. Mit geradem Rücken und gereckten Schultern durchquerte Abby die opulente Hotellobby, ohne nach rechts oder links zu sehen. Doch sie hörte das raunende Getuschel und wusste, sie war erkannt worden.
Draußen auf der Straße kühlte die Morgenluft ihre brennenden Wangen. Sie winkte ein Taxi heran und ließ sich erleichtert auf den Rücksitz fallen, als es nur Sekunden später auch schon am Straßenrand anhielt.
Sie musste während der Fahrt mit ihren Gedanken weit weg gewesen sein, denn plötzlich wurde die Tür neben ihr aufgerissen.
„Wo warst du die ganze Nacht?“, drang die Stimme ihres Vaters erbost zischelnd an ihr Ohr.
Abby bezahlte den Fahrer und stieg aus. „Ich war aus“, antwortete sie tonlos. „Bitte, Dad, lass uns hier auf der Straße keine Szene machen.“
Andrew Summers nickte verbissen, und Abby folgte ihm hinauf in die Suite. In dem kleinen Salon blieb sie stehen, drückte ihren alten Mantel vor der Brust an sich und sah erstaunt zu, wie ihr Vater eine der kleinen Whiskeyflaschen aus der Minibar nahm, die Flasche aufdrehte und den Inhalt in einem Schluck hinunterstürzte. Nie hatte sie ihn mehr als ein Glas Wein zum Dinner trinken sehen.
„Den ganzen Morgen haben die Reporter hier herumgelungert“, schimpfte er, den Rücken zu ihr gekehrt. Sie sah seine Hand zittern, als er die kleine Flasche abstellte. „Scheinbar hat man dich gestern Abend zusammen mit einem Mann gesehen.“
Und Abby hatte gedacht, sie
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