Julia Extra Band 0319
meinst du damit?“ Er machte einen Schritt vor, sie spürte seine plötzliche Anspannung.
„Mein Vater hat immer alle Finanzen geregelt.“ Sie ging mit ihrer Tasse durch den Raum und drehte ihm den Rücken zu. „Er hat das Geld investiert. Ich habe mich nie darum gekümmert, ich hatte ja alles, was ich brauchte. Wie auch immer …“ Sie atmete tief durch. „Ungefähr zur gleichen Zeit, als ich merkte, dass ich ausgebrannt war“ – in der Nacht, in der du mich verlassen hast – „erfuhr ich, dass nichts von den Einnahmen aus sieben Jahren Konzertreisen übrig war. Riskante Aktiengeschäfte, unprofitable Anlagen und die allgemeine Wirtschaftkrise.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Mein Vater ist Musiker, kein Börsenmakler.“
Luc fluchte unterdrückt. „Was ist mit den Lizenzen von deinen Aufnahmen?“
„Da gibt es nur ein paar, und mit den Jahren … Es kommt nur noch wenig herein.“
„Du könntest ihn rechtlich belangen.“
„Oh, Luc.“ Abby schüttelte den Kopf. „Er ist mein Vater. Und woher sollte er das Geld für einen Ausgleich nehmen? Er tut mir leid. Er hat wahrscheinlich mehr für meine Karriere getan als ich.“
„Was macht er jetzt?“
Abby zuckte die Achseln. Ihr Vater war entsetzt über ihre Entscheidung, nach Cornwall zu gehen und dort wie ein Kuli Kisten zu schleppen. Der Kontakt war versandet, und wenn er anrief, dann nur, um sie zu beknien, sie solle doch wieder an den Flügel zurückkehren. „Wahrscheinlich versucht er in London Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, um Engagements für mich zu finden. Das Letzte, mit dem er aufwartete, war eine Vorstellung irgendwo in Brighton vor Senioren. Meine Mutter hat mir angeboten, zu ihr nach Manchester zu kommen, aber das wollte ich nicht. Ich musste mein eigenes Leben aufbauen, und das habe ich auch. Ob du’s glaubst oder nicht, ich bin glücklich.“
Luc schwieg eine Weile, dann sagte er: „Wenn du Geld brauchst …“
Stolz richtete sie sich auf. „Nein.“
„Ich sehe nicht zu, wie du hier als Packesel arbeitest, nur weil …“
„Du hast nicht über mein Leben zu bestimmen, Luc.“
Seine Augen blitzten auf, hart wie Stahl. Er kam Abby plötzlich gefährlich vor, und sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück. „Versuche mir nicht weiszumachen, dass du nur wegen deines Vaters der Bühne den Rücken gekehrt hast, Abby. Ich hatte etwas damit zu tun, ich habe den Stein ins Rollen gebracht.“
„Dein Ego ist erstaunlich“, stellte sie zynisch fest, erfüllt von einer plötzlichen Rage, die sie sich nicht erklären konnte.
„Ich glaube nämlich, diese Nacht hat dich ebenso sehr beeinflusst, wie sie mich beeinflusst. Sechs Monate lang.“ Sein Blick brannte sich in ihre Augen. „Und ich kann nicht vergessen. Die Erinnerung daran verfolgt mich ständig.“
Abby öffnete den Mund, um zu leugnen, schloss ihn wieder. Sein Geständnis hatte sie überwältigt. Wie wünschte sie sich, sie könnte ihm glauben! Doch sein wortloses Verschwinden damals sprach eine andere Sprache.
„Das war vor sechs Monaten, Luc“, brachte sie hervor. „Wir beide sind seither unsere eigenen Wege gegangen, zwischen uns gibt es nichts mehr. Und deshalb …“ Sie holte tief Luft. „Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Fahr zurück nach Paris. Oder ins Languedoc. Oder wo immer du hergekommen bist.“
Er musterte sie durchdringend, die Augen dunkel vor Sehnsucht und Verlangen. Und dann legte er zwei Finger auf ihr Handgelenk, so wie damals in der Bar, als sie sich ihm so unverblümt angeboten hatte. „Geh mit mir essen, heute Abend.“
Sie schloss die Augen. Ihr Schutzwall wollte bröckeln, Hoffnung und Furcht vermischten sich. „Ich halte das für keine gute Idee.“
„Vermutlich ist es das auch nicht.“ Er lächelte schief, und Abbys Herz setzte einen Schlag lang aus. „Geh trotzdem heute Abend mit mir zum Dinner.“
„Ich habe schon einmal Ja gesagt, und seither bereue ich es.“ Sie wollte ihm ihren Arm entziehen, doch er hielt sie beim Handgelenk fest.
„Wirklich, Abby?“, fragte er leise. „Bereust du es?“
Unter seinem durchdringenden Blick konnte sie nicht lügen. „Nein“, hauchte sie. „Aber ich müsste es bereuen. Und ich will diese Erfahrung auf keinen Fall wiederholen.“ Eine Lüge, sie wusste es.
Dieses Mal gelang es ihr, sich aus seinem Griff zu befreien. Sie rieb sich über die Stelle, wo seine Finger gelegen hatten, als wäre sie dort verletzt. Aber es war eine Verletzung anderer Art.
„Dinner, mehr
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