Julia Extra Band 0319
weiterzusprechen. „Ich dachte …“ Es schmerzte, Luft in die Lungen zu ziehen. „Ich dachte, wir hätten etwas Besonderes an jenem Abend erlebt. Ich dachte, es wäre ein Anfang. Doch für dich waren es nur ein paar Stunden, in denen du Frieden finden wolltest. Selbst wenn wir miteinander geschlafen hätten … Du wärst am Morgen gegangen, nicht wahr?“ Er antwortete nicht, und Abby wusste, sie hatte recht. Es sollte nicht so wehtun, und doch schmerzte es unerträglich. Ihre Finger umklammerten die kalte Klinke. „Leb wohl, Luc.“
„So war es nicht.“ Seine Worte, so unendlich traurig, ließen sie verharren. „Zumindest wollte ich nicht, dass es so war.“
Er trat einen Schritt auf sie zu, und langsam drehte sie sich zu ihm um. „Jener Abend war eine der schönsten Erfahrungen in meinem Leben, Abby. Ich weiß, es hört sich wie eine Floskel an, aber ich meine es ernst.“ Sein Blick verhakte sich mit ihrem. „Diese Stunden schenkten mir Hoffnung, zu einer Zeit, in der ich völlig verzweifelt war.“
„Warum bist du dann gegangen? Warum hast du deine Meinung geändert?“ Sie musste die eine Frage stellen, die ihr Stolz ihr verboten hatte. „Wolltest du mich nicht mehr?“
„Oh, Abby“, entfuhr es ihm mit erstickter Stimme, während er einen weiteren Schritt auf sie zu machte, sodass sie jetzt nur eine Armeslänge voneinander entfernt standen. „Ich soll dich nicht mehr gewollt haben?“, murmelte er ungläubig. Er hob die Hand, legte sie an ihre Wange, schob die Finger in ihr Haar. Und erst als sie seine Hand an ihrer Haut spürte, wurde Abby klar, wie sehr sie sich nach seiner Berührung gesehnt hatte. „Ich will dich mehr, als ich je eine Frau gewollt habe“, flüsterte er rau. Er küsste sie auf die Augenbraue, ließ seine Lippen an ihrer Schläfe zu ihrer Wange hinabwandern. Abby erschauerte. „Ich ging, weil ich dich nicht mehr verletzen wollte, als ich es bereits getan hatte.“ Seine Lippen verharrten nur Millimeter vor ihrem Mund. „Aber ich kehre immer wieder zurück, nicht wahr? Ich kann dich nicht loslassen, obwohl ich weiß, es wäre das einzig Richtige.“
„Dann lass mich nicht los.“ Jetzt, in diesem Moment, war es ihr gleich, ob er wieder gehen würde. Dieser Moment sollte dauern, Luc sollte sie halten, für eine Stunde, für eine Nacht. Selbst wenn es hinterher umso mehr schmerzen würde. Sie überbrückte den Abstand zwischen ihnen und presste ihre Lippen zärtlich auf seinen Mund.
In diesem Moment bestand ihre Welt nur aus Luc. Luc, der vor ihr stand, mit ernsten Augen und dem Anflug eines Lächelns auf den Lippen, während er ihr Gesicht studierte. Luc, der die Hände ausstreckte und ihr das T-Shirt über den Kopf zog. Luc, der ihr die Jeans von den Beinen streifte. Und dann stand Abby vor ihm, nackt und stolz und ohne Scham.
Es war genauso wunderbar wie damals, und gleichzeitig war es völlig anders. Abby war anders. Sie war stärker geworden, selbstsicherer und genoss das Gefühl, als seine Fingerspitzen über ihre Haut strichen.
„Davon habe ich geträumt“, sagte er lächelnd.
„Ich auch“, gestand sie flüsternd und begann, sein Hemd aufzuknöpfen.
Irgendwie schafften sie es bis zum Bett. Durch das offene Fenster drang das Rauschen der Wellen ins Zimmer, hoch in der Luft stieß eine Möwe ihren Schrei aus. Und dann hörte Abby nichts mehr, fühlte nur noch Lucs zärtliche Liebkosungen und verlor sich in einer Welt der Leidenschaft. Als dann ihre Körper verschmolzen, da wurde ihr klar, dass es das hier war, was sie die ganze Zeit über vermisst hatte. Das letzte Teilstück ihrer Seele, ihres Seins war endlich an den ihm vorbestimmten Platz gerückt.
Hinterher lag sie in Lucs Arme geschmiegt und verfolgte das Spiel der goldenen Punkte, die die untergehende Sonne auf den Holzboden zeichnete. Erst gestern hatte sie sich eine solche Szene vorgestellt, doch das Gefühl, in Lucs Armen zu liegen, war eigentlich unvorstellbar.
Sie sah auf in sein Gesicht. Er hielt die Augen geschlossen, aber er schlief nicht, das wusste sie. Vielleicht würde er lieber schlafen, um ein peinliches Gespräch zu vermeiden. Das Gespräch, das er ihnen schon vorher verweigert hatte.
Doch was gäbe es jetzt auch noch zu sagen? Luc hatte klargemacht, dass er nicht mehr geben konnte als diese zweite Nacht, die Erfüllung jenes Versprechens, das vor so langer Zeit ausgesprochen worden war.
Hatte es sich gelohnt? Abby schloss die Augen, horchte auf das Summen in ihrem Körper, auf die
Weitere Kostenlose Bücher