Julia Extra Band 0319
wieso sie hier über Schwangerschaftstests redeten, als würden sie Werbeaufnahmen fürs Fernsehen machen. Wozu brauchte sie einen Test, wenn ihr Körper die Wahrheit bereits überdeutlich anzeigte – die Übelkeit, die Erschöpfung, die Tatsache, wie eng der Bund ihrer Jeans plötzlich saß. Bis jetzt hatte sie es nicht registriert, weil ihr die Möglichkeit einer Schwangerschaft nie in den Sinn gekommen war. Doch jetzt, erst einmal ausgesprochen, stand es glasklar vor ihr.
Sie war schwanger. Von Luc.
Abby sah zu Grace, die sie mit mütterlicher Sorge betrachtete, und lächelte schief. „Dann werde ich wohl besser gleich zur Apotheke fahren.“
Auf der zehnminütigen Fahrt nach Helston spielte ihr Verstand wie eine gesprungene Schallplatte immer nur das eine Wort in ihrem Kopf ab: Schwanger – schwanger – schwanger …
Abby besorgte sich den Test in der Apotheke und verschwand im nächsten Café auf der Toilette. Sie würde es nicht ertragen, Grace neben sich stehen und über ihre Schulter sehen zu haben, bis der Test das Resultat anzeigte.
Es dauerte nur wenige Minuten. Ein paar kurze Minuten, und Abby musste sich einer neuen Realität stellen. Sie war schwanger.
Benommen fuhr sie zurück zu Grace. Wie sie es schaffte, hätte sie nicht sagen können, alles schien ihr wie in einem dichten Nebel. Sie wusste weder wie sie aussah noch was sie fühlte, doch als sie wieder in die Küche trat und Grace einen Blick auf ihre Miene warf, schlang die alte Dame die Arme fest um sie.
„Oh, Liebes.“ Beide standen sie eine Weile stumm da, dann trat Grace resolut einen Schritt zurück. „Du weißt, dass ich hundertprozentig hinter dir stehe, ganz gleich, wie du dich entscheidest.“
Abby nickte. Dabei wusste sie schon jetzt, dass sie keine Wahl hatte. Nicht wirklich. Das neue Leben in ihr wuchs bereits heran. Er oder sie war ein Teil von ihr und Luc.
Sie würde das Kind bekommen. Lucs Baby.
In seiner Hotelsuite in Paris las Luc beim Frühstück die Zeitung. Als er den Kulturteil aufschlug, sah er die knappe Überschrift.
Ausnahmepianistin schwanger?
Das verschwommene Foto zeigte Abby, wie sie eine Straße in London entlangging. Ein roter Kreis und ein Pfeil zog die Aufmerksamkeit auf Abbys leicht gewölbte Taille.
Wieso war sie in London? Was war passiert?
Er überflog den Artikel – erst Spekulationen über ihren Rückzug von der Bühne, dann die erneute Erwähnung der schlechten Kritiken während ihrer letzten Auftritte und schließlich weitere Spekulationen über ihr unerwartetes Auftauchen in London letzte Woche. Ein paar Zeilen nur, mehr nicht, und Luc wurde klar, dass Abigail Summers nicht mehr wirklich im Interesse der Öffentlichkeit stand.
Allerdings sah es tatsächlich aus, als sei sie schwanger. Und ohne den Hauch eines Zweifels wusste er, dass das Baby, wenn es wirklich eines gab, von ihm war.
Wie in Trance legte er die Zeitung ab. Lange saß er reglos da und starrte vor sich hin. Der Kaffee wurde kalt und die Sonne stieg höher. Endlich, als erwache er aus einem Traum, stand er auf. Er nahm sein Handy auf und rief seinen Assistenten an. „Lassen Sie den Jet startklar machen. Ich brauche ihn noch heute Morgen.“
„Er steht hier in Avignon, und es ist bereits Mittag.“
Die Ungeduld wollte ihn zerreißen. „Dann soll er um vier Uhr hier in Paris abflugbereit sein. Ich will spätestens um sechs Uhr in Cornwall landen.“
„ Oui , Monsieur le Comte.“
Luc klappte das Mobiltelefon zu und starrte auf die Seine hinaus. Die Kirschblüten begannen gerade zu blühen. Er wandte sich von dem bezaubernden Panorama ab und begann zu packen – für die Reise nach England, um Abby zu finden.
Der Frühling hatte das Regiment in Cornwall übernommen. Entlang der Küstenstraße nach Carack standen Primeln und Narzissen in voller Blüte. Luc hatte eine Zweizimmerwohnung in einem alten Herrenhaus angemietet. Corner Cottage war bereits vergeben gewesen. Vielleicht war es auch besser so. Die Vergangenheit ließ sich nicht wieder heraufbeschwören.
Denn was sie miteinander gehabt hatten, gehörte der Vergangenheit an. Diese Wahrheit hallte unablässig in seinem leeren Herzen, seit Abby ihn vor sechs Monaten verlassen hatte. Ihr stilles Verschwinden war deutlicher und lauter gewesen als alle Worte. Es war eine Entscheidung und für sie beide am besten so.
Nur … sollte sie tatsächlich mit seinem Kind schwanger sein, änderte das alles. Wie, das wusste er noch nicht genau. Er wusste nur, dass er sich
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