Julia Extra Band 0319
Sie war gerührt, dass er ihre Wünsche nicht vergessen hatte.
Er sah sie lange nachdenklich an, mit einer Intensität, die ihr nicht behagte. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Suppe.
„Abby“, sagte er schließlich leise, „wir müssen besprechen, wie es weitergehen soll.“ Sie schwieg und starrte in die Schüssel. Der Kloß in der Kehle war größer geworden, und in ihren Augen brannten Tränen. „Du kannst nicht so weitermachen wie bisher. Das siehst du doch ein?“
„Ich sehe ein, dass ich keine Kisten mehr schleppen kann.“
„Du wirst auch nicht mehr allein leben oder arbeiten wie bisher. Schließlich hast du gehört, was die Ärztin gesagt hat.“
„Was soll ich denn tun? Mich für die nächsten vier Monate ins Bett legen?“
„Nein, natürlich nicht.“ Er zögerte so lange mit seiner Antwort, dass Abby dachte, er würde genau das liebend gern von ihr verlangen. „Aber du brauchst Ruhe und sollst dir keine Sorgen machen, weder um Geld noch Essen oder um sonst irgendetwas.“
„Das klingt zu schön.“ Sie lachte leise.
„Ich möchte, dass du mit mir nach Frankreich kommst.“
Sie verharrte reglos, seine Worte hallten in ihren Ohren. „Ich halte das für keine gute Idee.“
„Es ist die einzige Lösung“, sagte er entschieden. „Ich kann nicht in Cornwall bleiben, und dich hält hier nichts.“
Abby schnaubte. „Und meine Arbeit? Und Grace?“
„Deine Arbeit musst du aufgeben“, meinte er resolut. „Und Grace … wenn dir so viel an ihr liegt, kann sie dich besuchen kommen. Jemand muss sich um dich kümmern.“
„Ich bin nicht krank.“
„Nein, aber du leidest unter einer Anämie und bist ständig müde. Dein Gesundheitszustand muss überwacht werden. Das muss dir doch selbst klar sein, Abby!“ Seine Stimme war immer lauter geworden, er nahm sich zusammen. „Mir ist bewusst, dass du nicht mit mir zusammen sein willst“, fuhr er dann nüchtern fort. „So unangenehm es auch sein mag … können wir die Vergangenheit nicht ruhen lassen und das Notwendige tun, für unser Kind?“
Bei ihm hörte sich das an, als wäre ihre gemeinsame Zeit eine besonders bittere Pille. Für ihn war es das wahrscheinlich auch.
Und genau aus diesem Grund wollte sie nicht mit ihm nach Frankreich gehen, so verlockend der Gedanke auch war, sosehr ihr Herz bei der Vorstellung auch jubelte. Letztendlich würde es unerträglich werden. Mit Luc zu leben, jeden Tag in seiner Nähe zu sein und doch Welten von ihm entfernt. „Es muss eine andere Lösung geben.“
„Gut, gehen wir sie durch.“ Er zog den Stuhl ans Bett, setzte sich und zählte an den Fingern ab. „Könntest du zu deiner Mutter ziehen?“
Abby schüttelte den Kopf. „Nein, sie ist zu beschäftigt.“ Unmöglich, sich vorzustellen, in dem kleinen Haus in Manchester zu sitzen und sich die Ermahnungen und Vorträge anzuhören, ihre Karriere als Pianistin wieder aufleben zu lassen.
„Zu deinem Vater?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Er ist auf Tournee.“ Sie lächelte. „Mein Rückzug von der Bühne war das Beste, was ihm passieren konnte. Er hat wieder angefangen zu spielen und auch sofort einen Agenten gefunden. In den nächsten Monaten ist er auf Tournee. Deshalb war ich ja auch in London.“
„Das sind doch gute Neuigkeiten.“
„Ja.“ Das hieß aber auch, dass sie niemanden hatte, bei dem sie unterkommen konnte. Dass sie auf Luc angewiesen war.
„Du könntest eine Krankenschwester anstellen.“
„Ich sagte doch schon, ich bin nicht krank.“ Sie fingerte an der Bettdecke herum. „Warum, Luc?“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. „Warum interessiert es dich überhaupt? Du hast gesagt, du hast nichts mehr zu geben. Was also kümmert es dich, wo ich bleibe?“ Jetzt wurde ihre Stimme lauter, aufgewühlt. „Oder geht es dir nur um das Baby?“ Sie bat ihn praktisch, sie offen heraus abzuweisen, aber sie musste es wissen, musste die Worte aus seinem Mund hören.
Lange antwortete Luc nicht. Mit leerem Blick schaute er zum Fenster hin, hinaus auf die schwarze Weite des nächtlichen Meeres. „Ich habe einige schwere Fehler in meinem Leben begangen“, hob er schließlich an. „Ich will sie nicht wiederholen.“
„Redest du … von deiner Frau?“
„Suzanne.“ Ein einzelnes Wort, flach und tonlos ausgesprochen.
Suzanne. Sie hatte einen Namen. Dadurch wurde sie für Abby realer. Eine Frau mit einer Lebensgeschichte. Abby wusste nicht zu sagen, ob ihr das gefiel. „Suzanne?“, wiederholte
Weitere Kostenlose Bücher