Julia Extra Band 0319
Familie fortzusetzen. Das muss der Grund gewesen sein, warum er mich geheiratet hat, dachte sie – um sich einen Erben zu sichern.
Sie schob sich das Haar aus den Augen und war sich nicht bewusst, wie nachdenklich ihr Gesicht aussah.
„Hallo, Chloe.“
Lorenzos tiefe Stimme erschreckte sie, und als sie herumfuhr, sah sie ihn nur wenige Meter entfernt stehen. Er trug einen dunklen Anzug, als käme er gerade von einem geschäftlichen Termin. Seine Sachen schienen nicht in den Garten zu passen, vor allem nicht zu der Schaukel, neben der er stand.
„Warum hast du mich geheiratet?“, brach es plötzlich aus ihr heraus. „Wenn es nicht um Liebe ging – warum wolltest du dann ausgerechnet mich? Ich bin klein und eher unscheinbar. Ich habe kein Geld und keine Verbindungen. Du hättest jede haben können, die du willst. Warum ich?“
„Das habe ich dir doch schon gesagt“, entgegnete Lorenzo ohne zu zögern. „Weil ich dachte, du würdest eine gute Ehefrau sein.“
„Meintest du nicht, eine gute Mutter?“, fuhr Chloe ihn an und legte den Kopf in den Nacken, um sich das Haar aus dem Gesicht zu schütteln. „Du hast mich nur geheiratet, um Kinder zu bekommen.“
„Du wolltest auch Kinder“, antwortete Lorenzo ruhig, doch trotz seines unbeteiligten Tonfalls glitt sein Blick hinüber zu dem Baby in der Schaukel. „Unter den gegebenen Umständen ist es ein Glück, dass du niemanden geheiratet hast, der Kinder ablehnt.“
„Du herzloser Mistkerl!“, rief Chloe und nahm Emma auf den Arm.
„Nein, ich meinte damit nicht …“
„Spar dir deine Erklärungen“, unterbrach ihn Chloe. Sie presste Emma fest an sich und legte den Kopf an das weiche Haar des Babys. „Du sagst, du willst Kinder, und du glaubst, dass ich eine gute Mutter sein werde – aber wie steht es mit dir? Was für ein Vater wirst du sein? Bis jetzt hast du Emma nur angestarrt, als wäre sie eine Art Eindringling!“
Chloe funkelte ihn wütend an und hasste plötzlich, wie kühl und kontrolliert er aussah. Seit drei Monaten war ihr Leben vollkommen außer Kontrolle – es war einfach nicht fair, dass er da stehen und so ruhig sein konnte.
„Du musst mir Zeit geben“, sagte Lorenzo. „Ich habe nichts gegen die Kleine, aber sie ist ziemlich abrupt in mein Leben getreten.“
„Sie muss nicht Teil deines Lebens werden – das versuche ich dir doch schon die ganze Zeit zu erklären!“, rief Chloe und strich sich mit einer verzweifelten Geste das Haar aus dem Gesicht. „Wie kannst du so herzlos sein? Ihre Mutter ist tot!“, schluchzte sie. „Meine beste Freundin ist tot, und dir geht es die ganze Zeit nur um meinen Wunsch, ihr Baby zu adoptieren.“
Plötzlich schwammen Tränen in ihren Augen, und eine Sekunde später weinte sie.
Lorenzo trat auf sie zu, legte die Arme um ihre bebenden Schultern und zog sie an sich. Sie lehnte sich instinktiv an ihn, hielt sich an ihm fest und fühlte sich getröstet durch seine Stärke und das vertraute Gefühl seiner Umarmung.
Sie merkte es kaum, als Mrs. Guest kam und ihr Emma vorsichtig abnahm. Ein kleiner Teil ihres Bewusstseins nahm jedoch wahr, dass das Baby in Sicherheit war, und sie schloss die Augen und blendete alles andere aus, spürte nur noch die Geborgenheit von Lorenzos Körper. Trotz allem war er ihr Fels in der Brandung – stark und warm und genau das, was sie brauchte, um gegen die kalte Leere in ihrem Innern zu kämpfen.
Etwas später, als ihre Tränen endlich versiegten, öffnete Chloe die Augen und stellte fest, dass sie immer noch an Lorenzos Brust lehnte. Sie saßen auf einer Bank, die mit der Lehne zum Haus stand und von der aus man einen beeindruckenden Ausblick über die Wiesen und Felder hatte.
Einen Moment lang verharrte sie regungslos und wunderte sich darüber, wie wohl sie sich in Lorenzos Armen fühlte. Aber dann veränderte er sich unmerklich – bewegte seine Muskeln ein wenig und versteifte sich leicht – offenbar hatte er bemerkt, dass sie wieder ansprechbar war.
Unsicher hob sie den Blick. Wie peinlich, ihren Gefühlen derart freien Laufe gelassen zu haben.
„Wo ist Emma?“, fragte sie, und ihre Stimme war heiser vom Weinen.
„Mrs. Guest passt auf sie auf“, sagte Lorenzo und richtete sein Jackett, als sie sich von ihm löste. „Es geht ihr gut. Aber wie steht es mit dir – brauchst du irgendetwas? Etwas Wasser vielleicht?“
Chloe nickte. Lorenzo reichte ihr eine kleine Flasche Wasser. Kondenswasser perlte daran herab, sie kam offenbar gerade erst
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