Julia Extra Band 0325
gewöhnt. Er hatte sie allen nur als Alyssa vorgestellt. Ihren Familiennamen verschwieg er; ebenso wenig verlor er ein Wort über die Rolle, die sie in seinem Leben spielte. Sie trug zwar keinen Ring, aber sie schliefen im selben Bett. Erstaunlicherweise akzeptierten alle Verwandte sie kommentarlos als Clints Ehefrau … Wieso erstaunlicherweise? Sie war doch tatsächlich seine Frau. Aber vermutlich hatte keiner von ihnen auch nur die geringste Ahnung davon, wie vertrackt ihre Beziehung in Wirklichkeit war.
Eigentlich spielte es ja auch keine Rolle, was sie dachten. Schließlich würden sie am Montag wieder abreisen. Und sie würde es knapp eine Woche später ebenfalls tun.
Nur noch knapp eine Woche.
Meine Güte, wie die Zeit vergeht, wenn man Spaß hat, überlegte sie. Und Spaß hatte sie zweifellos. Die Aussicht, nach Waco zurückzukehren, erschien ihr auf einmal gar nicht mehr so erstrebenswert. Sie verstand sich ausgezeichnet mit Chester und den anderen Männern auf der Ranch. Dazu kam Clints Familie. Sie war so ganz anders als ihre eigene. Vor allem sein Vater Corey und seine Stiefmutter Abby waren ganz reizende Menschen. Man spürte die enge Verbundenheit und die Liebe zwischen ihnen. Zwei Dinge, die es in ihrer Familie nicht gab.
„Alyssa.“
Clint flüsterte ihren Namen im Schlaf, und sie schmiegte sich enger an ihn. Sie würde ihn vermissen. Sie würde es vermissen, dass er sie abends vor dem Einschlafen liebte und morgens nach dem Aufwachen.
Im Geiste bereitete sie sich schon auf den traurigen Moment vor, wenn Clint sie zum Flughafen brachte. Am besten wäre es, sich rein gefühlsmäßig jetzt schon von Clint zu lösen, um auf diesen schmerzhaften Augenblick vorbereitet zu sein. Sofort nachdem seine Familie abgereist war, würde sie damit beginnen. Dann waren sie beide wieder allein. Sie konnten in aller Ruhe darüber reden. Wie zwei erwachsene Menschen …
10. KAPITEL
Alyssa ließ den Blick durch den riesigen Ballsaal schweifen, in dem es von Menschen wimmelte. Alles, was Rang und Namen in Texas hatte, war zum Wohltätigkeitsball gekommen. Jeder wollte seinen Beitrag zur Errichtung des Kinderkrankenhauses leisten.
Dem Gouverneur und seiner Frau hatte Clint Alyssa bei ihrer Ankunft als seine Ehefrau vorgestellt. Sie war vollkommen irritiert gewesen. Vermutlich hatte er es nur getan, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Auch von den anderen Gästen, die Clint kannten, schien sich niemand darüber zu wundern, dass er auf einmal verheiratet war. Wenn sie als Mrs. Westmoreland angesprochen wurde, brauchte sie stets eine Weile, um sich darüber im Klaren zu werden, dass sie gemeint war.
Die Westmorelands traten stets als Gruppe auf. Die ganze Familie stand immer beieinander, und sie ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie zusammengehörten. Die Männer der Westmorelands sahen einander verblüffend ähnlich – sie waren allesamt groß, schlank und attraktiv. Die Frauen der Familie – Schwestern, Cousinen und Gattinnen – stachen durch ihre Schönheit hervor.
„Habe ich dir schon gesagt, wie wunderschön du heute aussiehst?“
Alyssa sah zu dem groß gewachsenen und eleganten Mann auf, der ihr dieses Kompliment gemacht hatte und der den ganzen Abend über nicht von ihrer Seite gewichen war. Dankbar lächelte sie ihn an. „Mehrfach. Trotzdem vielen Dank“, entgegnete sie.
Und wenn er es auch nicht in Worte fasste, sprachen doch seine Blicke Bände, mit denen er sie immer wieder bewundernd betrachtete – eigentlich schon seit dem Zeitpunkt, als sie aus dem Badezimmer gekommen war. Bei ihrem Anblick war Clint sprachlos gewesen. Als er die Sprache schließlich wiedergefunden hatte, flüsterte er ihr ins Ohr: „Ein tolles Kleid. Ich freu mich schon auf den Moment, wenn ich es dir gleich ausziehen kann.“
Casey und McKinnon hatten praktisch neben ihnen gestanden, aber Clint hatte so leise gesprochen, dass sie unmöglich etwas gehört haben konnten. Trotzdem war sie ein wenig rot geworden.
„Das gibt’s doch nicht! Wen haben wir denn da? Ich traue meinen Augen nicht. Was machst du denn hier, Alyssa?“
Die Stimme ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Alyssa drehte sich um und bemühte sich, die Fassung zu bewahren. Vor ihr standen Kim und Kevin. Sie blinzelte ein paar Mal in der Hoffnung, nur Opfer einer Sinnestäuschung zu sein. Aber so oft sie auch zwinkerte, das Paar vor ihr wollte sich nicht in Luft auflösen. Ausgerechnet hier, ausgerechnet heute Abend und ausgerechnet
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