Julia Extra Band 0325
stammelte sie sofort. „Ben hatte einen kleinen Unfall …“
„Einen Unfall?“ Seltsam, aber instinktiv war Cristiano alarmiert.
„Oh, nichts Ernstes. Er hat sich mit Jogurt übergossen, und ich musste ihn baden. Jetzt ist er wütend und will sich nicht anziehen lassen.“
Cristiano runzelte die Stirn. Er kannte sich mit Babys aus. Schließlich hatten Xaviero und Catherine den kleinen Cosimo, den er regelmäßig sah – bei Staatsanlässen und zu Feiertagen, gekleidet in teure kleine Anzüge, makellos weiß oder mit dezenten Seidenapplikationen, passend zum Alter des Infanten. Einmal hatte er seinen Neffen auch nach dem Bad gesehen, aber dieses wütende kleine Wesen hier mit dem hochroten Gesichtchen und dem wilden schwarzen Schopf hatte nichts mit Cosimo gemein. Die Vorstellung, dass er der Vater des kleinen Jungen sein könnte, verlor immer mehr an Wahrscheinlichkeit.
„Darf ich hereinkommen?“, fragte er jetzt knapp.
„Ja, natürlich. Bitte, trete doch ein.“ Sie verabscheute sich dafür, dass es ihr etwas ausmachen sollte, aber … ihr lag an Cristianos Meinung, wie er ihr Heim sah. Ja, es war bescheiden, und nein, sie hatte weder die Zeit noch die Mittel für eine aufwendige Renovierung. Aber sie hatte mit dem gearbeitet, was sie hatte, und das Beste herausgeholt – dankbar vor allem für das künstlerische Auge, für das ihr Chef sie immer rühmte.
Blühende Pflanzen in farbenfrohen Übertöpfen schmückten Fensterbänke und Zimmerecken, die Kaffeemaschine blubberte leise und verbreitete den Duft von frischem Kaffee, alles war blitzblank sauber und ordentlich, so wie immer – außer natürlich die Jogurtspritzer, die sie noch nicht von dem Hochstuhl hatte abwischen können.
Cristiano trat über die Schwelle. Seine Größe und Präsenz in der kleinen Wohnung reichten aus … Ben warf einen ängstlichen Blick auf ihn und setzte zu einem ohrenbetäubenden Geheul an.
„Schh, Ben. Der Mann tut dir nichts. Schh, mein Schatz.“
Verdattert schaute Cristiano erst auf das weinende Baby, dann auf Melissa, die hilflos an ihrer Lippe kaute und nicht in der Lage schien, den Jungen zu beruhigen. Er hätte nicht sagen können, woher die Idee gekommen war, aber er spitzte die Lippen und ließ einen gellenden Pfiff ertönen, den Pfiff, den er vor dem Reitunfall immer genutzt hatte, um seinen geliebten Hengst zu sich zu rufen.
Der Junge verstummte mit einem Schlag, öffnete die Augen, die er vorher zusammengekniffen hatte, wandte das Köpfchen zu Cristiano und schaute ihn direkt an.
Und Cristiano starrte in goldene Augen, die noch eine Spur heller waren als seine eigenen.
Ein Schauer kroch über seinen Rücken, eine Mischung aus Gefühlen, die er nicht hätte beschreiben können. Es war ein Schock. Ja, auf jeden Fall. Und Erkennen. Man sagte Cristiano nach, arrogant und unnachgiebig zu sein, aber er war kein Narr. Er erkannte die Augenfarbe sofort, die sich durch Generationen von Herrschern in seinem aristokratischen Stammbaum zog, seit seine Vorfahren sich auf der Mittelmeerinsel niedergelassen hatten.
Melissa schaute gebannt auf das Profil des Mannes, dessen Präsenz ihr kleines Wohnzimmer beherrschte. Nur mühsam unterdrückte sie die aufkeimende Hoffnung. „Und?“
Cristiano wandte sich ihr zu. Und während er noch die Erkenntnis zu verdauen suchte, breitete sich bittere Frustration in ihm aus. Konnte dieses winzige menschliche Wesen wirklich von ihm sein? Doch wenn man diese Augen sah … wer sonst sollte für dieses neue Leben verantwortlich sein? „Könntest du dich etwas genauer ausdrücken?“
Sein Ton gab nicht unbedingt Grund zur Hoffnung, dennoch weigerte Melissa sich, aufzugeben. „Was denkst du über …“ „Deinen Sohn“ wollte sie nicht aussprechen, nicht, wenn Ben mit im Zimmer war. „… über Ben?“, ergänzte sie also mit einem hastig aufgesetzten Lächeln.
Er ignorierte das unbekannte Ziehen in seinem Herzen, als er auf das Baby mit den nassen Haaren sah, das nicht mehr als eine Windel trug, und konzentrierte sich auf eine völlig belanglose Frage. „Ist das seine übliche Art, Gäste zu begrüßen?“
Verletzt reckte Melissa die Schultern. „Ich sagte doch schon, er hat Jogurt über sich gegossen.“
Cristiano sah sich in dem Zimmer um, wandte den Blick wieder zurück zu Melissa. Als er dann sprach, lag eher Sorge denn Verachtung in seiner Stimme. „Ist das die richtige Umgebung für ein Kind, von dem du behauptest, er sei der Erbe meines Throns?“
„Wir haben
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