Julia Extra Band 0325
gab die verschiedensten Küsse. Flüchtige, innige, leidenschaftliche, gierige … Und dann gab es noch Küsse wie diesen hier.
Dieser Kuss war genau so, wie ein Kuss sein sollte. Er ließ Melissas Lippen und ihre Knie zugleich weich werden, ließ ihren Körper vor Sehnsucht brennen. Ein meisterlicher Kuss. Aber es war gerade die Meisterschaft, so ohne jegliche Zuneigung, ohne jeden Respekt für sie als Person, die betonte, wie wenig sie Cristiano bedeutete.
Es kostete sie ihre ganze Kraft, aber sie schaffte es, sich aus seinen Armen zu lösen, auch wenn ihr Körper protestierend aufschrie.
„Nein!“, stieß sie hervor, verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte angestrengt, wieder zu Atem zu kommen. „Glaubst du wirklich, ich würde jetzt einfach mit dir schlafen?“
„Ist es denn das letzte Mal nicht auch so gewesen?“, konterte er verletzend. „Du hast dich nicht unbedingt gesträubt.“
„Und an die Male davor kannst du dich praktischerweise nicht erinnern, nicht wahr?“, presste sie bitter hervor.
Cristianos Miene zeigte keine Regung. „Dann erzähle du es mir. Musste ich dich umwerben, bevor du nachgegeben hast? War es ein langer harter Kampf, um dich in mein Bett zu bekommen?“, spottete er.
Melissa grub die Zähne in ihre Unterlippe. Wie eiskalt und gemein er doch war. „Dieses Mal wird es auf jeden Fall nicht so ausgehen. Schon deshalb nicht, weil mein Sohn im Zimmer nebenan schläft.“
Trotz seiner Frustration fand Cristiano ihre mütterliche Prüderie beruhigend. Das bedeutete dann wohl, dass es keine Parade von Liebhabern gab. „Wir werden einen DNA-Test machen lassen.“
Melissa blinzelte. „Wie bitte?“
„Es gibt keine Alternative, wenn das Kind als mein Erbe anerkannt werden soll.“
„Aber du hast ihn doch gesehen!“, rief sie aus. „Er ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten. Und seine Augenfarbe …“
Cristiano konnte es nicht bestreiten, dennoch verstand Melissa scheinbar nicht, was in seinem Leben eine schlichte Tatsache war. „Ahnst du überhaupt, mit wie vielen Irren wir uns Jahr für Jahr herumschlagen müssen?“
Melissa versteifte sich. „Irre?“
„Ein Nachteil meiner Position … plötzlich tauchen alle möglichen Leute auf. Wahrsager, die mich vor der bevorstehenden Gefahr für mein Leben warnen wollen. Männer, die sich als Kindheitsfreunde vorstellen. Frauen, die behaupten …“
„Die behaupten, du seist der Vater ihres Kindes.“ Melissa blickte tief enttäuscht zu ihm auf. „Das ist es also, was du über mich denkst, Cristiano? Dass ich zu den Irren gehöre?“
Ihre gefasste Frage rührte an sein Gewissen, doch er erlaubte es sich nicht, dem Beachtung zu schenken. „Nein, das denke ich nicht“, sagte er einfach. „Aber hier geht es nicht um Meinungen oder Gefühle, sondern nur darum, wie die Situation am besten gehandhabt werden kann. Ich habe noch einmal meinen damaligen Terminkalender überprüft. Wie alt, sagtest du, ist das Kind jetzt?“
„Dreizehn Monate“, erwiderte sie dumpf.
Er nickte. „Ja, zeitlich passt das. Zu der Zeit, die du angibst, war ich tatsächlich in England.“
„Wenn also der Zeitrahmen stimmt und Ben die gleiche seltene Augenfarbe hat wie du, warum ist dann noch ein DNA-Test nötig?“, fragte sie tonlos.
„Weil ich der Regent eines Landes bin und eine Verantwortung gegenüber meinem Volk trage.“ Seine Stimme bekam plötzlich einen bitteren Klang. „Ich habe nicht die Freiheiten, die andere Männer als selbstverständlich erachten.“
Was für eine seltsam erbarmungslose Beschreibung des Lebens auf dem Gipfel der Welt. Statt Reichtum und Ruhm blitzten plötzlich Bilder eines streng regulierten Lebens vor Melissa auf. Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Welche Maschinerie hatte sie da für ihren geliebten Sohn in Gang gesetzt?
„Oh“, sagte sie leise, „ich verstehe.“
Cristiano dachte an seine Abdankungsrede und sah Melissa mit tiefer Verbitterung an. „Ich kann von meinem Volk nicht erwarten, dass es sich bei einer Angelegenheit von solchen Ausmaßen allein auf das Wort einer Frau aus dem einfachen Volk verlässt. Die Vaterschaft muss eindeutig bewiesen werden, ich habe mich mit meinen Beratern besprochen. Ein DNA-Test ist unerlässlich.“
Die unnachgiebige Entschlossenheit in seinem Ton ließ sie erschauern. Hatte sie sich nicht gewünscht, dass Cristiano seinen Sohn anerkennen würde? Und unternahm er jetzt nicht genau alle nötigen Schritte, um das zu tun?
Ihre und Bens Zukunft
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