Julia Extra Band 0325
uns.“ Sie hatte die ganze Zeit über die Wahrheit gesagt. Sie gehörte nicht zu den „Irren“, war nicht eine von den Frauen, die ihm nachstellten. Mit dieser Frau hatte er eine kurze, leidenschaftliche Affäre gehabt. Eine Affäre, die nie zu etwas hätte führen sollen.
Und nun? Nun waren ihre Schicksale vereint, ob es ihm passte oder nicht. Nur durfte sie jetzt nicht glauben, ein Märchen wäre für sie wahr geworden. „Aber es gab nie ein ‚uns‘, nicht wahr, Melissa? Wir trafen uns auf einem Empfang nach der Ausstellung, und dann passierte alles sehr schnell. Waren es vier Tage? Fünf? Ich glaube nicht, dass man ein paar Stunden gestohlenen Sex als große Romanze bezeichnen kann, oder?“
Ein paar Stunden gestohlenen Sex. Hatte Melissa ihre Erinnerung an die Zeit in einer feinen gläsernen Phiole aufbewahrt, so hatte Cristiano diese soeben achtlos zertreten.
Wütend schleuderte sie die Leinenserviette auf den Tisch und sprang auf. „Ich werde nicht hier sitzen und mich von dir beleidigen lassen.“
„Setz dich!“, befahl er.
„Nein, ich gehe. Und wenn ich nach Hause laufen muss!“
Es war ihr ernst, das konnte er sehen. Einen Moment lang schwankte er zwischen Wut über ihren Ungehorsam und unwilliger Bewunderung für ihren Mut. „Setz dich, Melissa – bitte.“
Es war das „bitte“, das sie zögern ließ. Sie bezweifelte, dass Cristiano das Wort häufig nutzte. Sie sank auf den Stuhl zurück und war insgeheim froh, dass sie wieder saß. Ihre Knie zitterten, ihre Beine hätten sie kaum zum Restaurant hinausgetragen, geschweige denn den ganzen Weg nach Hause. Das alles war zu viel für sie. „Du erinnerst dich an alles?“
Cristiano zuckte mit den Schultern. „Scheint so“, meinte er ungerührt und war doch erleichtert, wieder ein ganzer Mensch zu sein. Er erinnerte sich an das Gefühl von Freiheit, das er mit ihr zusammen verspürt hatte – weshalb die Bürde der Führung des Fürstentums ihm nun doppelt schwer erschien. Wie ein Verdurstender, der einen letzten Schluck Wasser trank und wusste, dass er nie wieder etwas zu trinken erhalten würde.
„Bereust du es?“, fragte sie leise.
Die Tür zu den Gefühlen, die kurz offen gestanden hatte, schlug mit ganzer Wucht zu. „Reue ist Zeitverschwendung“, erwiderte er kalt. „Wir müssen besprechen, wie wir jetzt vorgehen. Das Dringendste ist unsere Heirat.“
Melissa schaute auf seine hochmütige Miene, und ihr wurde klar, dass der Mann, den sie angebetet hatte, nicht mehr existierte. Vielleicht hatte er ja nie existiert. Wollte sie den Rest ihres Lebens an einen kaltherzigen Menschen wie ihn gefesselt sein? Sie schüttelte den Kopf. „Ich werde dich nicht heiraten.“
„Ich fürchte, es lässt sich nicht vermeiden.“
Ungläubig starrte sie ihn an. „Du kannst mich nicht zwingen. Willst du mich etwa zum Altar zerren, während ich schreie und um mich trete?“ Panik stieg in ihr auf, die sie hoffte, vor ihm verbergen zu können. „Ich bezweifle, dass das deinem Image guttun würde.“
„Nein, das nicht. Aber ich kann dir deinen Sohn nehmen.“
Melissa erstarrte. Das war die einzige Drohung, die Macht hatte und ihr Angst einjagte. Sie wollte ausholen und ihn ohrfeigen. „Das kannst du nicht.“
„Willst du es darauf ankommen lassen?“, konterte er glatt. „Welche Chance, glaubst du wohl, hat eine alleinerziehende Mutter in deinen Verhältnissen gegenüber einem regierenden Landesfürsten?“
„An meinen Verhältnissen ist nichts verkehrt! Ben wird bestens versorgt, seine Entwicklung wird gefördert und … und er ist glücklich“, trumpfte sie auf.
„Hältst du es für angebracht, dass ein Erbprinz so aufwächst?“
Zum ersten Mal dachte Melissa an Ben als Prinzen. Auf der einen Seite schwoll ihr Herz vor Stolz, auf der anderen Seite stieg Panik in ihr auf. Würde allein dieser Titel nicht eine unüberwindliche Distanz zwischen ihr und ihrem Sohn schaffen?
„Wir müssen ja nicht dort wohnen bleiben, wenn du es so schrecklich findest“, stieß sie hitzig aus.
„Du meinst, ich kann euch beide in einer besseren Gegend unterbringen, euch etwas Größeres beschaffen?“, fragte er listig.
Und sie tappte prompt in seine Falle. „Wenn es das ist, was du willst.“
„Ah, dann akzeptierst du mein Geld schließlich doch, Melissa? Du hast deine Meinung schnell geändert. Wieso überrascht mich das nicht?“
Er ließ es klingen, als wäre sie eine berechnende Goldgräberin! Er drehte ihr jedes Wort im Munde um.
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