Julia Extra Band 0325
„Ich dachte, du würdest das wollen.“
„Nein, das ist nicht das, was ich will!“, knurrte er. „Ich sehe es schon vor mir. Ich bringe euch in einer großen Wohnung unter und stelle euch eine entsprechende Summe zur Verfügung, und schon hast du alle möglichen Männer um dich herumschleichen. Ich bin nur realistisch, Melissa. Mach eine Frau reich, und sie wird zu einem lohnenden Ziel.“
„Und mach sie arm, damit sie zu einem gefügigen Püppchen wird?“, konterte sie.
Es wurde Zeit, das Treffen hier abzukürzen. „Na schön, dann machen wir es eben so, wie du es willst.“ Er verschränkte die Finger. „Keine Heirat.“
Melissa fühlte sich wie in einem Spiegelkabinett. Jedes Mal, wenn sie den nächsten Schritt machte, ergab sich ein anderes Bild, das sie nicht mehr erkennen konnte. „Aber … aber hast du nicht gerade gesagt, es sei nicht zu vermeiden?“
„Und du hast sehr deutlich gemacht, dass ich dich nicht zwingen kann.“ Er lächelte schmal. „Du hast völlig recht – eine strampelnde, schreiende Braut macht sich nicht unbedingt gut in der Öffentlichkeit. Dann heiraten wir eben nicht. Ich werde mir ein finanzielles Arrangement für Ben ausdenken. Ihr werdet in eine sichere Gegend ziehen. Und natürlich wird eine vertragliche Vereinbarung aufgesetzt werden müssen.“
„Vertragliche Vereinbarung?“ Der Ausdruck jagte ihr einen unguten Schauder über den Rücken.
„Sicher.“ Kühl-herausfordernd schaute er sie an. „Auch wenn Ben nie als mein Erbe anerkannt werden wird, weil er unehelich geboren wurde, wünsche ich dennoch gleichberechtigtes Mitspracherecht bei seiner Erziehung.“
Unehelich. Das altmodische Wort baute sich wie eine drohende Mauer vor Melissa auf. Heutzutage war es kein Skandal mehr, aber bei Cristiano hörte es sich so an. „Gleichberechtigt? Was genau soll das bedeuten?“
„Wird das etwa heute nicht so gehalten? Es ist doch modern und zeitgemäß, oder nicht? Nun, Ben wird Zeit mit mir verbringen, und natürlich wird seine schulische Ausbildung auf Zaffirinthos erfolgen. Wo sonst sollte er die Landessprache fließend sprechen lernen? Etwa in Walton-on-Thames? Und er wird sich mit der Kultur und Tradition der Insel vertraut machen, schließlich ist das sein Erbe. Wenn ich dann heirate, wird der ehelich geborene Sohn mein legitimer Nachfolger werden, doch Ben wird immer eine Rolle im Fürstentum spielen.“
Jedes einzelne seiner Worte war für Melissa wie ein Schlag ins Gesicht, aber ein Satz besaß besondere Wucht. „Wenn du heiratest?“
Cristiano verstand die Bedeutung ihres Gestammels sofort. „Da ich nun auf Zaffirinthos bleiben muss, werde ich auch eine Ehefrau brauchen.“ Er lächelte. „Deine Weigerung, mich zu heiraten, spricht mich in dieser Hinsicht frei. Nun kann ich mir eine Frau suchen, die besser zu meinem Status passt. Sie wird Ben lieben und sich um ihn kümmern, wenn er bei uns lebt.“
Das war es, was den Ausschlag gab. Melissa stellte sich vor, wie eine fremde Frau sich als Mutter für ihren geliebten Sohn aufspielte. Stellte sich Ben in einer Parallelwelt vor, in der sie, Melissa, nicht existierte. Übelkeit stieg in ihr auf. Nichts konnte schlimmer sein als das, nicht einmal eine Ehe mit Cristiano.
Sie zwang sich, ruhig zu bleiben. „Wenn ich es mir recht überlege … Vielleicht war ich ein wenig voreilig.“ Ihre Finger fuhren an ihren Hals, hin zu dem rasend pochenden Puls. „Was ich damit sagen will … Eigentlich möchte ich dich doch lieber heiraten.“
Cristiano wartete gerade lange genug, um die Nervosität in ihre Augen ziehen zu sehen, dann hob er die Leinenserviette an seinen Mund, um das triumphierende Lächeln zu verbergen.
7. KAPITEL
Mit dem Moment, da sie der Heirat zustimmte, änderte sich Melissas Leben komplett. Hatte sie sich soeben noch Sorgen gemacht, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollte, beschäftigte sie jetzt nur der Gedanke, dass ein weißes Brautkleid offensichtlich nicht angebracht war.
Sie versuchte sich damit zu beruhigen, dass jede Braut sich um das Hochzeitskleid Gedanken machte, nur wusste sie auch, dass ihre Situation eine ganz andere war als die der meisten Frauen. Andere Frauen mussten nicht ihre Wurzeln aufgeben und auf eine fremde Insel ziehen, eine Insel, auf der sie zur Fürstin gekrönt werden würden. Andere Frauen mussten auch keinen vollständigen Imagewandel durchlaufen, um an der Seite des Mannes am Altar stehen zu können. Um „ein passendes Bild“ zu bieten, wie Cristiano es
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