Julia Extra Band 0325
auch erschöpft sein. Lass uns schlafen“, sagte er fast grob.
Doch Melissas Schlaf wurde von wirren, unguten Träumen gestört, und als sie am nächsten Morgen erwachte, stand Cristiano bereits angezogen in Jeans und T-Shirt am Fenster und sah hinaus. Seine düstere Miene gab ihr das Gefühl, dass sie irgendetwas falsch gemacht hatte.
Sie setzte sich auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Du bist früh auf.“
Cristiano drehte sich zu ihr um. Ihre Lippen waren noch geschwollen von seinen Küssen, und ihre grünen Augen leuchteten wie Gras im Morgensonnenschein. Die rosigen Spitzen ihrer Brüste schienen ihn einzuladen, näherzukommen und sie mit den Lippen zu begrüßen …
Entschlossen unterdrückte er das aufflammende Verlangen. Melissas verständnisvolle, nein, neugierige Fragen waren unangebracht gewesen. Es schien ihm sinnlos und falsch, alles aufzuwühlen und mit der Gewohnheit zu brechen, niemanden zu nah an sich heranzulassen. Das würde sie akzeptieren müssen. Sie durfte sich nicht einbilden, dass er ihr jetzt jede Nacht von seiner Vergangenheit erzählte. Welchen Nutzen sollte das haben? Die Vergangenheit war vorbei und begraben, man sollte sie ruhen lassen.
„Ich habe vor dem Frühstück ein paar Dinge zu erledigen.“
„Dinge?“
„Fürstendinge, eben.“
Er verzog die Lippen zu einem angedeuteten Lächeln, doch hinter dem trockenen Humor spürte Melissa eindeutig Distanz. So als wäre ein anderer in die Haut ihres Ehemannes gefahren. Er war nicht mehr als ein vertrauter Fremder. Dabei sehnte sie sich so sehr nach dem Mann, der ihr sein Herz geöffnet hatte.
Lasziv lehnte sie sich in die Kissen zurück, sagte sich, dass eine frischvermählte Frau das Recht auf Zärtlichkeit hatte. „Kann das nicht warten?“
Die Versuchung prasselte auf ihn nieder wie ein heftiger Schauer auf glühend heiße Felsen. Dennoch widerstand er – weil er sich ermahnte, widerstehen zu müssen. So warf er ihr nur eine Kusshand zu und versprach, zum Frühstück zu erscheinen.
Mit einem verheißungsvollen: „Später“ war er auch schon verschwunden, und Melissa kam sich recht dumm vor. Es war nicht nur frustrierend, sondern beschämend, wenn eine Frau ihren Mann in den Flitterwochen ins Bett zu locken versuchte und einen Korb erhielt. Sie fragte sich trübe, ob es von nun an jedes Mal so sein würde.
Doch Cristiano hielt Wort und kam zu ihr und Ben an den Frühstückstisch. Er schlug vor, einen Ausflug in die Berge zu machen.
„Und was ist mit Ben?“
„Ich werde ihn tragen.“
Zwar machte Melissa sich Sorgen, ob Ben nicht vielleicht zu schwer auf dem langen Spaziergang werden würde, doch Cristiano hielt den Jungen sicher und mühelos auf den Armen.
Es wurde ein perfekter Tag. Wie auch der nächste und alle folgenden. Zumindest war es das, was Melissa sich einredete. Für jeden außenstehenden Betrachter musste es nach den perfekten Flitterwochen aussehen, doch etwas nagte an Melissa, ohne dass sie es hätte benennen können. Sie sah das milde Lächeln auf den Gesichtern der Menschen, wenn Cristiano seinen Sohn auf den Schultern trug oder ihn anhielt, ein Stückchen Wassermelone zu probieren. Und sie als junge Braut hatte auch keinerlei Grund zur Beschwerde. Cristiano war ein Liebhaber wie aus dem Bilderbuch, aufmerksam und zärtlich. Aber vielleicht war es ja das, was sie störte. Ein Bilderbuchliebhaber war nicht echt, oder?
Gedankenversunken starrte Melissa hinaus auf das azurblaue Meer. Sie verglich den Mann, den sie aus jenem verregneten Sommer in England kannte, mit dem Cristiano, der sie jetzt Nacht für Nacht in den Armen hielt, und sagte sich, dass Letzterer sicherlich viel realer war. Warum also fühlte es sich anders an? Warum schienen ihr jene Tage realer und ehrlicher als diese Flitterwochen? Weil es damals seine freie Entscheidung gewesen war, mit ihr zusammen zu sein, und es jetzt die Notwendigkeit gebot? Sie fragte sich, wie es nach den Flitterwochen weitergehen würde, wenn sie wieder im Palast lebten.
Das letzte Dinner in der Villa war absolut köstlich, der Champagner kühl und trocken, und nach dem Essen trug Cristiano Melissa hinauf in das große Schlafzimmer.
„Unsere letzte Nacht“, murmelte er und strich mit den Lippen über ihre Wange.
„Ja.“
Er küsste die kleine Falte auf ihrer Stirn fort. „Bist du traurig, dass wir abfahren?“
Sie wollte ihm sagen, dass nur eines sie traurig machte – seine Weigerung, sie an sich heranzulassen. Doch warum den letzten
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