Julia Extra Band 0325
des Handgelenks öffnete sie die Kabinentür. Die zwei Frauen fuhren herum, aber Emily würdigte sie keines Blickes. Stattdessen ging sie zum Spiegel, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr zurück und konzentrierte sich auf ihr Spiegelbild, während sie sprach. „Es war das Hausmädchen, nicht die Köchin. Und sie ist schwanger. Das Baby ist noch nicht auf der Welt. Wenn ihr schon hinter meinem Rücken über mich redet, dann bemüht euch wenigstens, die Geschichte richtig zu erzählen.“
Schockiertes Schweigen begleitete sie auf dem Weg zurück in den Ballsaal, aber Emily fühlte sich keinen Deut besser.
Zeit zu gehen. Jetzt sofort. Ehe sie für noch mehr Gesprächsstoff sorgte, indem sie auf der Hochzeitsfeier ihrer Cousine in Tränen ausbrach.
Als sie um die Ecke bog, keuchte sie vor Überraschung, als ein Paar starke Hände sie an den Schultern packten, um zu verhindern, dass sie mit dem Kopf voran in einen Mann im Smoking rannte. „Hoppla! Wo brennt’s denn?“ Javier zog die kräftigen Brauen zusammen. „Emily? Ist alles in Ordnung?“
In ihrer Verzweiflung, endlich zu entkommen, erwiderte sie: „Ich – ich muss hier einfach weg.“
„Okay.“ Ohne weiter nachzufragen, legte er ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zum Ausgang. Aber anstatt sich schnell von ihr zu verabschieden, folgte er ihr hinaus in die Sommernacht.
„Du solltest wieder reingehen, Javier. Du bist doch Trauzeuge. Du musst einen Toast ausbringen und –“
„Schon erledigt.“
„Du hast schon –?“
„Jawohl. Kurz und bündig. Das mögen die Gäste. Heute Abend ist doch niemand hier, um mich reden zu hören.“
„Tut mir leid, dass ich dich verpasst habe.“ Emily hörte Javier wirklich gern zu. Seiner tiefen Stimme war die spanische Abstammung noch ein wenig anzuhören. Außerdem klang er humorvoll.
„Hm, ich auch. Ich muss zugeben, ich war der Hit. Vor allem das spanische Liebeslied, das ich zum Besten gegeben habe.“
„Das hast du nicht!“
„Und ob. Spanisch ist eine romanische und eine romantische Sprache, weißt du.“
Selbst Anglerlatein wäre eine romantische Sprache, wenn Javier sie sprechen würde. Jede Wette, alle Frauen im Saal hatten weiche Knie bekommen. Vielleicht war es ganz gut, dass Emily nicht im Raum gewesen war.
Die Erinnerung an ihren Tanz ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie konnte immer noch sein weiches Haar unter den Fingerspitzen fühlen. Die breiten Schultern unter ihren Händen. Und den Druck seiner Oberschenkel gegen ihre …
Verlangen prickelte in ihren Nervenenden. Das Letzte, was sie brauchte, wäre Javiers spanisches Liebeslied als Soundtrack.
Er streckte den Arm nach ihr aus und sagte: „Na, dann komm.“
„Wo gehen wir hin?“
„Wir machen einen Spaziergang. Falls du nicht lieber allein sein willst.“
Natürlich sollte sie den Ausweg nutzen, den er bot. Nicht, weil sie wirklich allein sein wollte, sondern weil es nicht sehr klug war, mit einem Mann wie Javier Delgado zusammen zu sein.
„Wird es Connor nicht auffallen, dass du weg bist?“
Connor würde es viel wahrscheinlicher auffallen, dass er und Emily weg waren. Aber Javier dachte nicht daran, Emily darauf hinzuweisen. „Der denkt sicher, dass ich mich hier irgendwo rumtreibe. Außerdem, brechen die beiden jetzt nicht bald in die Flitterwochen auf?“
„Vermutlich.“ Emily überkreuzte die schlanken Arme, auch wenn es ihr unmöglich kalt sein konnte.
Innerlich fluchte Javier. Heute Nacht hätte Emily auf Hochzeitsreise gehen sollen. Alle ihre Pläne waren in Rauch aufgegangen. Nicht nur ihre Pläne für die Hochzeit oder die Flitterwochen, sondern für ihr ganzes zukünftiges Leben. Kein Wunder, dass Emily sich verloren fühlte, selbst wenn sie den Kerl nicht geliebt hatte.
„Es tut mir leid, Emily. Ich weiß, wie schwierig das alles für dich sein muss.“
Ohne ihn anzusehen, fing sie an, am Pool entlangzugehen. „Wir wollten eine Kreuzfahrt machen. Todd hatte schon alles geplant. Schnorcheln in Cabo, Surfen in Mazatlán …“
„Du surfst gern?“, fragte Javier zweifelnd.
„Ich habe es noch nie gemacht und bin mir ziemlich sicher, dass ich es gehasst hätte“, sagte sie leichthin. „So wie ich wahrscheinlich die ganze Kreuzfahrt verabscheut hätte. Nach der Schule habe ich einmal eine dreitägige Schifffahrt gemacht – und festgestellt, dass ich seekrank werde.“ Sie lachte leise. „Wenn ich so darüber nachdenke, hat mir Todd einen Gefallen getan. Das wäre eine furchtbare
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