Julia Extra Band 0325
ihr Ohr mit den Lippen gestreift, oder?
„Ich … äh…“ Emily schluckte. „Ja, Kelsey sieht wunderhübsch aus.“
Aileen und sie hatten den roten Lockenschopf ihrer Cousine zu einem eleganten Knoten hochgesteckt und ein ausgefallenes, rauchiges Make-up aufgelegt, wie es die bodenständige Kelsey selten benutzte. Aber Kelseys Kleid war einfach zu bezaubernd, um darauf zu verzichten – ein elfenbeinfarbener, schulterfreier Traum.
Doch Emily wusste, dass Kelseys Ausstrahlung nicht auf Frisur, Make-up oder Hochzeitskleid beruhte. Die Liebe und das Glück, die Kelsey ausstrahlte, machten sie zur schönsten Frau des Abends.
Im Vorübergehen tauschten drei Frauen mittleren Alters wissende Blicke und lächelten Emily selbstgefällig zu.
„Hallo, Emily“, rief eine, zog die Augenbrauen hoch und sah betont von Emily zu Javier und wieder zurück. Auf einmal wirkte ihr Zusammentreffen in dieser zurückgezogenen Ecke frivol.
Emily schaffte es, den Gruß mit einem Kopfnicken zu erwidern.
„Wer zum – wer um alles in der Welt war das denn?“
„Freundinnen meiner Mutter“, erklärte Emily mit hochrotem Gesicht.
Den Blick abgewendet, starrte Emily in die Dunkelheit. Sie wollte das Mitleid in Javiers Augen nicht sehen.
„Weißt du was“, sagte er sanft, „ich glaube, du bist die tapferste Frau, der ich je begegnet bin.“
Darauf stieß sie ein abgehacktes Lachen aus. „Und ich habe gerade gedacht, dass ich der größte Feigling auf Gottes weiter Erde bin.“
Bei diesem Eingeständnis brannten ihr Tränen in den Augen. Sie senkte den Kopf und wandte sich ab. Doch sie war noch nicht weit gekommen, als sie seine Schritte hinter sich auf dem Granitfußboden hörte.
Javier nahm ihren Arm und führte sie nach links. „Komm. Jetzt wird nicht mehr zugeschaut. Lass uns tanzen.“
Im Hintergrund spielte eine romantische Ballade. Emily schüttelte den Kopf. „Nein. Vergiss es.“
„Warum?“
„Weil ich nicht tanze.“
„Warum nicht?“
„Ich habe den Leuten schon genug Grund für Klatsch und Tratsch geliefert. Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist noch mehr Aufmerksamkeit.“
Ein Lächeln breitete sich langsam auf Javiers Gesicht aus. „Zu spät.“
Emily merkte erst, was er meinte, als er ihr den Arm um den Rücken legte und sie an sich zog. Er führte sie zur Mitte der Tanzfläche. Wenn sie ihn nicht mitten im Song stehen lassen wollte, hatte sie keine andere Wahl als zu bleiben, wo sie war. Und als sie unwillkürlich die Arme um seine breiten Schultern legte, wurde ihr klar, dass sie nirgends hingehen würde.
Seine dunklen Augen waren fast so samtschwarz wie der Nachthimmel. Und das Funkeln in seinen Augen war so sexy, dass es die ganze Milchstraße in den Schatten stellte. Außerdem tanzte er wie ein Mann, der weiß, was er tut … und wie er eine Frau dazu bringt zu reagieren. Er ließ die Hände ihren Rücken hinuntergleiten und legte sie an ihre Hüften; seine Oberschenkel streiften ihre Beine im Takt der Musik. Jeder Schritt nahm ihr den Atem. Durch die steife Korsage ihres schulterfreien Kleides konnte sie unmöglich seinen Herzschlag spüren. Das bedeutete, dass dieser wilde, verrückte Rhythmus von ihrem Herz stammte …
„Entspann dich“, befahl Javier. Mit rauer Stimme flüsterte er ihr ins Ohr: „Vergiss einfach, dass irgendjemand zusieht.“
Tatsächlich vergaß Emily die Gäste, die um die Tanzfläche herumstanden. Die Anspannung, die Javier spürte, hatte nur damit zu tun, dass sie in seinen Armen keine weichen Knie bekommen wollte. Zur Beruhigung versuchte sie, tief Luft zu holen. Dabei atmete sie prompt sein Eau de Cologne ein. Und der verführerische Duft brachte sie nur dazu, sich enger an ihn zu schmiegen.
„Zeig ihnen, wie egal dir das alles ist“, ermutigte er Emily, hob eine Hand und ließ seinen Zeigefinger von ihrem Nacken aus abwärts gleiten … über ihre nackte Haut … bis zum Ausschnitt ihres Kleids. Dann fuhr er sanft den Reißverschluss nach, bis hinunter zu ihrem Kreuz.
Dass seine Berührung das Metall nicht zum Schmelzen brachte, wunderte Emily beinahe. Sie schluckte schwer und versuchte, einen Grund zu finden, nicht selbst dahinzuschmelzen. „Aber es ist mir nicht egal. Und es sollte mir etwas ausmachen. Heute sollte mein Hochzeitstag sein. Ich sollte den Mann heiraten, den ich liebe und –“
„Aber das hast du nicht getan. Und du bist erleichtert.“
„Natürlich bin ich das. Wer möchte schon gern mit jemandem verheiratet sein, der einen
Weitere Kostenlose Bücher