Julia Extra Band 0325
betrügt und belügt?“
„Ich glaube, du bist erleichtert, weil du ihn nicht geliebt hast.“
Emily wich weit genug zurück, um seinen Blick zu erwidern. Es hätte sie nicht überrascht, wenn er sie mit den Augen ausgezogen hätte. Aber sie hatte nicht erwartet, dass er mit einem wissenden Blick ihre ganze Unsicherheit enthüllen würde. So entblößt versuchte sie, sich hinter ihrer Entrüstung zu verstecken.
„Was macht dich da so sicher? Du kennst mich doch gar nicht.“
„Ich erkenne es, wenn eine Frau verliebt ist. Und wenn ihr Herz gebrochen ist. Und bei dir, Süße, ist weder das eine noch das andere der Fall.“ Als der Tanz zu Ende war, ließ Javier Emily los.
Zwanzig Minuten, schwor sich Emily im Stillen. Sie würde Connor und Kelsey noch zwanzig Minuten Zeit geben, um die Hochzeitstorte anzuschneiden. Und dann würde sie verschwinden.
Sie hatte erreicht, was sie mit ihrer Anwesenheit bezweckt hatte. Erstens, bei der Hochzeit dabei zu sein. Und zweitens, Freunden und Bekannten zum ersten Mal gegenüberzutreten, seit sie ihre eigene Hochzeit abgeblasen hatte. Sie wünschte sich, tapfer genug zu sein, um bis zum Ende zu bleiben. Himmel, sie wäre gern mutig genug, sich unter die alleinstehenden Frauen zu mischen und den verdammten Brautstrauß zu fangen. Aber stattdessen würde sie in zwanzig Minuten durch eine Seitentür verschwinden.
Bis dahin, überlegte Emily, musste sie dringend ihr Make-up überprüfen, ihre Frisur, ihr Kleid, ihre Schuhe, ja sogar ihren Nagellack. Bis sie ihre Inspektion beendet hatte, war hoffentlich eine Viertelstunde vergangen.
Sie betrat die in Gold und Marmor gehaltene Damentoilette. Als sich die Tür hinter ihr schloss, waren Musik und Gelächter nur noch gedämpft zu hören. Eine Sekunde lang lehnte sich Emily mit dem Rücken gegen die Tür und holte zum ersten Mal seit Stunden tief Luft. Der Abend war fast vorbei. Sie hatte überlebt.
Am Kosmetiktisch mit dem vergoldeten Spiegel versuchte sie, sich auf ihr Haar zu konzentrieren. Aber beim Blick auf ihr Spiegelbild erstarrte sie.
Was stimmte nicht mit ihr, dass man ihr nicht einmal während einer äußerst kurzen Verlobungszeit treu sein konnte? Todd hatte nicht einmal bis zur Hochzeit gewartet, um sie zu betrügen. Dieser Schlag ins Gesicht ließ den Traum von Liebe und Treue als unrealistisches Hirngespinst erscheinen.
Nur glaubte sie fest daran, dass Connors Liebe zu Kelsey Bestand haben würde. Ihre Cousine hatte die wahre Liebe gefunden, genau wie ihre Schwester. Die mehr als dreißigjährige Ehe ihrer Eltern bewies ihre gegenseitige Verbundenheit. Das bedeutete, die Erfüllung dieses Traums war nur für sie unmöglich … weil ihr etwas fehlte.
Emily drehte das Wasser voll auf und schrubbte sich heftig die Hände. Todd war schuld. Sie musste aufhören, sich Vorwürfe zu machen. Aber die Zweifel nagten an ihrem Selbstvertrauen.
Als sie gerade die Papierhandtücher weggeworfen hatte, hörte sie Gelächter draußen auf dem Gang.
Weil sie niemandem begegnen wollte, schnappte Emily sich ihre Handtasche und huschte in die hinterste Kabine.
Die Tür ging auf. Musik und Gelächter begleiteten zwei Frauen herein. „Jetzt erzähl schon! Ich kann es gar nicht erwarten, die ganze Geschichte zu hören.“
Beim erwartungsvollen Tonfall der Frau verkrampfte sich Emilys Magen.
„Also …“ Die zweite Frau hielt inne und kostete den Moment aus. „Soweit ich gehört habe, hat sie herausgefunden, dass ihr Verlobter sie mit der Köchin seiner Familie betrogen hat.“
„Nein!“
„Doch! Und es kommt noch schlimmer! Die beiden haben ein Kind zusammen.“
„Oh, das ist ja schrecklich!“, rief die erste Frau. Ihr war anzuhören, wie sehr sie den Skandal genoss.
Die Wonne, mit der sich die Frauen an ihrer erniedrigenden Situation weideten, trieb Emily die Schamesröte in die Wangen. Die Details stimmten nicht. Aber die Geschichte kam der Wahrheit nahe genug, um Emily zu beweisen, dass ihre Familie schon wieder der falschen Person vertraut haben musste. Sie selbst hatte mit niemandem sonst über Todds Untreue gesprochen. Und dennoch hatte jemand – wahrscheinlich ihre Mutter oder ihre Schwester – mit einer guten Freundin geredet und diese zweifellos auch gebeten, Stillschweigen zu bewahren. Auch wenn das nicht viel genützt hatte.
Dieser Vertrauensbruch war nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem von Todd. Aber für Emily war es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Mit einer entschiedenen Drehung
Weitere Kostenlose Bücher