Julia Extra Band 0325
Emily.
Ihr Vater seufzte, als ob er es mit einer Zweijährigen zu tun hatte, die gerade trotzig mit dem Fuß aufstampfte. „Es kann ja sein, dass dir gefällt, wie das Haus aussieht“, versuchte er es noch einmal. „Aber was ist mit dem, was du nicht sehen kannst? Den Leitungen? Dem Fundament? Der Kanalisation?“
Sofort dachte Emily an Javier. Er würde ihr helfen. Oder er kannte jemanden, der ihr helfen konnte. Javier …
… Javier war niemand, auf den sie sich verlassen konnte.
Natürlich, im Augenblick war er charmant und aufmerksam. Aber Emily zwang sich, der Realität ins Auge zu sehen. Ein Problem zu ignorieren, machte es nur schwieriger, damit fertig zu werden – das hatte sie die Verlobung mit Todd gelehrt.
Vielleicht war sie dabei, den gleichen Fehler noch einmal zu machen. Die Dinge zu überstürzen, ohne nachzudenken.
Was willst du?
In ihren Gedanken hörte sie Javiers Stimme. Aber vielleicht spielte diese Frage gar keine Rolle, solange sie etwas wollte, das sie nicht haben konnte.
„Mann, wann hast du denn heute Morgen angefangen zu arbeiten?“
Javier sah von den Fliesen auf, die er gerade unbarmherzig aus dem Boden brach. Er schob die Schutzbrille hoch und wischte sich die Stirn mit dem Schweißband ab, das er ums Handgelenk trug. „Vor einer Stunde ungefähr.“
Sein Cousin stieß einen leisen Pfiff aus. „Und in der Zeit hast du das alles geschafft?“
„Ich bin eben motiviert“, sagte Javier. Er hob Hammer und Meißel auf, fiel über die nächste Kachel her und ließ seinem Frust freien Lauf.
Von Anna wusste er, dass sie sich gestern mit Emily bei dem Haus getroffen hatte. Warum hatte Emily ihn anschließend nicht angerufen? Wenn sie nicht an ihm interessiert war … aber sie war doch an ihm interessiert, verdammt noch mal! Er wusste, dass sie es war.
„Weißt du was, das könnten wir heute schaffen“, meinte Alex und übertönte Javiers unerbittliches Geklopfe. „Wenn wir die anderen Reparaturarbeiten morgen und übermorgen machen und außerdem die Böden ausbessern, können wir die neuen Fliesen in den nächsten Tagen verlegen. Ich würde sagen, du kannst die Wiedereröffnung fürs nächste Wochenende einplanen.“
Wenn Alex recht hatte, blieb Javier nicht viel Zeit, vor der Wiedereröffnung die beschädigten Möbel seines Vaters abzuschleifen und wieder herzurichten.
Natürlich würde alle Zeit der Welt ihm nicht helfen, wenn er dieser Aufgabe nicht gewachsen war. Trotzdem, er schuldete es seinem Vater, es wenigstens zu versuchen.
„Hast du was gesagt?“, fragte Alex.
„Nein, ich habe nur … Ich habe nur daran gedacht, noch mal mit meiner Mutter über meine Ideen für die Bar und die Terrasse zu sprechen. Das wäre jetzt die Gelegenheit.“
„Wenn Maria zustimmt, habe ich am nächsten Tag eine Crew für sie“, meinte sein Cousin, obwohl er zweifelnd eine Augenbraue hochzog.
„Aber du glaubst nicht, dass sie das tun wird?“
Alex zuckte mit den Schultern. „Sie war ziemlich stur, als es darum ging, etwas zu ändern. Aber mal ehrlich: Kannst du ihr daraus einen Vorwurf machen? Wenn etwas nicht kaputt ist, muss man es nicht reparieren.“
„Wo wir gerade von Dingen sprechen, die kaputt sind“, erwiderte Javier, „gestern Abend habe ich Monica getroffen.“
„Wo? Warum hast du mir das nicht schon früher erzählt?“
„Du hast doch mit ihr Schluss gemacht, oder? Weil sie eine feste Bindung wollte und du deine Freiheit. Also, was für einen Unterschied würde es machen, wenn Monica jemanden gefunden hat, dem es ernst ist?“
„Hat sie das?“ Alex sprang auf die Füße, den Hammer fest umklammert, als ob sein Nebenbuhler jede Sekunde hereingestürmt kommen würde.
Solange Emily Wilson ihm gegenüber saß, würde es Javier nicht einmal auffallen, wenn Monica mit einem ganzen Footballteam da gewesen wäre. Aber ganz blind war er auch nicht. Monica war eine schöne Frau. Es hätte niemanden – außer vielleicht Alex – überrascht, wenn sie jemanden gefunden hätte.
„Nein. Aber was kümmert es dich? Du hast doch jetzt deine Freiheit.“
„Stimmt“, knurrte Alex, bevor auch er mit ganzer Kraft über die Fliesen herfiel.
Am späten Nachmittag kam Anna ins Restaurant. Sie schob ihre Sonnenbrille hoch und sah sich um. „Wow!“, rief sie. „Ich kann nicht glauben, wie viel ihr seit gestern geschafft habt.“
„Ich schätze, ich könnte mal eine Pause machen“, keuchte Javier.
„Die braucht er. Er arbeitet hier schon seit dem Morgengrauen.
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