Julia Extra Band 0327
Gesicht. Und Aristoteles’ körperliche Nähe machte sie so nervös, dass die Wahrheit geradezu aus ihr heraussprudelte.
„Das ist gar keine richtige Brille.“
Aus ihren Augenwinkeln bemerkte Lucy, wie überrascht Aristoteles sie ansah. „Warum trägst du sie denn dann?“
Kein Wunder, dass ein Mann wie Aristoteles nicht verstand, warum eine Frau sich noch weniger attraktiv machte, als sie ohnehin schon war. Lucy fühlte sich plötzlich sehr verletzt.
Sie zuckte die Achseln. „Ich habe sie mir gekauft, als ich mit der Uni fertig war und mich auf Jobsuche begeben habe.“ Wie nur konnte sie Aristoteles verständlich machen, dass es ihr darum gegangen war, aufgrund ihrer Leistung und nicht aufgrund ihrer Figur eingestellt zu werden? Lucy schüttelte sich innerlich, als ihr ihr erster Chef wieder in den Sinn kam, der sich eines Tages schwitzend über sie gelehnt und ihr ins Ohr geflüstert hatte: „Ich liebe weibliche Rundungen.“
Aristoteles lächelte verwirrt. „Und, hat es etwas gebracht?“
„Ja, ich finde schon.“
Bis jetzt zumindest .
Lucy fühlte sich wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt und strampelt, während die erbarmungslose Sonne auf ihn herab brennt. „Viele Menschen tragen Brillen aus kosmetischen Gründen. Ich dachte, Sie verstehen das.“
„Aber Lucy, deine Zeugnisse und dein Lebenslauf sprechen doch für sich …“
Lucy sah ihn überrascht an. Sie war erfreut darüber, dass er ganz offensichtlich ihre berufliche Qualifikation so positiv einschätzte. Noch nie hatte Aristoteles sie für irgendetwas gelobt oder sich bedankt.
Sie senkte den Kopf und entgegnete mit leiser Stimme: „Gut, dann werde ich die Brille künftig nicht mehr tragen …“ Zum Glück gelang es ihr, das Sir hinunterzuschlucken. Denn dass er sie noch einmal bitten würde, ihn Aristoteles zu nennen, das hätte sie jetzt nicht ertragen können. Lucy betete, dass der Abend schnell umgehen möge, und sie freute sich auf zwei freie Tage, an denen sie ihrem Chef nicht begegnen würde. Schlimm genug war die Aussicht, bald schon drei ganze Wochen mit ihm in Athen verbringen zu müssen!
Stunden später atmete Lucy erleichtert auf, als Aristoteles’ Fahrer die dunkle Limousine vor ihrem Haus zum Stehen brachte. Zunächst hatte sie angekündigt, sich ein Taxi zu nehmen, doch Aristoteles hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu bringen.
Lucy tastete nach dem Türgriff und drehte sich dann zu Aristoteles um. Was sie sah, verschlug ihr die Sprache. Er hatte sich auf seiner Seite der Rückbank ausgestreckt und lehnte da, groß und hellwach und musterte sie aufmerksam. Von erneuter Unruhe ergriffen, öffnete Lucy die Tür und schwang das erste Bein ungestüm aus dem Wagen, als ein reißendes Geräusch sie aufhören ließ. Was war geschehen? Irgendwo musste der Träger ihres Kleides hängen geblieben sein und sie konnte gerade noch rechtzeitig die linke Seite ihres Oberteils festhalten, sonst hätte sie hier und jetzt unfreiwillig ihre nackte Brust entblößt. Wie peinlich!
Und als wäre das noch nicht genug, vernahm sie Aristoteles’ belustigte Stimme. „Du scheinst mit deiner Garderobe heute wirklich nicht allzu viel Glück zu haben …“
Warum nur konnte sie jetzt nicht einfach im Erdboden versinken und nie wieder auftauchen?
Lucy hörte, wie Aristoteles einige unverständliche Worte mit dem Fahrer wechselte. Dann stieg er aus und kam um den Wagen herum auf sie zu. Galant reichte er ihr den Arm, damit sie trotz hoher Absätze und Tasche in der einen, Kleid in der anderen Hand, aussteigen konnte. Das amüsierte Lächeln konnte er sich ganz offensichtlich nicht verkneifen.
Widerwillig ergriff Lucy seinen Arm und ließ sich aus dem Wagen helfen. Als sie sein Gesicht im fahlen Laternenlicht betrachtete, begann sie innerlich wieder zu erbeben. Genauso hatte er sie an jenem Morgen im Büro angesehen, als sie ihre nassen Kleider dort gewechselt hatte .
Unruhig und mit zittrigen Knien versuchte Lucy, ihm ihren Arm wieder zu entwinden. „Danke … das ist schon in Ordnung so. Ich komme ab jetzt alleine zurecht.“ Warum stieg er nicht wieder ein?
Aristoteles beachtete ihre abwehrenden Worte nicht. Er zog sie geradezu mit sich, in Richtung ihres Hauses. Lucys Herz klopfte bis zum Hals. Krampfhaft umklammerte sie den abgerissenen Träger ihres Kleides. „Wirklich Mr. Levakis, meine Haustür ist gleich da vorne …“
Doch Aristoteles schien sie überhaupt nicht zu hören. „Danke, Julian, Sie können jetzt fahren.
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