Julia Extra Band 0327
küssen.
„Okay?“, fragte er. Vorsichtig ließ er sie los, als würde sie womöglich vornüber fallen.
„Mir geht’s gut. Es ist bloß die Höhe“, schwindelte sie. Ihre heftige Reaktion auf seine Nähe erschreckte sie.
Luca verschränkte seine Finger mit ihren und hielt ihre Hand fest, bis sie wieder hineingingen.
„Haben wir noch Zeit, um den echten David zu sehen?“, erkundigte sich Isabelle, sobald sie sicher unten angekommen waren.
Er lachte. „Ihnen tun die Füße noch nicht weh?“
„Überhaupt nicht. Ich bin Hebamme.“ Sie lachte ebenfalls. „Einmal habe ich einen Schrittzähler benutzt, und der hat neunzehntausend Schritte registriert. Ich kann ewig laufen. Und Sie?“
„Genauso. Gut, dann machen wir das“, sagte Luca. „Sie werden staunen.“
Und so war es auch. „Die anatomischen Details sind verblüffend“, meinte Isabelle. Ehrfürchtig stand sie vor der riesigen Statue, die Michelangelo vor fünfhundert Jahren meisterhaft erschaffen hatte. „So exakt!“
„Wussten Sie, dass Michelangelo Leichen gekauft und seziert hat, um zu erfahren, was sich unter der Haut befand? Darum sind seine Arbeiten so lebensecht, weil sie auf wahren anatomischen Erkenntnissen beruhen. Abgesehen von den Genitalien natürlich“, setzte er leise und mit einem anzüglichen Grinsen hinzu. „Präpubertierend, um die älteren Damen und die zartfühlenden Jungfrauen nicht zu schockieren.“
Isabelle musste lachen, und sie gingen weiter. Doch die Galerie schloss bald danach, und sie traten hinaus in den dunklen, kalten Januarabend. Damit der wunderbare Tag mit Luca nicht schon jetzt endete, wandte Isabelle sich zu ihm um.
„Luca, das war ein so wunderschöner Tag, und ich habe so viel von Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Dürfte ich Sie als Dank dafür zum Essen einladen?“, fragte sie.
Um seine Mundwinkel zuckte es leicht. „Meine Zeit schenke ich Ihnen gerne, aber die Essenseinladung geht auf mich. Ich wollte es sowieso vorschlagen. Möchten Sie vorher noch zum Umziehen in Ihr Hotel?“
Er war einverstanden! Strahlend sah Isabelle ihn an. „Ich habe einen Bärenhunger. Also, wenn ich so hübsch genug bin …“
Sein leises Lachen ließ ihr einen wohligen Schauer über den Rücken rieseln. „Sie sehen gut aus. Aber die meisten Frauen in meinem Leben würden mindestens zwei Stunden Vorbereitung brauchen. Und sie würden niemals zugeben, dass sie hungrig sind.“
„Sie verkehren ganz offensichtlich mit den falschen Frauen“, gab sie amüsiert zurück.
Seine nachdenkliche Miene überraschte sie. „Das mag schon sein.“ Luca bot ihr seinen Arm an. „Gehen wir?“
Sie hakte sich bei ihm ein. Kalter Wind schlug ihnen entgegen, und Isabelle fröstelte trotz ihres Mantels. „Oh, das ist aber eisig. Ich hätte einen Schal mitnehmen sollen.“
„Hier, Sie können meinen haben.“ Er legte in ihr um den Hals.
„Aber jetzt werden Sie frieren!“, protestierte sie. Dann fing sie plötzlich seinen Duft in dem feinen, weichen Wollschal auf, und stieß unwillkürlich einen gedämpften Seufzer aus.
„Ich werd’s überleben. Das Lokal, das ich im Sinn habe, ist gleich hier um die Ecke.“ Außerdem hatte es sich wegen ihres sinnlichen Seufzens schon gelohnt, ihr seinen Schal zu überlassen. „Da ist es.“
Luca öffnete die Tür und ließ Isabelle den Vortritt. Sogleich stiegen ihr köstliche Gerüche in die Nase. Doch das Restaurant war voll.
„Kein Platz“, meinte sie enttäuscht. Aber Luca schüttelte nur den Kopf, schaute sich um und fing den Blick eines Mannes auf, der eine weiße Schürze um seine beleibte Mitte gebunden hatte. Mit einem breiten Lächeln und ausgebreiteten Armen kam er auf sie zu.
„ Luca! Buona sera! “
„ Buona sera, Alfredo. Come sta? “
Isabelle hörte dem freundschaftlichen Geplauder zu, verstand aber nur einzelne Wörter hier und da. Doch dann wechselte Luca wieder zu Englisch über. „Alfredo, haben Sie einen Tisch für uns?“
„ Sí, sí! Natürlich, für Sie immer, mein Freund.“
Mit etwas Hin- und Hergeschiebe brachte er sie unter, indem er einen kleinen Tisch aus der Ecke holte und noch einen Stuhl herbeizog. Sie setzten sich. Aber da sie so eingeklemmt saßen, war Isabelles Bein eng an Lucas Schenkel gepresst.
„Es tut mir leid“, sagte sie. „Aber ich kann nicht weiter abrücken.“
Luca lächelte nur. „Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen.“
Glühende Hitze durchströmte sie. Oje, was war bloß mit ihr los? Es war schließlich
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