Julia Extra Band 0327
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Allerdings schien sie den richtigen Zeitpunkt verpasst zu haben, denn nun war sie schwanger und allein.
Sie bemerkte kaum den respektvollen Gruß des Sicherheitspostens, als sie den kleinen Wagen durchs Tor lenkte. Sie parkte, stieg aus und informierte den Assistenten des Chauffeurs, dass der Wagen gewaschen werden musste. Dann betrat sie das Haus.
Zu Ehren von Rafaels Geburtstagsparty war das Haus besonders prachtvoll hergerichtet worden. Überall standen Vasen mit geschmackvollen Blumenarrangements aus Herbstrosen, mit Pfefferbeeren besetzten Zweigen und orangefarbenen Lilien. Bei der Menüzusammenstellung hatte Louisa auf regionale Gerichte zurückgegriffen, die der inzwischen genesene Koch mit seiner Küchentruppe zubereitete. Auf dem Speiseplan standen midye dolmasi – mit pikantem Reis gefüllte Muscheln –, Wolfsbarsch, Lammspieße sowie Früchte und Gebäck zum Dessert.
Sie selbst hatte Rafaels Lieblingsspeise zubereitet, die zwar nicht zu den türkischen Gerichten passte, aber sie wollte ihm eben eine Freude machen – zum Geburtstag und weil sie ihn liebte. Die karamellisierten Kekse mit Macadamianüssen und weißen Schokochips waren auch schnell zubereitet.
Seine erste Dinnerparty in dieser Villa sollte etwas ganz Besonderes sein. Da er ja nun beschlossen hatte, sein Haus in Istanbul wieder zu verkaufen, würde es auch die letzte Dinnerparty sein. Beklommen schaute Louise um sich.
Alles musste perfekt für Rafael sein. Sie hatte sein Haus wunderschön hergerichtet und ihm das Leben so angenehm wie möglich gemacht. Alles hatte sie für ihn aufgegeben. Und nun war es vorbei. Sowie er erfuhr, dass sie schwanger war, würde sie alles verlieren: den Job, der ihr so viel bedeutete. Und den Mann, den sie liebte.
Wie sollte das Leben ohne ihn weitergehen?
Niedergeschlagen schleppte sie sich zu ihrem Zimmer hinauf. Als sie am Arbeitszimmer vorbeiging, hörte sie einen von Rafaels Mitarbeitern sagen: „Mademoiselle Lepetit ist am Telefon, Sir.“
Louisa blieb abrupt stehen.
Dominique Lepetit war ein bildhübsches französisches Filmsternchen, das durch seine Oben-ohne-Aufnahmen bei den Filmfestspielen in Cannes zu einiger Berühmtheit gekommen war. Blond, kurvenreich und grausam – war das nicht der Traum der meisten Männer?
„Ich bin beschäftigt. Richten Sie ihr das aus!“
Erleichtert atmete Louisa auf, als sie Rafaels abweisende Worte hörte. Erst jetzt machte sie sich bewusst, wie sehr sie sich wünschte, dass er ihr treu wäre.
Rafael Cruz? Treu? Das war ein völliger Widerspruch. Hatten die Schwangerschaftshormone ihr schon das Hirn vernebelt?
Nachdenklich machte sie sich weiter auf den Weg zu ihrem Zimmer. Immerhin wollte Rafael nicht mit Dominique Lepetit sprechen. Vielleicht hatte er sich ja doch verändert.
Oben angekommen, zog sie die Tür hinter sich zu und lehnte sich erschöpft dagegen. Behutsam streichelte sie dann ihren Bauch. Es erschien ihr wie ein Wunder, dass in ihr ein neues Leben heranwuchs. Rafaels Kind. Versonnen lächelte sie vor sich hin. Ein Baby! Sie stellte sich vor, es im Arm zu halten. Ihr Kind! Sie liebte es schon jetzt.
Ihre Eltern waren schon lange tot, und zu ihrer jüngeren Schwester war der Kontakt vor fünf Jahren abgebrochen. Durch das Baby hätte sie endlich ihre eigene Familie. Nach all den Jahren der Einsamkeit wurde es Zeit, ein richtiges Zuhause zu finden.
Ob Katie auch so gedacht hatte, als sie schwanger geworden war?
Schnell verdrängte Louisa den ungebetenen Gedanken. Sie wollte sich nicht an Katie erinnern, die sie zur Tante gemacht hatte. Allerdings wusste sie noch nicht einmal, ob es sich bei dem Kind ihrer Schwester um eine Nichte oder einen Neffen handelte. Inzwischen musste das Kind fast fünf Jahre alt sein und spielte wahrscheinlich bereits mit seinen kleinen Geschwistern. Und Matthias Spence war der Vater.
Seit Jahren hatte sie jeden Gedanken an Matthias verdrängt. Überrascht stellte sie jetzt fest, dass es plötzlich nicht mehr so wehtat, an ihn zu denken. Vielleicht war es überhaupt keine echte Liebe gewesen. Als er damals um ihre Hand angehalten hatte, war Louisa erst wenige Monate bei ihm beschäftigt gewesen. Sie hatte ihn nicht halb so gut gekannt wie Rafael.
Außerdem war sie damals noch so jung gewesen. Jetzt erkannte sie, dass sie in Matthias nur verknallt gewesen war. Rafael dagegen liebte sie von ganzem Herzen. Und nun erwartete sie ein Baby von ihm.
Erneut überlegte sie, wie sie ihm die Nachricht
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