Julia Extra Band 0327
ergehen! Wie kam sie dazu, Rafael den Flyer zu schicken? Warum musste sie sich überhaupt einmischen? Und dann noch so eine Aktion hinter ihrem Rücken. Na warte, Schwesterherz, du kannst was erleben, dachte Louisa aufgebracht.
„Ich bin froh, dass es dir gut geht, Louisa. Du hast es verdient, glücklich zu sein.“
„Ja.“ Aber der Erfolg hatte auch seinen Preis. Sie musste das Baby versorgen und sich um die Bäckerei kümmern. Mehr als sechs Stunden Schlaf blieben ihr da nicht. Deshalb war sie auch seit Monaten müde und erschöpft. Rafael hingegen sah so frisch und unwiderstehlich aus wie eh und je. „Wir arbeiten aber auch hart dafür“, erklärte sie. „Matthias hat meiner Schwester keinen Cent hinterlassen. Die Bäckerei und die Kinder machen viel Arbeit.“
„Kinder?“, fragte er nach.
Louisa hätte sich die Zunge abbeißen können vor Wut über ihren Schnitzer. Bevor sie eine Ausrede erfinden konnte, bimmelte die Türglocke, und Katie, bepackt mit einem Rucksack und einem Stapel Bilder, schneite herein – ihre Tochter im Schlepptau.
„Entschuldige die Verspätung“, keuchte sie. „Aber heute haben sich wohl alle Eltern entschlossen, ihre Kinder von der Schule abzuholen. Ich stand eine halbe Ewigkeit im Stau.“ Jetzt hatte sie Rafael entdeckt. „Oh. Hallo.“
Louisa warf ihr einen warnenden Blick zu. „Das ist mein früherer Boss, Katie.“
Katie besaß die Unverfrorenheit, ihm lächelnd die Hand zu reichen. „Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Cruz.“
„Sie können ruhig Rafael sagen.“
„Okay. Rafael.“
Louisa kochte vor Wut. Und dann zuckte sie erschrocken zusammen, weil das Baby leise zu wimmern begann. Nervös schaute sie sich um. Doch Rafael schien nichts bemerkt zu haben.
„Wenn du möchtest, führe ich dich über die Insel, Rafael“, schlug sie schnell vor.
Ihr Vorschlag überraschte ihn. „Ja, gern.“ Rafael strahlte.
Louisa band sich die Schürze ab und zog ihr ärmelloses Top zurecht. „Du übernimmst den Laden, Katie. Das Essen für den Kleinen steht im Kühlschrank.“ Sie bedachte ihre Schwester mit einem wütenden Blick. „Wir sprechen uns später.“
Katie konnte nur beschämt nicken.
Louisa hängte die Schürze an einen Haken und kam um den Verkaufstresen herum. Die Arbeitsschuhe tauschte sie gegen Flipflops, dann zog sie die Spange aus dem Haar und ließ es locker über die nackten Schultern fallen. „Hast du dich in Key West schon umgesehen?“, fragte sie Rafael.
„Nein.“ Bewundernd ließ er den Blick über sie gleiten. „Nach der Landung bin ich direkt auf deine Bäckerei zugesteuert.“
„Aha. Auch gut. Dann lass uns aufbrechen.“
Rafael konnte kaum den Blick von ihr wenden.
Louisa hatte sich in den vergangenen sechzehn Monaten stark verändert. Nicht nur äußerlich. Mit der in unauffälligem Grau gekleideten Haushälterin mit Hornbrille und strenger Steckfrisur hatte sie keine Ähnlichkeit mehr.
Ihr ebenmäßiges Gesicht war sonnengebräunt und unterstrich ihre natürliche Schönheit. Die Augen leuchteten, ihre Lippen schimmerten dunkelrosa. Das Haar war heller geworden. Sie trug es nun offen. Duftig fiel es ihr über die Schultern. Außerdem schien sie das eine oder andere Pfund zugenommen zu haben, was ihre sexy Figur noch besser zur Geltung brachte. Und das Grau war fröhlichen Farben gewichen. Das blaue Top und die gelben Shorts standen ihr hervorragend.
In dieser Kleinstadt am Rand der türkisblauen Karibik zu wohnen und zu arbeiten schien ihr ausgesprochen gut zu tun. Louisa sah aus wie das blühende Leben.
Immer wieder musste er sie auf dem Weg zum Strand anschauen. Rafael war nicht nur hier, um sich zu entschuldigen, er wollte auch versuchen, Louisa zu bewegen, wieder für ihn zu arbeiten. Sie hatte ihm so gefehlt! Seit ihrer Kündigung herrschte das reinste Chaos in seinen Haushalten. Wenn er ihr Gehalt vervierfachte und ihr zwei Monate Jahresurlaub anbot, würde sie doch zurückkommen, oder? Er war durchaus bereit, auch auf Bedingungen einzugehen. Wenn sie nur zu ihm zurückkehrte. Nicht nur als seine Haushälterin, sondern auch als seine Geliebte und Vertraute.
Der Flyer in der Post war für ihn ein Zeichen gewesen, sofort nach Florida zu fliegen, um Louisa zur Rückkehr zu bewegen. Seit er den Fuß in die geschmackvolle, offensichtlich ausgesprochen beliebte Bäckerei gesetzt hatte, war ihm allerdings bewusst geworden, dass dies ein hartes Stück Arbeit werden könnte.
Jeder auf dieser Insel schien Louisa zu kennen.
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