Julia Extra Band 0328
Aftershaves umnebelte ihre Sinne, und als seine Hand versehentlich ihre Taille streifte, hatte sie das Gefühl, die sengende Hitze würde ein Loch in den dünnen Stoff ihrer Weste brennen.
Victoria starrte auf die Dokumente, die vor ihr auf dem Schreibtisch lagen, konnte aber ihren Sinn nicht erfassen. Sie wünschte sich, Nathan würde sich sträuben und zurück auf ihren Schoß wollen, doch er schien absolut zufrieden zu sein. Das Bild, das der große Mann und der kleine Junge abgaben, krampfte ihr das Herz zusammen. Die beiden wirkten völlig entspannt und seltsam vertraut.
Fast wie Vater und Sohn.
Lieber Himmel! Wohin verirrten sich ihre Gedanken?
Hastig senkte sie den Blick. „Wo genau soll ich unterschreiben?“
Einer der Anwälte kam zu ihr herüber, zog einen Stift aus seiner Brusttasche und markierte die entsprechenden Stellen. Rasch setzte sie ihren Namen auf die Linien und erhob sich in dem Moment, als eine junge Frau den Raum betrat und erklärte, der Standesbeamte sei inzwischen eingetroffen und bereit, sie zu trauen, wann immer sie so weit wären.
Victoria hatte das Gefühl, ihr Magen balle sich wie eine Faust zusammen. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr.
„Kann ich meinen Sohn wiederhaben?“ Verlangend streckte sie die Hände aus, doch anstatt ihr Nathan zu überlassen, reichte Antonio den Kleinen an seinen italienischen Anwalt weiter.
„Du bekommst ihn in spätestens zehn Minuten zurück, wenn wir die Ringe getauscht haben und Mann und Frau sind.“
„Aber …“
„Du musst nicht so besorgt dreinschauen, Ricardo kommt mit uns und wird bei der Zeremonie anwesend sein.“
„Okay … schon gut mein Schatz“, sagte Victoria leise und lächelte ihrem Sohn zu, als er die Ärmchen nach ihr ausstreckte. „Sei ein braver Junge.“
Antonio hörte die Zärtlichkeit in der warmen Stimme und sah das Leuchten in ihren Augen, während sie ihrem Sohn liebevoll über die dunklen Locken strich.
„Mr. Cavelli, wenn Sie so weit wären …“, mahnte die Empfangssekretärin.
„Ja …“, antwortete Antonio zerstreut. „Ja, natürlich … lasst uns gehen und die Angelegenheit endlich hinter uns bringen. Wir haben einen langen Flug vor uns.“
Victoria war zu Tode erschöpft, fand aber keinen Schlaf. Jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie den Moment vor sich, als Antonio ihr den Ehering an den Finger gesteckt hatte, und erinnerte sich an den Blick in seinen Augen, der ihre Gefühle in Aufruhr versetzt hatte.
Wie beneidete sie ihren kleinen Sohn, der neben ihr auf dem Sitz des luxuriösen Privatjets zusammengerollt lag und seit Stunden selig schlummerte.
Aber was hatte sie denn erwartet? Bei einer Hochzeit wie dieser wären sogar ein Glas Champagner oder ein Kuss auf die Wange schon zu viel gewesen. Und selbst als ihr frischgebackener Ehemann ihr geholfen hatte, sich vor dem Start der Maschine anzuschnallen, war sie zur Salzsäule erstarrt, was ihm nicht verborgen geblieben war, wie sein spöttisches Lächeln ihr zeigte.
Seither hatte er sich glücklicherweise in einen Stapel Papiere vertieft und tippte ab und zu etwas in seinen Laptop, ohne aufzuschauen oder ihr auch nur einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken. Wurde der Mann denn nie müde?
Gerade in dieser Sekunde hob er den Kopf und lächelte, als er ihrem Blick begegnete. „Na, fühlst du dich schon besser?“
Sofort versteifte sie sich. „Wie meinst du das?“
„Du schienst bei der Trauung ein wenig angespannt zu sein.“
„Tatsächlich?“, erwiderte sie schnippisch. „Ich weiß nicht, was dich auf diese Idee gebracht haben könnte.“
Antonio grinste. „Okay, dann sollten wir einen Happen essen, oder?“ Es war keine Frage, wenn es sich auch so anhörte.
Victoria dachte, dass sie keinen Bissen herunterbringen würde, traute sich aber nicht, ihm das zu sagen, deshalb nickte sie vage. „Ich … ich würde mich gern vorher noch etwas frisch machen.“
„Du kannst das Bad in der Suite benutzen“, bot Antonio an. „Der Stewart wird es dir zeigen. Deine Tasche müsste bereits dort stehen.“
„Suite?“
Antonio deutete mit dem Kopf auf eine Tür am Ende des Ganges. Victoria war noch nie in einem Privatjet geflogen und stand kurz darauf staunend in einem perfekt eingerichteten Bad mit Dusche und Frisiertisch vor einem raumhohen Spiegel. Wie in Trance band sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz, legte die Brille zur Seite und besprengte ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Ob sie sich umziehen sollte?
Nach kurzer Überlegung
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