Julia Extra Band 0328
warum sollte sie Tariq bin Khaled Al-Nur anders behandeln?
„In gewisser Weise, ja“, antwortete er.
Sein Blick wanderte über ihren Körper. Anscheinend verglich auch er sie mit der Jessa seiner Erinnerungen. Sie spürte, wie ihre Wangen in einer Mischung aus Verwirrung und Zorn Feuer fingen. Doch was, in aller Welt, sollte das alles? Nichts würde die Tatsache erschüttern können, dass sie ein gewöhnliches Mädchen aus Yorkshire war und er ein König.
„Es ist schön, dich wiederzusehen, Jessa“, sagte Tariq. Seine übertriebene Höflichkeit vermochte die Strenge nicht zu überdecken, die hinter den freundlichen Worten lauerten. Auch gefiel es ihr nicht, dass er sie bei ihrem Namen nannte. Es hörte sich wie eine Liebkosung an, die ihr zärtlich über die Schultern strich, durch die Blutbahn wirbelte und ihre Haut erglühen ließ.
„Ich fürchte, das kann ich umgekehrt nicht behaupten“, gab sie kühl zurück. Sie zeigte Rückgrat. Sie musste ihn loswerden und dafür sorgen, dass er ihr nie wieder unter die Augen kam. Die Vergangenheit durfte sie nie mehr einholen. „Von allen Menschen dieser Erde möchte ich dich als letzten wiedersehen. Wenn du sofort wieder gehst, können wir so tun, als hätte diese Begegnung nie stattgefunden.“
Tariqs Blick wurde stählern. Mit unglaublicher Gelassenheit schob er die langen, eleganten Hände in die Hosentaschen. Der Tariq, den sie kannte, hatte damals schon durch seine lockere Lässigkeit bestochen. Aber dieser Mann hatte aufgehört zu existieren, oder nicht?
„Ich sehe, dass deine Zunge über die Jahre schärfer geworden ist.“ Er hielt kurz inne. „Was hat sich noch verändert?“
Es gab nur eine einzige Besonderheit, die sie ihm allerdings unter keinen Umständen offenbaren durfte. Oder wusste er bereits davon? Wollte er sie ködern?
„ Ich habe mich verändert“, erklärte Jessa. Während sie Tariq fest im Auge behielt, entschied sie sich, in die Offensive zu gehen. Doch sie musste vorsichtig sein. Dieser ihr auf rätselhafte Weise vertraute Mann war weit härter als jener Liebhaber in ihrer Erinnerung. „Man nennt es erwachsen werden.“ Trotzig hob sie das Kinn. Sie spürte, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. „Die Zeit, als ich um Anerkennung gebuhlt habe, ist vorbei.“
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich seine Gestalt straffte. Als ob er sich bereit machte zum Gefecht. Sie hatte Mühe, Haltung zu bewahren, während seine Augen mit angedeutetem Spott auf ihr ruhten. Ein skrupelloses Lächeln kräuselte sich um seine Lippen.
„Ich kann mich an kein einziges Mal erinnern, dass du mich um etwas gebeten hättest“, erwiderte Tariq mit Schärfe in der Stimme. „Außer in meinem Bett natürlich.“ Er ließ die Bemerkung einen Moment im Raum stehen. Sprachlos sah Jessa ihn an. „Du brauchst mir nur zu sagen, ob du solch eine Szene mit mir nachspielen möchtest.“
„Bestimmt nicht“, brachte sie mühsam heraus. Sie wollte nicht an sein Bett denken und auch nicht, was darin geschehen war. Sie wollte nicht. „Die Tage, in denen ich mich an bemitleidenswerte Playboys gehängt habe, sind längst vorbei.“
Ihre Anspannung wuchs. Seine dunkelgrünen Augen verengten sich zu Schlitzen, und wieder einmal fühlte sie sich daran erinnert, dass er alles andere als ein berechenbarer Mensch war. Nicht einmal der Mann war es gewesen, den sie einst gekannt hatte. Er war zu ungezähmt, zu wenig beherrschbar, und sie wäre dumm, ihn zu unterschätzen – oder sich selbst zu überschätzen.
Jessa konnte es – konnte ihn – in ihrem ganzen Körper fühlen, als ob sich rein gar nichts verändert hätte. Obwohl in Wahrheit alles anders geworden war. Als ob er noch immer Besitz von ihr ergriffen hätte und sie ebenso wirkungsvoll wie rücksichtslos kontrollieren würde wie in den Jahren zuvor. Ihre Brüste fühlten sich straff unter der Bluse an, ihre Haut war angenehm gerötet, und sie hatte wieder dieses altvertraute, verlockende, heiße Ziehen im Unterleib. Sie biss sich auf die Unterlippe, um die aufkeimende Hitze zu unterdrücken. Ihre Augen würden sonst wieder diesen verräterischen Glanz annehmen.
Es durfte einfach nicht passieren, was immer „es“ bedeutete. Sie wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Alles, was in ihrer Macht stand, wollte sie tun, um es abzuwenden. Es war doch nur Chemie: eine einfache chemische und körperliche Reaktion.
Tariq bin Khaled Al-Nur war kein Mann, der an Geister glaubte. Und doch hatten sie ihn die
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