Julia Extra Band 0330
Angst. So einfach würde die Überzeugungsarbeit bei Monicas Bruder also nicht werden. Aber zuerst einmal musste sie diesen Mann persönlich kennenlernen, allein schon, weil sie ja bald miteinander verwandt waren.
Sophie hatte sich immer eine heile Familie gewünscht, und es war für sie wie ein Wunder gewesen, nach all den Jahren der Trennung Jake wiederzubegegnen. Auch wenn die Wiedervereinigung der Geschwister traurigerweise nur durch den Tod ihrer Mutter zustande gekommen war. Und jetzt würde sich ihre kleine Familie noch weiter vergrößern.
Monica war ein reizendes Mädchen, mit der Sophie sich auf Anhieb blendend verstanden hatte. Eine nettere Schwägerin konnte Sophie sich gar nicht wünschen. Doch die Aussicht, Daniel als Schwager zu bekommen, war dagegen nicht besonders erfreulich. Aber seine Verwandten konnte man sich eben nicht aussuchen.
Warum dauert das so lange? fragte sie sich und wechselte zum wiederholten Mal ihre Sitzposition. Dann überprüfte sie erneut, ob die Unterlagen auch wirklich vollständig waren, und starrte anschließend voller Ungeduld an die Decke. Dieser arrogante Kerl! Wenn er einfach mit ihrem Bruder telefoniert hätte, wäre dieser ganze Besuch überflüssig gewesen.
Auf Sophies fragenden Blick hin zuckte die andere Frau entschuldigend die Achseln. Seufzend sah Sophie durchs Fenster auf den von Palmen umsäumten Strand und das glitzernde Korallenmeer.
So ein Büro könnte ich mir auch gefallen lassen! Wehmütig dachte sie an ihre eigenen unspektakulären Räume in Brisbane, die nicht einmal einen winzigen Blick auf den Fluss erlaubten, eingepfercht zwischen den ganzen Hochhäusern. Aber vielleicht war dieser Arbeitsplatz hier auch nur eine faire Entschädigung, wenn man für einen teuflischen Vorgesetzten schuften musste.
„Mr Caruana wird Sie jetzt empfangen.“
Diese Nachricht ließ Sophie innerlich zittern. Natürlich war sie froh, die Wartezeit hinter sich zu haben und doch noch ihren Termin zu bekommen, trotzdem zerrte die lang ersehnte Audienz bei diesem aufgeblasenen Kerl gewaltig an ihren Nerven. Wenn es nach ihr ginge, würde sie den Herrn, der eine Ewigkeit brauchte, um sich zu einem Gespräch herabzulassen, einfach versetzen. Immerhin war sie selbst nicht auf sein zögerliches Einverständnis für diese Hochzeit angewiesen.
Andererseits ging es hier nicht um sie, sondern um Jake und Monica. Also holte sie tief Luft, strich sich beim Aufstehen noch einmal über ihren Rock und steckte eine lose Haarsträhne hinter ihr Ohr.
Kühl, selbstsicher und professionell – so wollte Sophie auftreten und wahrgenommen werden. Der Daniel Caruana, über den sie recherchiert hatte, erwartete ausschließlich erstklassige Präsentationen, und eine solche würde sie ihm liefern. Später, nach der glanzvollen Hochzeit, und wenn sie beide sich erst besser kannten, war noch genügend Zeit, um sich zwanglos zu unterhalten. Heute jedoch ging es in erster Linie ums Geschäft.
Dankend lächelte sie der Sekretärin zu, die ganz offensichtlich erleichtert war, ihren Boss nicht noch ein drittes Mal stören zu müssen, um der hartnäckigen Besucherin einen Gesprächstermin zu verschaffen.
Sachte klopfte Sophie an die geschlossene Tür, bevor sie das größte Büro betrat, das sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Beeindruckt von diesen unerwarteten Dimensionen blieb sie stehen und sah sich um. So viel Platz für einen einzigen Mann? Vermutlich brauchte er das, um sein immenses Ego unterzubringen!
Doch Sophie wollte sich kein zu schnelles Urteil über ihren zukünftigen Schwager erlauben. Entschlossen setzte sie ihr professionellstes Lächeln auf und dachte dabei an die Kraft positiver Gedanken.
„Mr Caruana“, begrüßte sie ihn etwas zu strahlend. „Ich freue mich, Sie doch noch kennenzulernen.“
Mit verschränkten Armen stand er – den Rücken zur Tür gewandt – vor einer riesigen Fensterfläche, die den Blick auf eine von Queenslands schönsten Küsten freigab. Doch viel fesselnder als die Strandszenerie fand Sophie die stattliche Silhouette, die sich vom Sonnenlicht absetzte: breite Schultern, schmale Hüften und lange, kräftige Beine.
Dann drehte Daniel sich um, und der herrliche Ausblick verblasste in Sophies Augen vollends. Das, was sie auf den vielen Fotos im Internet nicht hatte erkennen können, traf sie wie ein Schlag. Natürlich war ihr nicht neu, wie attraktiv Daniel mit seinen schwarzen Haaren und den stahlgrauen Augen aussah, und auch seine markanten
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