Julia Extra Band 0330
zerstörte, aber sie wollte nicht das ganze Haus aufwecken. Außerdem konnte sie sich wohl kaum stundenlang im Bad einschließen.
Stolpernd bewegte sie sich vorwärts und steckte die dünne Decke um sich herum noch fester. Ihre Brüste fühlten sich nach dem Liebesspiel so empfindlich an wie noch nie. Libbys Hand zitterte, als sie den Schlüssel im Schloss drehte.
Raul trug jetzt wieder seine Hose, und Libby hätte gern spontan ihr Gesicht gegen seine nackte Brust gelehnt und dem regelmäßigen Herzschlag gelauscht.
Doch er starrte sie an, als würde er sie am liebsten erwürgen wollen. „Wer ist Ginos Mutter?“, wollte er wissen.
Sie biss sich einmal fest auf die Unterlippe. „Elizabeth Maynard.“
„Lüg mich nicht an!“, schrie er außer sich vor Wut. „Ich habe deinen Pass gesehen. Du bist Elizabeth Maynard, und eine sehr jungfräuliche Elizabeth Maynard! Wenigstens warst du es bis vor ein paar Minuten.“ Mit der flachen Hand schlug er gegen die Wand. „Du kleiner Dummkopf! Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass es für dich das erste Mal ist? Dann hätte ich doch ganz andere …“ Er brach ab und fuhr sich mehrfach durch sein zerwühltes Haar.
Immer wieder hallte Libbys Schmerzensschrei in seinem Kopf nach, und es brachte Raul förmlich um den Verstand, einer unerfahrenen jungen Frau gegenüber so rücksichtslos und egoistisch gewesen zu sein. Wie hatte das alles nur passieren können? Üblicherweise war er ein umsichtiger, großzügiger Liebhaber, und ausgerechnet bei der Frau, die ihn am meisten faszinierte, versagte er auf voller Länge.
„Ich wäre einfach viel vorsichtiger gewesen“, schloss er brummend und wandte sich Libby zu. „Wer bist du?“
„Ich bin tatsächlich Elizabeth Maynard“, wiederholte sie und atmete tief durch. „Genau wie meine Mutter. Wir haben den gleichen Namen. Sie war es, die deinen Vater auf der Kreuzfahrt kennenlernte und eine Affäre mit ihm begann. Gino ist mein Halbbruder.“
„Deine Mutter war Pietros Geliebte?“ Raul fluchte erneut und schaffte es nur mit Mühe, seine Emotionen im Zaum zu halten. „Wo ist sie dann, zum Teufel? Und warum gibst du dich als Ginos Mutter aus?“
Die Trauer in Libbys Herz war noch sehr frisch, und sie spürte einen schmerzhaften Stich in ihrer Brust. „Sie ist tot“, erwiderte sie mit kaum hörbarer Stimme.
Ratlos starrte Raul in ihr kreideweißes Gesicht und bemerkte die Tränen, die in ihren Augen standen. „Das tut mir leid“, sagte er tonlos. „Habt ihr beide euch nahegestanden?“
„Wir waren eher so etwas wie Schwestern“, erklärte Libby. „Ich vermisse sie jeden Tag. Meine ganze Kindheit lang gab es nur sie und mich. Meinen Vater kenne ich nicht, sie wollte nie über ihn sprechen. Ich weiß nur, dass er ihr das Herz gebrochen hat. Er war anscheinend verheiratet, aber davon hatte meine Mutter anfangs nichts gewusst. Als sie ihm dann von der Schwangerschaft erzählte, bot er ihr Geld für eine Abtreibung an.“ Es fiel Libby schwer, über diese Dinge zu sprechen. „Als Pietro auch nichts von ihrem Baby wissen wollte, war es für sie wie ein demütigendes Déjà-vu. Aber sie liebte Gino von der ersten Sekunde an und wollte ihm ein glückliches Leben schenken. Darum sind wir auch von London nach Cornwall gezogen. Aber dann starb sie sehr plötzlich an einer Thrombose. Natürlich hatte sie für diesen schrecklichen Fall nicht vorgesorgt, und um eine Vormundschaft durch das Jugendamt zu verhindern, gab ich mich als Ginos Mutter aus. Ich liebe ihn“, fügte sie mit gebrochener Stimme hinzu. „Er ist meine Familie, und wir gehören zusammen. Ich weiß, ich hätte dir das alles schon viel früher sagen müssen, aber …“
„ Dio! Das sagst du jetzt“, fuhr er sie verbittert an. „Du lügst mir ins Gesicht, hintergehst mich …“
„Das musste ich doch tun!“, wehrte Libby sich gegen die Vorwürfe. „Pietro hat in seinem Testament festgelegt, dass Gino und seine Mutter in der Villa leben sollen. Ich hatte Angst, du würdest das Sorgerecht für deinen Halbbruder einklagen, sobald du die Wahrheit kennst. Das hätte ich nicht ertragen.“ Nur mit Mühe hielt sie ihre Tränen noch zurück. „Und du hast selbst gesagt, Gino braucht uns beide. Das stimmt nach wie vor. Liz ist gestorben, als er erst ein paar Monate alt war. Ich bin die einzige Mutter, die er kennt.“
„Aber du bist nicht seine Mutter.“ Raul schaffte es nicht, Libby direkt anzusehen. Nicht, nachdem er wusste, dass sie eine berechnende
Weitere Kostenlose Bücher