Julia Extra Band 0330
wunderschöne, junge Frau, die vor allem die angenehmen Seiten des Lebens in vollen Zügen genießen sollte. Aber sie hatte all das für ein Baby aufgegeben.
Auch seine Adoptivmutter war in der Lage gewesen, ein Kind wie ihr eigenes zu lieben, obwohl sie es nicht selbst zur Welt gebracht hatte. Wie hatte Dana seinen Glauben an das weibliche Geschlecht nur so nachhaltig erschüttern können? Vielleicht tat er Libby ja unrecht?
Sie und sein Vater hatten keine sexuelle Beziehung zueinander gehabt. Um genau zu sein, hatte sie bisher zu gar keinem Mann eine sexuelle Beziehung gehabt! Diese Gewissheit verschaffte Raul ein gewisses Triumphgefühl.
Erst Stunden später kehrte er zum Steg zurück und stellte fest, dass Libby dort auf ihn wartete. Inzwischen trug sie eine Jeans und einen hellgrauen Pullover.
„Kannst du das mal auffangen?“, rief er ihr zu und warf ihr die Leine zu, mit der das Boot vertäut wurde.
Nach kurzem Zögern hob sie das Tau auf.
„Wickle es um den Pfosten dort!“ Als er neben ihr auf den Holzplanken stand, machte er einen professionellen Knoten und sah auf seine Uhr. „Es ist vier Uhr morgens. Ich hätte nicht gedacht, dass du schon auf bist.“
„Ich habe gar nicht geschlafen. Es muss schön da draußen auf dem Wasser sein, wenn die Sonne aufgeht.“
„Für mich ist es der herrlichste Ort auf dieser Welt“, gab er zu. „Vielleicht nehme ich dich mal mit.“
Ihr ängstlicher Blick richtete sich auf sein Gesicht. „Bitte trenn mich nicht von Gino! Ich liebe ihn, und er liebt mich. Es wäre grausam, einen Keil zwischen uns zu treiben.“
„Ich weiß, und ich bin schließlich kein Unmensch. Mir ist völlig klar, was er dir bedeutet und dass du in seinen Augen seine echte Mutter bist.“
Zum ersten Mal, seit Raul wutentbrannt das Schlafzimmer verlassen hatte, entspannte Libby sich etwas. „Es war unverzeihlich, was ich getan habe, aber nach Mums Tod hatte ich schreckliche Angst vor dem Jugendamt. Ich habe selbst einige Zeit im Heim verbringen müssen und kenne das Gefühl, nirgendwohin zu gehören. Das wollte ich Gino um jeden Preis ersparen.“
„Und dafür hast du sogar deine Unschuld geopfert“, schloss Raul in scharfem Ton. „Hast du wirklich gedacht, du könntest das vor mir verbergen?“
Ihre blassen Wangen bekamen etwas Farbe. „Ich hätte nicht erwartet, dass diese Erfahrung so einschneidend und intensiv sein würde“, gab sie kleinlaut zu.
Sein schlechtes Gewissen meldete sich zurück. „So hätte es natürlich nicht sein dürfen. Wenn ich gewusst hätte, dass es dein erstes Mal ist, wäre ich behutsamer und geduldiger gewesen.“ Er blickte zur Seite und räusperte sich. „Beim nächsten Mal passe ich besser auf!“
Beim nächsten Mal! „Bedeutet das, du willst unsere Ehe fortsetzen? Obwohl ich …“
„Obwohl du mich getäuscht und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geheiratet hast?“, vollendete er kühl. „Ich gebe zu, mein erster Gedanke war, dich nach England zurückzuschicken. Aber einmal abgesehen von der Tatsache, dass Gino dich braucht, könntest du bereits jetzt mein Kind in dir tragen.“
Libby zitterte, und Raul runzelte besorgt die Stirn. „Du frierst ja. Komm zurück ins Haus!“
Gemeinsam gingen sie über den Steg zurück zum Ufer, doch Libby war derart in Gedanken versunken, dass sie stolperte und ins Wasser gestürzt wäre, wenn Raul sie nicht im letzten Augenblick aufgefangen hätte. Er hob sie hoch und trug sie den Weg zur Villa.
„Du kannst ja kaum noch stehen, cara “, murmelte er mit echter Besorgnis, und seine Umarmung wurde noch etwas fester.
9. KAPITEL
Das stete Pochen von Rauls Herz dicht an ihrem Ohr hatte einen beruhigenden Effekt auf Libby, und in seinen kräftigen Armen fühlte sie sich beschützt und geborgen.
Nach dieser Form von Schutz hatte sie sich seit ihrer Kindheit gesehnt. Das unendlich wertvolle Gefühl, sich in absoluter Sicherheit zu befinden – sei es auch nur für wenige kostbare Minuten. Aber diese Empfindung ließ sich auch im übertragenen Sinn erhalten, wenn man im Leben die richtigen Entscheidungen traf … den richtigen Menschen begegnete …
Libby hatte nie an der aufrichtigen Liebe ihrer Mutter zu ihr gezweifelt, trotzdem hatte sie bei Liz nicht die Geborgenheit einer intakten Familie und eines sicheren Zuhauses gefunden. Auch das war ein Grund dafür, dass Libby sich von Anfang an so stark zu Raul hingezogen gefühlt hatte.
Mühelos trug er sie die Treppe hinauf ins Schlafzimmer.
„Wir
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