Julia Extra Band 0330
ertragen, länger deine Ehefrau zu sein!“
Raul fühlte sich, als hätte ihm jemand mit Anlauf in den Magen getreten. Libbys aufgelöster Zustand bedeutete schon die reine Qual für ihn, aber ihre letzte Bemerkung setzte ihm noch mehr zu. Allerdings wusste er, dass es sinnlos wäre, sie in diesem Augenblick zu trösten.
„Hör mir zu“, bat er und hockte sich vor sie. „Ich will dir etwas zu lesen geben, und wenn du mich anschließend immer noch verlassen möchtest, dann werde ich …“ Er brach ab. Sich ein Leben ohne Libby vorstellen zu müssen, fühlte sich an, als würde sein Herz von einem Schwert durchbohrt werden. „Ich habe keine Ahnung, was ich dann tun soll“, schloss er leise.
Tränenblind starrte Libby das Dokument in ihrem Schoß an. „Ich will das nicht lesen. Wahrscheinlich entgeht mir das Wichtigste sowieso wieder, im Übersehen bin ich nämlich richtig gut. Lies es mir vor!“
„Du vertraust mir doch sowieso nicht“, erwiderte er mit echtem Bedauern. „Ich möchte, dass du es selbst liest.“
Mit beinahe schleppenden Schritten bewegte er sich zum Fenster und beobachtete, wie sich das Mondlicht auf der Oberfläche des Sees spiegelte. Sein Herz hämmerte in seiner Brust, während er hinter sich das Rascheln von Papier hörte. Libby hatte das Dokument endlich in die Hände genommen, um die wenigen Paragraphen durchzulesen.
„Ich verstehe das nicht“, murmelte Libby, nachdem sie den Inhalt des Papiers ganze drei Mal studiert hatte. „Hier steht, du überlässt mir trotz unserer Hochzeit die Verwaltung von Ginos Anteilen bis zu seiner Volljährigkeit?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nach all der Mühe, die du dir gegeben hast, um dir dein Erbe zu sichern? Warum trittst du mir fünfzig Prozent des Bestimmungsrechts ab? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!“
„Tut es das nicht, cara ?“, fragte Raul mit belegter Stimme. „Fällt dir wirklich kein einziger Grund ein, warum ich diese verfluchte Klausel ausgehebelt habe? Sieh dir mal das Datum des Schriftstücks an!“
Verständnislos starrte Libby auf das Papier in ihren Händen. „Aber … das war ja zwei Wochen nach unserer Hochzeit.“ Sie erhob sich, sah Raul an und hatte den Eindruck, er würde ihrem Blick absichtlich ausweichen. „Warum hast du das gemacht, Raul?“, fragte sie noch einmal. „Du hattest die Firma deines Vaters doch schon vollständig in deiner Hand, und darauf kam es dir schließlich immer an. Warum das wieder aufgeben?“
„Weil sich herausgestellt hat, dass ich etwas sehr viel Wertvolleres als die Kontrolle über mein Familienunternehmen begehre.“ Erst jetzt sah er ihr direkt in die Augen, und Libby schreckte fast zurück, weil so viel Gefühl und Intensität in seinem Blick lagen. „Ich wollte, dass du mich liebst. Genauso sehr, wie ich dich liebe, tesoro !“
Es folgte eine Stille, die sich voller Anspannung in die Länge zog. Schließlich schüttelte Libby den Kopf. „Das tust du nicht.“ In ihrem Ton war nicht die geringste Spur eines Zweifels zu erkennen. Eines war Libby ganz klar: Sie durfte sich weder von Rauls Freundlichkeit, von seiner Wärme noch von seinem flehenden Lächeln beeindrucken und weichkochen lassen. Allerdings fiel ihr das enorm schwer. „Du hast gesagt, Liebe wäre nichts weiter als eine Illusion. Und dass du dich nach der bitteren Scheidung von deiner Exfrau ganz bestimmt nie wieder verlieben würdest. Du hast mich wegen Carducci Cosmetics geheiratet – und vielleicht noch wegen deines Halbbruders Gino. Weiter nichts.“
„Ich schwöre dir, ich liebe den Kleinen, cara . Ich werde ihn genauso versorgen und beschützen, wie mein Vater es für Gino getan hätte. Und ich liebe dich. Von Beginn an hast du dir mein Herz geschnappt und einfach nicht wieder losgelassen!“, beteuerte er leise. „Ich habe mich sofort zu dir hingezogen gefühlt, aber gleichzeitig hat mich die Vorstellung angeekelt, mich auf die ehemalige Geliebte meines Vaters einzulassen. Sehr schnell schien mir die Ehe eine ideale Lösung zu sein. Damit hätte ich das Unternehmen in der Hand und dich in meinem Bett. Aber selbst vor der eigentlichen Hochzeit wusste ich schon, da ist noch mehr als das. Du füllst meine Welt mit Farben, mit Licht, mit Gelächter und mit Freude. All das kannte ich vorher nur in abgeschwächter Form, wenn überhaupt. Mein Leben ist nicht mehr als ein trostloser, grauer Ort, wenn du mich verlässt.“
Kann das wahr sein? schoss es Libby durch den Kopf. Darf ich ihm das
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