Julia Extra Band 0330
doch egal. Jetzt mach schon!“ Sie wollte ihn in Richtung Tür bugsieren, aber Nikos war mit ihren Antworten noch nicht zufrieden.
Ratlos betrachtete er die angespannte, blasse Frau, die bebend vor ihm stand. „Wo ist dein Vater, Julie?“, fragte er scharf.
Entsetzen und Leid standen ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, aber darauf konnte er im Augenblick keine Rücksicht nehmen. Er musste einfach erfahren, wo sich Edward Granton aufhielt, damit er ihn mit der Wahrheit über seine Tochter konfrontieren konnte – seiner einzigen Tochter, die ihm einst alles bedeutet hatte!
Welcher Vater ließ sein Kind in so heruntergekommenen Verhältnissen leben?
„Im Ausland“, entgegnete Julie knapp.
„Wo genau?“
Sie hob ihre schmalen Schultern und sah zu Boden. „Das spielt doch keine Rolle, Nikos. Hör mal, ich habe wirklich keine Zeit mehr. Heute ist noch ein wichtiger Termin.“ Julies Stimme wurde immer leiser, und ihr Gesicht verwandelte sich erneut in eine undurchdringliche Maske. Dahinter zerfiel ihre Seele in Stücke …
Er nickte und trat einen Schritt zurück. „Okay, ich verschwinde schon.“
Seine Pläne hatten sich gerade eben geändert. Die Gründe, warum Julie ihn verlassen hatte, waren im Moment nicht mehr von Bedeutung. Ein letztes Mal nickte Nikos ihr zu, dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ die winzige Wohnung.
Auf der Treppe hörte sie seine Schritte, anschließend wurde unten die Haustür geöffnet und fiel kurz darauf schwer zurück ins Schloss. Langsam, ganz langsam sank Julie auf ihr Bett, und die Tränen brannten wie Feuer unter ihren Lidern.
9. KAPITEL
Vor dem Haus griff Nikos gleich zum Telefon und wies seinen Sicherheitsmann an, Julie weiterhin im Auge zu behalten. Danach dachte er über ihren Vater nach.
Was fiel dem alten Herrn ein zuzulassen, dass sein einziges Kind derart im Leben strauchelte? Sie machte Schulden, nahm minderwertige Jobs an und stand beim Arbeitsamt Schlange – bot sich sogar als Escortdame an, ohne genau zu wissen, worauf sie sich eigentlich einließ.
Alles, was Nikos über ihr Leben zu wissen glaubte, war in seinen Händen zu Staub zerfallen. Aber er würde die Wahrheit schon noch herausfinden, und dafür musste er Julie dringend im Auge behalten.
Sein Wagen hielt am Straßenrand, und Nikos stieg ein. Julie sollte den Eindruck gewinnen, dass er ihren Wunsch respektierte und sie tatsächlich allein ließ. Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen. Eines stand mittlerweile fest: Julie Granton würde ihm sicherlich nicht entwischen. Wo immer sie jetzt hinging, er würde ebenfalls dort sein.
Der Anruf seines Sicherheitsteams ließ nicht lange auf sich warten. Offenbar hatte Julie gerade ihre schäbige Behausung verlassen und fuhr aus dem Stadtzentrum hinaus. Nikos folgte ihr in seinem Wagen und erreichte nach einer Weile die Adresse, die man ihm telefonisch durchgegeben hatte. In diesem ruhigen Londoner Vorort lagen hinter saftiggrünen Alleen stattliche Villen und Herrenhäuser – kein Vergleich zu der Gegend, aus der Julie gerade kam.
Verwirrt zog Nikos die Stirn kraus und betrachtete das Gebäude, in dem Julie angeblich verschwunden war. Es war eines der größten in der Straße. Was tat sie hier bloß? An einem solchen Ort? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Es musste etwas mit ihrem vorherigen Besuch beim Jobcenter zu tun haben, das wäre die einzig logische Erklärung.
Nikos stieg aus dem Wagen und ging durch eine zweigeteilte Eingangstür ins Gebäude hinein.
„Ich suche Julie Granton“, rief er der Empfangsdame schon von Weitem zu, ohne eine genauere Erklärung über sein Erscheinen abzugeben. Die junge Frau errötete – eine typisch weibliche Reaktion, die Nikos mittlerweile vertraut war –, dann sah sie auf ihre Liste hinunter und nickte.
„Sie ist gerade angekommen“, erwiderte sie hilfsbereit. „Es ist bestimmt in Ordnung, wenn Sie einfach durchgehen.“ Ganz offensichtlich wollte sie ihm schmeicheln. „Bei dem schönen Wetter sind alle draußen im Garten. Wenn Sie sich rechts halten, kommen sie schon auf die Tür zu, die auf das Grundstück hinausführt.“
Nikos wunderte sich zwar, aber an einem Ort wie diesem führte man Bewerbungsgespräche vielleicht auch im Freien. Mit grimmigem Gesichtsausdruck sah er sich um. Es gefiel ihm gar nicht, wie zerbrechlich und verstört Julie auf ihn gewirkt hatte. Und sie akzeptierte einfach so, in einem regelrechten Slum zu leben! Unmöglich!
Ihm war unwohl bei dem
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